Interview:

2003-03-24 Tourniquet

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Im Rahmen der Veröffentlichung des neuen Tourniquet-Albums "Where Moth and Rust destroy" befrage ich Sänger Luke Easter zu dem neuen Album, Tourleben (oder auch nicht?) und der offensiven Außenpolitik Amerikas.InterviewHi, Ihr Leute von Tourniquet, euer neues Album wird bald veröffentlicht. Könnt Ihr mir etwas darüber erzählen? Der Titel klingt aber sehr seltsam und über Euren Texten wird auf Verse in der Bibel verwiesen. Seid Ihr eine religiöse oder sogar eine "White Metal"-Band?


"Where Moth and Rust destroy" ist unser neuestes Album und wird über "Metal Blade” weltweit veröffentlicht. Wir sind eine christliche "White Metal"-Band aus den Vereinigten Staaten. Unsere Songs handeln von vielen verschiedenen Dingen. Sie handeln zum Beispiel von den Konflikten zwischen Jung und Alt, Relativismus, der Zerstörung der Umwelt und Materialismus. Weil wir Christen sind, sehen wir diese Dinge vielleicht aus einer anderen Perspektive als andere Bands.


Das Album klingt sehr technisch und progressiv. Einige Leute sagen, Ihr klingt wie eine Mischung der Marke "Beethoven trifft Frankenstein". Ich persönlich höre außerdem den Geist der großartigen Watchtower oder Anacrusis aus Eurer Musik heraus. Diese Art von Musik ist leider während der letzten Dekade fast völlig untergegangen. Was sagt Ihr zu Euren musikalischen Einflüssen? Ist es nicht schwierig, diese Art von Musik in Zeiten von musikalischem "Fast Food" zu vertreten?


Wir machen Musik, die herausfordert. Wir besitzen eine Menge verschiedener Einflüsse als Band und auch als Individuen. Der primäre Einfluß, der sich in unserer Musik wiederspiegelt, ist die Klassik. Leute wie Mozart, Beethoven, Bach, Händel und der Rest von ihnen schrieben einige der schönsten musikalischen Werke überhaupt. Ihre Relevanz und ihr Bekanntheitsgrad haben Hunderte von Jahren überdauert und sind immer noch die Grundlage für sehr viel zeitgenössische Musik. Dem Verschwinden von technischer, progressiver Musik stimme ich nicht zu. Ich denke nicht, daß diese Musik jemals wirklich verschwindet. Sie lauert im Underground und wartet darauf, daß ihre Zeit kommt, in der sie sich wieder einem größeren Publikum erschließt. Wir waren nie eine Band, die Trends gefolgt ist. Wir haben versucht, eine Menge verschiedener Stile in unsere, hoffentlich einmalige, Musikmischung einzubauen. Das machte es ein wenig einfacher für uns, gegenüber denen, die uns schätzen, als Künstler zu bestehen und trotzdem oben zu bleiben.


Ihr kommt aus Los Angeles. Wie steht es um die lokale Metal-Szene dort? Die meisten Leute hier in Deutschland denken, amerikanische Bands produzieren nur "Hip-Hop"-mäßigen Nu-Metal-Kram. Was haltet Ihr von dieser Entwicklung der musikalischen Kultur in Eurem Land?


Nun, wir hatten in den letzten paar Jahren nicht den Bezug zu L.A., aber dort ist im Moment nicht viel, das nach einer "Metal-Szene" aussieht. Es gibt einige Bands, die versuchen, traditionellen Metal zu spielen, aber du hast Recht, die meisten spielen "Nu-Metal". Ich denke, eine Menge junger Musiker leiten ihre Entwicklung aus der Post-Nirvana-Ära der Musikindustire ab. Großartige Musik wollte uns einst etwas mitteilen, aber nun ist diese ganze Szene wieder dort angekommen, wo der "Pop-Metal" war, bevor Nirvana auftauchten. Viele Bands sehen gleich aus, klingen gleich und es wird nichts Bedeutendes mehr mitgeteilt. Es gibt viele Gitarristen und Drummer, die wirklich einen Rhythmus draufhaben, aber sie können nicht wirklich mehr spielen als die Grundlagen. Ich denke, die Dinge bewegen sich, zumindest bei einigen jungen Spielern, die ich kenne, wieder zurück zur technischen Professionalität mit den Instrumenten. Ob man nun Gitarre spielt, Bassist oder Drummer ist, scheint es wieder wichtig zu sein, daß man der Beste ist. Es existiert für alles eine Balance, denn wenn man schnelle Leads spielen kann, aber hingegen nicht mit der Band harmoniert, was bringt es dann? Gleichzeitig bringt es nichts, die größten Songs zu schreiben, aber sie nicht spielen zu können. Ich denke, Musiker, die eine Mischung daraus bilden können, werden sich durchsetzen.


