Einige von den Älteren unter Euch sollten Praying Mantis noch kennen. Die Band veröffentlichte 1981 mit "Time tells no Lies" einen bis heute als Kult abgefeierten Klassiker der NWOBHM. In den Folgejahren wurde es trotz continuierlicher Aktivitäten (u. a. spielten drei Iron Maiden-Mitglieder in der Band) und ein paar guter Alben ("Predator in Disguise" oder "The Power of Ten") doch recht still um die Band. Im Jahre 2000 a. D. veröffentlichte die Band um die Brüder Troy und Ex-Maiden-Gitaarist Dennis Stratton das vielerorts umjubelte Comebackalbum "Nowhere to Hide", das ihnen endlich einen Deal mit Frontier Records bescherte. 2003 versucht man nun, an diesen Erfolg anzuknüpfen und (natürlich) zu steigern. Und eben dieses sollte den Herren mit "The Journey goes on" locker gelingen. Das Album deckt den großen Bereich des Melodic Rock fast komplett ab, jedoch an die heute noch gerne zitierte NWOBHM erinnert nicht mehr viel. Es dominiert bombastischer, von Keyboards satt untermalter Hardrock mit starkem AOR-Einschlag. Wer jetzt schon erschreckt "Um Gottes Willen!" schreit, wird beim Anhören des Albums schnell bemerken, daß jener schon längst totgeglaubte Stil noch immer seine großartige Wirkung entfalten kann, wenn die entsprechenden Leute am Werk sind. Der überragende, treibende Opener "Tonight" (toller Refrain!) markiert den Anfang für eine Reise durch eine von Anfang bis Ende herausragende Platte. "The Escape" ist Melodie pur, der Titelsong ein melancholischer Trip und vom Text her ganz auf die Band selbst zugeschnitten. "Silent War" ist ein smoother Rocker mit leicht übertriebenem Kitschanteil, "Beast Within" etwas hymnischer aufgebaut, aber ebenfalls sehr soft und emotional. "Hold on for Love" ist der typische Lovesong schlechthin und oftmals dicht an der Grenze zum Pomp. "If tomorrow never comes" ist erneut sehr ruhig und weiß mit einem tollen Chorus und Schmuseatmosphäre zu überzeugen, während "Lost World" sehr rockig ausgefallen ist und geile Gitarrensoli im Mittelteil aufweist. Der letzte Track "The Voice" hält den gewohnten Standard und schließt dieses fantastische Album gekonnt ab. Nicht auf der Tracklist aufgeführt und wohl als Bonustrack oder "Hidden Track" gedacht, hat man sich einen absoluten Oberhammer aufgehoben: "Naked" hat Überlänge, Killermelodien en Masse, einen mörderisch geilen Refrain und ist meiner Ansicht nach einer der besten Melodic-Songs der letzten Monate oder sogar Jahre. Dazu kommt noch, daß man sich den Gesang über die ganze Scheibe hinweg brüderlich geteilt hat und die Songs von John Sloman, Doogie White (Rainbow, Malmsteen), Chris Troy und auch Dennis Stratton eingesungen wurden. Fazit: Fans von Melodic Rock und AOR im Allgemeinen, sowie solche von zum Beispiel Uriah Heap, Blue Oyster Cult oder Journey müssen hier zugreifen. Eine bessere Platte wird es in diesem Bereich so schnell nicht mehr geben.