Konzert:

Indoor Summer 2022 - Hamburg, Markthalle

Konzert vom 03.09.2022

Der diesjährige Indoor Summer begann zwar schon Freitags mit einem (laut Ohren- und Augenzeugen) gelungenen VIP Tag, der Chronist war aber erst ab Samstag vor Ort. Und Hamburg zeigte sich von seiner besten Seite. Summer all over, sowohl In- als auch Outdoors. Nach dem vormittäglichen Hafentouriprogramm ging es pünktlich um 15.00 Uhr los.

 

Als Erste durften CAPTAIN BLACK BEARD ran und auch wenn es der Name und Hamburg suggerierten, hatten wir es hier mitnichten mit einer RUNNING WILD Tribute Kapelle zu tun, sondern der Kapitän nahm seine Passagiere auf eine Reise in die frühen 80er. Bisschen STYX hier, bisschen SURVIVOR da und einen Schuß der momentan sehr angesagten Airline um Björn Strid und fertig war ein feiner Guter-Laune-Mix, der wunderbar auf das einstimmte, was da noch kommen sollte.

Die darauffolgenden CREYE hatte ich Vorfeld nicht auf dem Schirm, trotzdem schafften sie es mit ihrem hochmelodischen, sehr cleanen und futuristischen AOR Sound mich sofort zu überzeugen. Das hat zwar nicht wirklich gerockt im klassischen Sinne, die feinen Melodien, der unaufgeregte Gesang von August Rauer und die unaufdringlichen proggigen kleinen Schlenker gefielen mir extrem gut. CREYE haben mit diesem Auftritt sicherlich nicht nur einen neuen Fan gewonnen.

Den Gegenentwurf dazu lieferten die Schweden DEGREED. Basisch, rockig, knallig…und zwar so knallig, dass erstmal ein Topteil abrauchte. Aber auch die dadurch entstandene kleine Pause wurde gekonnt und sympathisch überbrückt. Im Gegensatz zum Equipment ließen DEGREED musikalisch nichts anbrennen und man bot einen gelungenen Querschnitt aus ihren bisherigen Veröffentlichungen, was vom Publikum mit deutlich mehr als nur Höflichkeitsapplaus bedacht wurde.

Nun war es aber vorbei mit der Höflichkeit. Als NESTOR komplett in weiß gekleidet die Bühne betraten brach die Hölle los. Bei keinem anderen Act an diesem Wochenende wurde es noch einmal so eng und voll in der Markthalle (OK, zumindest H.E.A.T. kamen da ganz nah ran). NESTOR wurden wie Helden empfangen und von einer Welle der Euphorie durch ihren Gig getragen. Sänger Tobias Gustavsson bekam sein breites Grinsen ob der Reaktionen einfach nicht mehr aus seinem Gesicht und so stachelten sich Band und Publikum gegenseitig zu immer größeren Höchstleistungen an. Und spätestens als NESTOR das Whitney Houston Cover „I Wanna Dance With Somebody” spielten und auch dafür und zu Recht gnadenlos abgefeiert wurden, war klar, dass sich die Jungs aktuell einfach alles erlauben können. Was eine Show, was ein Brett an guter Laune. Die Jungs werden noch richtig groß.

MAVERICK waren nicht zu beneiden danach auf die Bühne zu müssen. Aber sie ließen sich nicht entmutigen. Als erstes fiel die Kutte von Sänger David Balfour auf. Ich glaube er ist der einzige Künstler auf einem Melodic Rock / AOR Festival, der Patches von IMMORTAL oder BAL-SAGOTH zur Schau trägt. Finde ich sehr cool. Darüber hinaus ist er ein starker Sänger und sympathischer Frontmann, welcher es versteht, das Publikum auf seine Seite zu ziehen. So machten MAVERICK das Beste aus ihrer etwas unglücklichen Situation und lieferten einen starken, kräftig rockigen Gig, der Lust auf mehr machte.

