Konzert:

Converge, Kylesa, Victims, Gaza, Kvelertak - Hamburg, Markthalle

Konzert vom 19.07.2010

Wo verbringt eine US-Band den Sommer 2010? In Europa. Da ist das Wetter seit Wochen Bombe, die Shows laufen gut und im Falle von CONVERGE freut sich jeder ein zweites Loch in den Hintern, kommen die Deathwish Inc. – und Godcity Studios-Besitzer doch nicht allzu oft über den großen Teich. Dementsprechend voll sollte es in der Markthalle werden, im Stehen schwitzen war also angesagt.


KVELERTAK waren auf ihrer ersten Tour, konnten mit drei Gitarristen aufwarten und haben einen Sänger, der von weiten wie eine durchtrainierte Variante von Jack Black aussieht. Streicht das durchtrainiert, falls ihr mal näher rankommt… Charme hat der Kerl aber mindestens genauso viel wie der Herr US-Bürger und mit den Songs des Indie Recordings-Debüt auch eine anständige Setlist in der Hinterhand. Irgendwo zwischen Punk, Hardcore und DISFEAR rockte sich das Sextett durch ihren Gig und konnten das anfangs typisch nordisch unterkühlte Publikum schnell auf seine Seite ziehen, auch wenn generell noch nicht viel los war im Saal.


GAZA funktionieren auf Platte leidlich, Live aber nur bedingt, dafür ist ihr Stageacting zu statisch. Gerade angesichts des Openers und der noch folgenden Bands waren GAZA zu bieder, auch wenn sie ihre Songs immerhin gekonnt in die Menge feuerten.


Sie riechen sicherlich immer noch, die Herren von VICTIMS. Aber auf einer großen Bühne wie die der Markthalle fällt das nicht unbedingt auf und dürfte den beinharten Fans, die in den ersten Reihen ordentlich Alarm machen, auch egal sein. Wie schon bei der Tour mit MUNICIPAL WASTE waren VICTIMS ein Abrisskommando erster Güte, dessen Songs rotzig und druckvoll klingen und für Live-Shows wie geschaffen sind. Wer nicht zumindest mit dem Fuß wippte, war tot, taub oder ziemlich ignorant.


KYLESA, die Band mit den zwei Drummern, sorgte nach den Schweden dafür, dass auch der härteste Scheuklappencorler sich insgeheim den Wunsch nach langen Haaren, Cowboystiefeln und Kautabak eingestand. Schön dreckig rockten sich die vier Herren und die Dame durch gute 45 Minuten, in denen neben dem sehr aktiven Basser vor allem die beiden Drummer im Mittelpunkt standen, die stellenweise total synchron agierten. Leider verlegten sie sich zu oft darauf, identische Parts zu spielen, was den Songs zwar mächtig Punch gibt, aber das Potential, das zwei Drummer einfach bieten, ungenutzt ließ. Trotz dessen boten KYLESA eine anständige Metal-Show, die beim Publikum gut ankam.



Jacob Bannen ging in sich, während sich seine drei CONVERGE-Kollegen um den Soundcheck kümmerten. In sich versunken, ging der Fronter immer wieder die Bühne auf und ab, was in einer hochklassigen Leistung während der Show resultierte. Der Volltätowierte verpasste keinen Einsatz, bezog die Fans mit ein, war witzig und bescheiden zugleich und gab das Tempo vor, dem sich Kurt Ballou & Co. beugen mussten. „No Heroes“ kam wie erwartet am Besten an, wenn auch die meisten Mitsingversuche der ersten Reihe bei den zwei Zugabesongs zu vernehmen waren. Bis dahin hatten CONVERGE eine fehlerfreie Show gespielt und sich technisch perfekt durch ihr Disography geprügelt. Für Uneingeweihte mag eine CONVERGE-Show totaler Krach sein, wer sich aber mit den Alben der Bostoner auseinandergesetzt hat, erkennt die Schönheit, die den Songs innewohnende Struktur und den immer wieder durchscheinenden Groove, mit dem verhindert wird, dass es eine reine Noise-Orgie wird. Nate Newton war der Aktivposten neben Jacob, während sich Kurt Ballou oft wie ein in sich gekehrter oder wahlweise schüchterner Kerl gab, der dabei fast schon nerdig wirkte. Ben Koller hinter den Drums war immer aufmerksam und mit einer Präzision am Werke, die selten zu sehen, selbst die komplexesten Parts saßen fehlerfrei. In den 75 Minuten Spielzeit ging es vor der Bühne durchweg zur Sache, auch wenn der Pit nicht groß war und sich dort fast nur Kids tummelten – die meisten Besucher versuchten die Balance zwischen Staunen und Mitnicken hinzubekommen. Als CONVERGE kurz vor Mitternacht von der Bühne gingen, hatten sie wieder einmal klargemacht, wer in Sachen komplexer Musik auch nach 20 Jahren den Ton angibt.


 



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