Unleash The Archers, Striker, +, - Aschaffenburg, Colos-Saal

Power Metal an einem Donnerstag in Unterfranken. Kann das funktionieren? Und wie. Die Hütte ist kurz vor „Sold Out“ und die Meute hat richtig Bock drei fabelhafte Bands zu sehen, die zwar alle schon ein Weilchen dabei sind, aber immer noch frisch und hungrig sind und für eine neue Generation von Heavy Metal Bands stehen, deren Sound sich zwar von den großen Alten beeinflusst zeigt, in seiner schlussendlichen Ausprägung aber neu und modern ausfällt.
Den Anfang machen die US AmerikanerInnen SEVEN KINGDOMS, die sich in den vergangenen Jahren still und leise von einem Geheimtipp, zu einer echten Konstante im Power Metal Zirkus etabliert haben. Heute stehen vor allem die aktuelle EP „The Square“ und das letzte reguläre Album „Zenith“ im Mittelpunkt. Ergänzt wird der Set von „In The Walls“ vom 2017er Album „Decenium“. Ältere Songs bleiben dieses Mal außen vor. Sängerin Sabrina Valentina weiß mit einer energiegeladenen Performance und astreiner Gesangsleistung zu begeistern. Auch ihre Hintermannschaft legt sich massiv ins Zeug und versprüht so gar nicht die Attitüde einer Vorband. Demzufolge fällt auch der Zuspruch des Publikums äußerst positiv aus und SEVEN KINGDOMS dürften am heutigen Abend einige neue Freunde und Fans gewonnen haben. So geht catchy Up-Tempo Power Metal. Allerdings hat der Rezensent doch noch was zu meckern: ich habe kein Problem mit Backing-Tracks, wenn es um Keys, Chöre oder Orchestrierungen handelt, denn vieles lässt sich im Livekontext schlicht nicht oder nur mit großem Budget reproduzieren, aber die „klassische Metalbesetzung“ möchte ich einfach auf der Bühne sehen und es greift immer mehr um sich, dass auf eine(n) Bassist(in) verzichtet wird. Es sieht nicht nur komisch aus, es klingt auch anders. Was gerade heute wieder im Vergleich mit den anderen beiden Acts deutlich wird. Also tolle Songs, super Performance, aber holt euch bitte einen echten Bassisten und wenn es nur für Liveshows ist.
STRIKER aus Kanada haben im Laufe ihrer gut 16-jährigen Karriere eine ziemliche Wandlung vollzogen: Von einer reinrassigen Speed Metal Truppe wandelte man sich auf den letzten Alben immer mehr zu einer Melodic Metal Band mit ordentlich Sinn für viel Humor. Was jetzt aber nicht bedeutet, dass man lahm oder zu soft geworden wäre. STRIKER geben immer noch gerne Gas und lassen die Griffbretter qualmen, heutzutage eben mit mehr Gespür für Melodie und eingängigem Songwriting. Ein bisschen wie JOURNEY treffen auf STEEL PANTHER und laden Chris IMPELLITTERI ein, um zusammen eine Platte zu machen. Konsequenterweise ignorieren auch STRIKER ihre ersten drei Alben, aber auch oder gerade mit ihren neuen Tracks können Sänger Dan Cleary und seine Jungs eine ordentliche Party entfachen. Und Songs wie „Best Of The Best Of The Best“ oder „Sucks To Suck” machen einfach eine Mordslaune. Dieser Spaß ist auf der Bühne jederzeit wahrnehmbar. Egal ob Dan seinem Drummer ein Becken klaut, Basser Pete eine Grimasse nach der anderen schneidet oder „The Golden Mullet“ Tim mit seinem Gegenpart John um die Wette soliert – jede Aktion sprüht vor Energie und guter Laune und diese überträgt sich auf das Publikum, welches STRIKER nach allen Regeln der Kunst abfeiert. Bis jetzt läuft der Abend.
Nach der Show erzählt mir Sänger Dan, dass der Kurswechsel keineswegs geplant war oder einem Masterplan unterliegt, sondern schlicht mit seinen eigenen privaten Hörgewohnheiten zusammenhängen würde und so habe er in den vergangenen Jahren sehr viele Melodic Rock Bands für sich entdeckt. Mit einem Augenzwinkern ergänzt er aber, dass auch eine Rückbesinnung auf speedigere Tage in Zukunft nicht auszuschließen sei. Es bleibt also spannend im Hause STRIKER.
Nun wird es Zeit für die Hauptattraktion des Abends. UNLEASH THE ARCHERS geben sich zum ersten Mal post-pandemisch auf dem alten Kontinent die Ehre und starten mit dem neuen „Ph4/NT0mA“ in ihren Set. Und auch hier fällt sofort die unbändige Spielfreude auf. Auch UNLEASH THE ARCHERS wollen es wissen und werden von den Fans mit offenen Armen empfangen und von einer wahren Welle der Euphorie getragen. Was besonders Wunderstimme Brittney Slays sofort ein breites Grinsen ins Gesicht zaubert. Im Gegensatz zu ihren beiden Supportacts konzentrieren sich UNLEASH THE ARCHERS aber nicht nur auf Material ihrer letzten beiden Alben „Phantoma“ und „Abyss“, sondern geizen auch nicht mit Klassikern wie „Tonight We Ride“, „Apex“ und „Awakening“. Besonders Brittney ist der Mittelpunkt der Show und weiß mit einer sympathischen Performance und exzellentem Gesang zu begeistern. Aber sie zieht sich in den richtigen Momenten auch zurück und überlässt ihren fantastischen Musikern das Rampenlicht, so daß UNLEASH THE ARCHERS als Einheit rüberkommen und mitnichten als One-Woman Show. Das Publikum dankt es mit lautem Applaus und textsicherem Gesang und das nicht nur bei den Refrains. Als nach „Tonight We Ride“ das Licht zum ersten Mal angeht, werden UNLEASH THE ARCHERS lautstark auf die Bühne zurück gebrüllt. Und diese lassen sich nicht lange bitten und entfachen mit dem STAN ROGERS Song „Northwest Passage“ ein wahres Tollhaus. In der ruhigen und sehr emotionalen ersten Hälfte des Songs kann Brittney noch einmal richtig glänzen, bevor dann endgültig der Sack zugemacht wird und sich der Colos-Saal kollektiv in Ekstase singt.
Wie schon eingangs erwähnt, hat der heutige Abend aus vielen Gründen so richtig gut funktioniert und man kann mit der Gewissheit nach Hause gehen, dass der Heavy Metal noch lange nicht tot ist. Dieser Abend zeigte drei mehr als gute Gründe sich dessen sicher zu sein



















Striker
Seven Kingdoms