A propos „kräftig rockend“: dies haben im Zusammenhang mit GOTTHARD in den letzten Jahren wohl die wenigsten gesagt. Ganz anders CORELEONI. Deren Gitarrist Leo Leonie lebt hier bekannterweise seine Freude an den frühen Kompositionen bzw. dem ehemaligen Stil seiner Stammband aus. Und auch wenn Steve Lee unersetzbar und Ronnie Romero eine Monstersänger ist: Was Neuzugang Eugent Bushpepa hier abriss, war aller Ehren wert. Und mit „Firedance“ oder der sexy „Mountain Mama“ kann man eh nicht viel falsch machen. Das hat Spaß gemacht, gerockt wie Sau und lies tatsächlich Erinnerungen an meine erste GOTTHARD Show 1996 aufkommen und die zwei, die ich dieses Jahr schon gesehen habe total vergessen. Fett!

Für die recht kurzfristig ausgefallenen CRASHDIET zauberten die Veranstalter mit Ex-EUROPE Gitarrist KEE MARCELLO ein vermeintliches Schmankerl aus dem Hut, auf welches ich mich sehr gefreut hatte. Den damaligen Auftritt mit Tommy Heart als Sänger auf dem HEAT Festival hatte ich nämlich als sehr unterhaltsam in Erinnerung. Heute wurde leider alles anders. Erstes Problem war, dass KEE die Vocals selbst übernahm und er zwar ein guter Gitarrist, aber kein guter Sänger ist. Neben tonalen Problemen kamen dann auch noch Timingschwierigkeiten dazu. Das wirkte erschreckend fahrig. Dazu kamen noch diverse Ansagen, die im besten Fall sinnlos und im schlechtesten Fall fast schon beleidigend waren. Die beiden NIGHT LASER aka „Nelson Twins Revisited“ Animateure an den Backing Vocals verstärkten den „Spinal Tap-Faktor“ dann noch. Dass KEE das am Ende geplante „Final Countdown“ dann sang und klanglos weg lies rechne ich ihm hoch an. Das war nix.

Aber dann standen die Zeichen auf Sturm und es folgte ein Hurricane. H.E.A.T., und da vorneweg Sänger Kenny Leckremo, fegten durch die Markthalle als gäbe es kein Morgen mehr. Das Energielevel war so unglaublich hoch, dass ich mich fragte, wie man so etwas eine komplette Show lang durchhalten kann. Aber auch wenn Kenny wie ein Irrer springt, rennt und seine beeindruckende Matte schüttelt, so gibt er sich gesanglich keine Blöße. Auch Songs der Grönwal-Ära singt er souverän und es wirkt als sei er nie weg gewesen. Brecher wie „Rock Your Body“, „Back To The Rhythm“ oder „Nationwide” verfehlten ihre Wirkung nicht und die Euphorie des Publikums erreichte ähnliche Werte, wie ein paar Stunden zuvor bei NESTOR. Meine persönlichen Highlights waren „A Shot Of Redemption“ und die unsterbliche Debüt-Nummer „1.000 Miles“. H.E.A.T. waren der perfekte Abschluss eines tollen Tages und sind immer noch eine der stärksten jungen Melodic Rock Bands, welche es aktuell gibt.

Verschwitzt, aber happy ging es zurück ins Hotel, um Kraft für den nächsten Tag zu tanken. Es sollte ja noch einiges kommen.

 

Der Sonntag ging gleich mit einem persönlichen Highlight los. Das 85er Debüt der Schweden UNIVERSE ist in meiner Welt ein echtes Melodic Metal Kleinod und so war ich mehr als happy, dass sich UNIVERSE nicht lumpen ließen und genau von diesem Werk einige Songs in das sich langsam füllende Rund zu ballern. Ihr Sound erinnert mich immer wieder an EUROPE zu „Wings Of Tomorrow“ Zeiten. Melodisch, leicht melancholisch, aber immer mit einer scharfen Metalllegierung überzogen. Und ne Speed Nummer wie „Stories From The Old Days” hatte an diesem Wochenende Seltenheitswert. Aber auch mit „Weekend Warrior“ oder „Rollin‘ On“ konnte man überzeugen und gewann mit Sicherheit den einen oder andern neuen Fan dazu. UNIVERSE rockten auf ganzer Linie und setzten die Messlatte für den heutigen Tag gleich mal auf ein hohes Level.

