Shining Over Europe mit Swallow The Sun, Before The Dawn, Stam1na - Cassiopeia, Berlin

"Suomi Finland Perkele" – gleich drei Bands mit Vorliebe für Lonkero und Lakritzeis sind derzeit unterwegs, um in Europa Biervorräte zu minimieren. Also auch – vor allem aber transportieren SWALLLOW THE SUN, BEFORE THE DAWN und STAM1NA finnische Melancholie in die Herzen der geneigten Melodic Doom Death-Fans. Die in Berlin recht zahlreich erscheinen, das Cassiopeia nahe der Warschauer Straße ist ansehnlich gefüllt, die Veranstalter melden ausverkauft, 500 Besucher sind es sicherlich. "Shining Over Europe" läuft – und das gar nicht mal so traurig, wie zu erwarten ist. Dennoch: ein Abend voller großer Gefühle.
STAM1NA – das können keine Finnen sein. Gutgelaunt grinsten die Musiker um die Wette und ließen sich auch nicht von ein paar technischen Problemen zu Beginn die Stimmung madig machen. Apropos Stimmung: Obwohl die Power-Thrash-Death-Punk-Progressive- Muschpoke so gar nichts in Billing zu passen schien, freuten sich die Menschen im ausverkauften Cassiopeia über die ohrenscheinlich härteste Band des Abends – und das nicht nur wegen der lustigen deutschen Ansagen („Bier, austrinken, zusammen“). Denn trotz des wilden Stil-Mixes wirkten die Songs mit den spannend klingenden finnischen Texten wie „Metropolio“ und „Sirkkeli“ außerordentlich tight. Wie die ganze Band. Bleibt zu hoffen, dass die Gitarre von Antti "Hyrde" Hyyrynen nicht irgendwann auseinanderfällt, sie sieht aus, als ob es nur noch die vielen Aufkleber sind, die das Ding zusammenhalten, findet eine Freundin. Super-Auftakt, (frische?) Luft schnappen im zauberhaften Cassiopeia-Garten auf dem Gelände der ehemaligen Industriebrache des R.A.W., des früheren Reichsbahnausbesserungswerkes, zwischen Kletterturm, Biergarten und THC-Schwaden!
Ganz anders BEFORE THE DAWN: Mit ihrem monumentalen Sänger und Silbermedaillen-Gewinner bei „The Voice of Finland“, Paavo Laapotti, starteten die Finnen nach ihrer Reunion mit „My Darkness“ in einen gar amüsanten Auftritt, bei dem Paavo ein breites Spektrum zeigte und dabei bewies, dass klarer Gesang nicht immer windschief klingen muss. Und wo STAM1NA ein hartes Brett fuhren, ermunterten BEFORE THE DAWN die Zuschauer mit ihrem teilweise doch echt zuckersüßen Gothic-Pop-Metal immer wieder, tüchtig die Tanzbeine zu schwingen. Sogar übelste Doom Deather entdeckten ihren Softspot, ich schwör'. Und so tanzten, musizierten und schwitzten alle um die Wette, während Band-Gründer Tuomas Saukkonen die Truppe von hinten immer mal anspornte, nicht nur im H.I.M.-Style zu verharren. Machte sie auch nicht und mischte Klassiker mit neuem Zeug. Was Juho Räihä nutzte, um sich für seinen anschließenden Gig mit Swallow hier mal so richtig warmzuspielen. Dass nicht nur oben erwähnte Freundin den Standard-Opener „Unbreakable“ vermisste, gibt klitzekleine Abzüge in der B-Note.
Was für ein Auftritt: SWALLOW THE SUN haben den geneigten Death Doomer mit dem neuen Album „Shining“ reichlich überrascht, manchen enttäuscht und einige sogar geschockt. Aber als die Kapuzenmänner nach einem effektvollen Intro auf die Bühne kommen, ist das alles Schnee von gestern. Zwischen LED-Bäumchen und stets mit Gegenlicht volle Pulle ins Publikum zelebrierte die dritte Finnenbande einen wirklich atmosphärischen Auftritt, der leider viel zu schnell zu Ende war. Natürlich war Klassiker wie „Don’t Fall Asleep“ trotz anderslautender Ansagen (also einer von Sänger Mikko Kotamäki) viel zu wenig „old stuff“ in der Setlist vertreten, aber egal. Alles egal. Wie gut ist eigentlich Mikko – der auch ein bisschen an Gewicht zugelegt hat über die Jahre – geworden? Ob zart gehaucht, klar gesungen oder wild gegrunzt, der ehemalige lila-schwarze-Handschuhträger ist heute meisterlisch auf jedem Terrain zu Hause und transportiert mächtige Gefühle ohne große Extra-Worte. Diesen Emotionen verleiht Bandgründer Juha am rechten Bühnenrand mit tänzerischen Handbewegungen und eindringlicher Gitarrenarbeit Ausdruck. Die Band lebt – und liebt – ihre Musik und bringt das eben auch richtig überzeugend rüber. Was für eine Überraschung und welch gelungenes Wiedersehen für den Rezensenten nach dessen jahrelanger SWALLOW THE SUN-Abstinenz! In diesem Sinne: Mummu, Kippis und vor allem Kiitos! Wer möchte, lernt die Setlist auswendig und geht am 6. Mai zum Tourfinale nach Hamburg. Na, Logo!
Setlist SWALLOW THE SUN:
Velvet Chains
Innocence Was Long Forgotten
What I Have Become
When a Shadow Is Forced Into the Light
Under the Moon & Sun
Don't Fall Asleep (Horror, Part 2)
Cathedral Walls
Charcoal Sky
New Moon
MelancHoly
These Woods Breathe Evil
November Dust
Swallow (Horror, Part 1)
PS: Bitte die Qualität der Handy-Bilder zu entschuldigen;-)








Before The Dawn
Stam1na