Rawk Attack - Hamburg, Große Freiheit 36

Habt ihr schon mal eurer Oma (oder einer anderen Person über 50) versucht, KILLSWITCH ENGAGE zu beschreiben, nachdem die "watt is datt denn für'n Krach"-Beschwerde in eure Richtung kam? Ab heute bin ich mir sicher: KILLSWITCH ENGAGE und Fans, das sind die "Fischer-Chöre" des Metalcore! (Jupp, das dürft ihr jetzt googeln). Denn KSE haben nicht einfach eine Hookline oder einen Chorus, sondern ganze Schlachtengesänge, und Jesse Leach ist nicht nur Sänger, sondern über ganze Passagen eher der Dirigent der Massen. Zweite Gemeinsamkeit zwischen den Massachusets-Boys und Gotthilf Fischer? In Wahrheit geht es nur um Nostalgie und die Liebe! Letzteres demonstrierte Bandleader Adam Dutkiewicz schon beim Sprung auf die Bühne, bei dem er mit der Hüfte lustige Schwungübungen in horizontaler Richtung machte. Adam, dieses  Musikgenie, hat einen an der Schüssel, wackelt mit seinem Entenarsch und gibt den Klassenclown. Trotzdem ist die ganze Alberei ganz gut auszuhalten, denn er hat die gesamte Musik geschrieben, der man sich die kommenden 70 Minuten hingeben wird, außerdem kontert Sänger Jesse Leach relativ gelassen die Ausfälle des Chefschreibers.

Ein Satz noch zur Optik: KILLSWITCH ENGAGE gehen zu einem cheesy Keyboard-Intro mutmaßlich von Ende der Achtziger auf die Bühne, und dazu kredenzt der Lichtmann den passenden "Obstsalat". Das Licht ist also abwechselnd nur bunt und bunt mit Neon-Farben. Das soll wohl an die guten alten Zeiten erinnern, als in Clubs nur vier Licht-Kannen hingen, und der Lichtmann sie abwechselnd an oder aus machen konnte. Das war so retro, dass es teilweise von den Songs abgelenkt hat. Bei der Songauswahl verläßt sich die Band auf Hits von fast allen Alben, mit besonderem Schwerpunkt auf dem letzten Album "Incarnate", das in Deutschland bisher noch nicht betourt wurde, und den Hits vom Über-Album "The End Of Heartache". Zur "Rose of Sharyn" gab es dann endlich den von Adam geforderten Circle Pit einmal quer durch die Große Freiheit. Eintausendsechshundertfach gesungen wurde zu:

Setlist KILLSWITCH ENGAGE
Strength of The Mind
A Bid Farewell
Numbered Days
Alone I Stand
This Fire
Beyond The Flame
Hate By Design
Temple From The Within
Always
My Last Serenade
Rose Of Sharyn
The End of Heartache
My Curse
*In Due Time

Aber KSE war nicht die einzige Band an diesem ausverkauften Abend, der für die Bands "nur" ein kleiner Zeitvertreib zwischen den großen Festivals ist. KILLSWITCH ENGAGE zeigen mit Stolz die deutsche Fahne mit KSE-Logo, die ein Fan ihnen bei Rock am Ring geschenkt haben soll.

Direkt davor waren ARCHITECTS an der Reihe. Die Prog-Metalcoreler hören sich live ganz anders an als aus der Konserve, viel aggressiver. Die komplexen Arrangements gehen dazwischen fast unter, dafür zieht die sehr opulente und elaborierte Lightshow die Zuschauer in den Bann.

Setlist ARCHITECTS

Nihilist
These Colours
Phantom Fear
The Devil
Downfall
Gone With The Wind
Naysayer
Broken Cross
A Match Made
Gravedigger

AUGUST BURNS RED und ATREYU hatten das Pech, genau an einem der letzten warmen Momente der gerade vergangenen Hitzeperiode zu spielen - entweder die Leutchen reparierten gerade die Schäden durch eine Gewitterfront mit Tornado, oder sie bekamen sie ab. Oder sie haben sich im schönsten Sonnenschein auf der Großen Freiheit von der Sauna in der Nummer 36 ausgelüftet. Ausnahmsweise durfte man mit Stempel zum "Rauchen" aus dem Gebäude. Oder eben zum Sauerstoff-Tanken.

Zum Opener WHILE SHE SLEEPS war aber ein Teil der Reisegruppe bereits angereist. Die schlaksigen Briten haben sich sehr gemauser und Stunden vor dem Headliner für die ersten Circle Pits gesorgt.