TOXIC ROSE waren sowohl optisch als auch musikalisch absolute Ausreißer. Ihr dreckiger Sleaze Rock mit Hymnen Faktor in Verbindung mit einem DIMMU BORGIR Look sorge bei nicht Kennern der Band erst einmal für Verwirrung. Durch das sympathische Auftreten mit einem gehörigen Augenzwinkern, hatte man sich aber schnell daran gewöhnt und dann wirkte auch das Blut süffeln aus einem Schädel eher knuffig, denn gefährlich. Darüber hinaus machten Songs wie „Blood On Blood“ oder „World Of Confusion“ einfach Spaß und erinnern immer wieder an HARDCORE SUPERSTAR oder auch CRASHDIET.  Nach dem Auftritt verschwanden die 4 Gestalten mitnichten Backstage, sondern mischten sich in vollem Ornat direkt unters Publikum und waren dort immer noch, als ich spät abends in Richtung Hotel verschwand. Man wusste auf jeden Fall zu feiern und der Titel „fanfreundlichester Act des Wochenendes“ war ihnen gewiss.

Größer könnten die Gegensätze kaum sein. Nach all den Nieten, Lack und Leder von TOXIC ROSE leuchteten bei den nun folgenden MIDNITE CITY alle Neonfarben. Songs wie „Atomic“ klingen sehr nach dem Sunset Strip der ausklingenden 80er, wo man gerne Kirschkuchen aß und Liebe nur in Stereo betrieb. Auch wenn man den großen Vorbildern WARRANT, RATT etc. noch nicht das Wasser reichen kann, fühlte ich mich durch locker flockige Feel-Good Nummern wie „Summer Of Our Lives“ gut unterhalten und es machte einfach Spaß den Jungs zuzuschauen und den Ärger und Stress des Alltags für ein paar Minuten komplett zu vergessen. Solide.

Szenenwechsel. Auf ELECTRIC BOYS hatten sich augenscheinlich einige gefreut. Die Fans der Band wurden wohl auch nicht enttäuscht. Der bluesige LED ZEPPELIN styled Hard Rock ist aber leider so gar nicht meins. Das war absolut authentisch und handwerklich makellos dargeboten, berührte mich leider wenig und so zog es mich nach den ersten 5 Songs in das Foyer. Ein kleines Pläuschchen bei ner Africola müssen auch mal sein.

GATHERING OF KINGS hatte ich im Vorfeld gar nicht auf dem Schirm, was sich als Fehler herausstellte. Denn der technisch hervorragende und knackige Melodic Rock war genau meins. Und egal ob da jetzt Rick Altzi, Jonny Lindkvist, Apollo Papathanasio oder Tobias Jansson am Mikro standen, es wurde gesanglich aus dem Vollen geschöpft. Das war spannend, aufregend und dramaturgisch hervorragend umgesetzt. Man versteht sich offensichtlich innerhalb der Band sehr gut und die gute Laune übertrug sich auch sofort auf das Publikum welches das Ensemble zu Recht ziemlich abfeierte. „Love Will Stay Alive“, „December“ oder das abschließende „Out Of My Live” sind darüber hinaus einfach auch großartige Kompositionen. So macht Musik Spaß.

Frage: Wie lautet der indianische Name für Gute Laune? Richtig. WIG WAM. Die Herren brannten ein Spaßfeuerwerk ab, dass aber auch gar niemand mehr stillstehen konnte. „Never Say Die“ setzte die Marschrichtung fest und Åge Stan Nilsen ist die Personifizierung des Begriffs „Rampensau“. WIG WAM feuerten ein Hookmonster nach dem anderen in die Markthalle und das Publikum trug sei auf Händen. „None Stop Rock N‘ Roll“ war in der Tat Programm und WIG WAM zogen alle Register, in dem man sich quer durch seine bisherigen Veröffentlichungen ackerte, dabei das Publikum gekonnt partizipieren lies und sichtlich große Freude daran hatte wieder auf einer Bühne zu stehen.

Der Auftritt von RONNIE ATKINS hatte dann etwas bittersüßes. Einerseits war er stimmlich voll auf der Höhe und bot einen guten Mix aus Solosongs und Klassikern seiner Stammband (wobei er selbst nicht so sicher war, ob er noch dazugehört) PRETTY MAIDS, anderseits wissen wir alle, dass sein Gesundheitszustand nicht der beste ist. Und so können wir nur die Daumen drücken, dass uns dieser Ausnahmekünstler noch lange erhalten bleibt. „Rising Tide“, „Unsung Heros“ das unsterbliche „A Place In The Night” und natürlich “Future World” sorgten für Begeisterung und Ronnie schonte sich nicht, war nach kurzer Zeit durchgeschwitzt und gab für sein Publikum einfach alles. Ich bin wirklich froh und dankbar in eine Zeit hineingeboren zu werden, in der ich die Möglichkeit bekam diesen Topsänger mehrfach live erleben zu können. Auf hoffentlich bald.

Es war nun an Karen Lynn Greening aka LEE AARON den Abend und das Festival würdig zu beenden. Die mittlerweile 60 Jahre sieht und merkt man der Kanadierin zu keiner Sekunde an. Stimmlich top und nach wie vor sehr energetisch auf der Bühne versprüht sie mehr Erotik als die meisten 20jährigen. Und das stets mit Niveau und niemals billig. Das war schon Hammer. Sie war auch selbstbewusst genug, um sich nicht nur auf die alten Hits zu verlassen, sondern präsentierte auch einiges an neuem Material. Aber natürlich ernteten die alten Kracher die besten Reaktionen. „Some Girls Do“, „Sex With Love“ oder die Megaballade „Barely’ Holdin’ On”, von der Lee sagte, sie habe keine Ahnung, warum der Song gerade in Europa so beliebt ist. Dass sie „Powerline“ und „Lady Of The Darkest Night“ zu einem Medley verstümmelt hatte, nahm ich ihr allerdings ein wenig übel. Mit dem knalligen „Metal Queen“ jedoch hatte sie mich schnell wieder auf ihrer Seite. Leider lichteten sich gegen Ende die Reihen doch merklich, was Frau Greening meiner Meinung nach nicht verdient hatte. Toller Abschluss eines grandiosen Festivals.

 

Der Indoor Summer 2022 war mein erster aber mit Sicherheit nicht mein letzter. Tolle Location, super smoothe Organisation, relaxtes und fachkundiges Publikum. So geht Konzert. Vielen Dank an Olli und Carsten, die das alles möglich gemacht haben.

Und wenn ich sehe, wer für nächstes Jahr schon in den Starlöchern steht, dann kann ich es kaum erwarten: CONEY HATCH, PRAYING MANTIS, CONFESS, HERICANE ALICE, HEAVEN‘ EDGE, HARDCORE SUPERSTAR, HELIX, MIKE TRAMP plays WHITE LION  und viele mehr…



Ronnie Atkins Captain Black Beard Captain Black Beard Creye Creye Degreed Nestor Nestor Nestor Nestor Nestor Maverick Maverick Maverick Maverick Coreleoni Coreleoni Coreleoni Coreleoni Coreleoni Kee Marcello H.E.A.T. H.E.A.T. H.E.A.T. H.E.A.T. H.E.A.T. Universe Universe Universe Universe Toxic Rose Toxic Rose Toxic Rose Toxic Rose Toxic Rose Toxic Rose Midnite City Midnite City Midnite City Midnite City Electric Boys Electric Boys Electric Boys Gathering Of Kings Gathering Of Kings Gathering Of Kings Wig Wam Wig Wam Wig Wam Wig Wam Wig Wam Wig Wam Ronnie Atkins Ronnie Atkins Ronnie Atkins Ronnie Atkins Ronnie Atkins Ronnie Atkins Ronnie Atkins Lee Aaron Lee Aaron Lee Aaron Lee Aaron Lee Aaron Lee Aaron Mehr Infos:Captain Black Beard
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Kee Marcello
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