Ein anderer wichtiger Punkt ist Touren. Wie stehts mit Euch? Macht Ihr eine Worldtour und werdet Ihr Euer neues Album in Deutschland vorstellen? Werdet Ihr dann für einen anderen (vielleicht bekannteren) Act eröffnen oder sogar als Headliner spielen?


Zur Zeit sind wir Gitarrenspieler, die anwerben. Sobald wir irgendwen an Bord haben, fangen wir an, Shows zu buchen. Wir wollen soviel wie möglich spielen, wo immer wir können. Es gibt so viele Orte, an denen wir nie vorher waren und wir hoffen, diesmal dort spielen zu können. Genauso haben wir schon an Orten gespielt, die wir gerne wieder besuchen würden.


Was ist Eure generelle Meinung über Festivals? Könnt Ihr mir etwas von US-Festivals erzählen und könnt Ihr Euch vorstellen, dort zu spielen? Vielleicht sogar auf einem deutschen Festival?





Festivals sind großartig. Manchmal sind die Line-Ups sehr verschieden und man kommt mit Musik und Bands zusammen, die man sonst nie treffen würde. Wir lieben das Spielen. Es spielt keine Rolle, ob es ein großes Europäisches Festival ist oder ein kleiner US-Club. Es ist ein Privileg, daß wir das tun, was wir tun und wir schätzen jede Möglichkeit, die wir bekommen können, sehr.


Ein anderes wichtiges Thema heutzutage ist die politische Entwicklung in den Staaten. Viele amerikanische Bands distanzieren sich von George Bushs "patriotischen" Vorhaben, die Welt von dem bösen, unmenschlichen Diktator zu befreien, der AMERIKANISCHE Ölvorkommen hortet. Was ist Eure Meinung dazu? Könntet Ihr Euch vorstellen, daß politische Themen in Eurer Musik auftauchen?


Eine ganze Menge Bands sind unpolitisch. Andere sind völlig von ihrer politischen Rhetorik angetrieben. Wir haben unsere politische Meinung traditionell immer für uns behalten, aber nach dem 11. September wird es immer schwieriger, das zu tun. Ich unterstütze meinen Präsidenten. Erstens, weil ich Christ bin und die Bibel es sagt (??? - d. Verf.) und zweitens, weil ich seine Position vertrete. Ich glaube, daß Saddam Hussein eine Bedrohung für den Weltfrieden ist. Ich glaube auch, daß er alles Größtmögliche bekommen hat, um in die globale Gemeinschaft, wie sie von den Vereinten Nationen definiert ist, einzuwilligen. Aber er hat alles verweigert. Ich denke, daß Krieg eine absolut allerletzte Bastion ist, aber uns gehen die Möglichkeiten aus. Also müssen wir uns auf das Schlimmste vorbereiten. Andere Länder, speziell Deutschland, Frankreich und Russland, fordern, Saddam noch eine Chance zu geben. Er hatte über eine Dekade Zeit, einzulenken. Wieviel Zeit sollen wir ihm noch geben? Beschwichtigung war ein Schlüsselelement, das geholfen hat, den zweiten Weltkrieg einzuleiten. Will ich Krieg? Nein, ich will nicht! Sehe ich eine andere Aktionsmöglichkeit? Leider nicht! Das ist nicht einzig und allein in amerikanischem Interesse. Es ist auch eine Frage von Menschenrechten und dem Recht des irakischen Volkes, in Freiheit zu leben, ohne Angst vor einem Diktator, der wieder und wieder demonstriert hat, daß er kein Problem damit hat zu töten, nicht einmal sein eigenes Volk. Es geht außerdem darum, den Frieden in einer Region der Welt zu sichern und die Welt vor Massenvernichtungswaffen zu bewahren, seien es chemische oder andere.
Ich kann nicht sagen, ob ich jemals über aktuelle politische Ereignisse schreiben würde oder nicht.


(Anm. d Verf.: hierzu darf sich GERNE im Forum geäußert werden)


Zu guter Letzt: was sind Eure nächsten Schritte? Eine große Pause oder werdet Ihr weiter hart arbeiten (zum Beispiel an einem neuen Album oder auf einer großen Tour vielleicht)?


Ich kenne die Zukunft nicht. Wir vertrauen nur in Gott und tun, was wir tun. Wir haben schon sehr viel Glück gehabt. Tourniquet nimmt schon seit 1991 Platten auf. Eine Menge Bands sind in dieser Zeit gekommen und gegangen, aber wir sind immer noch beständig. Ich bin glücklich damit, wo wir nun sind, aber ich will in der Welt der Musik weiterhin voranschreiten und als Künstler wachsen.


Vielen Dank an Euch für das Interview im Namen von METAL INSIDE und unsere Crew wünscht Euch alles Gute für die Zukunft und Euren weiteren Weg.


Danke für das Interesse an Tourniquet und danke auch dafür, daß Ihr Euch die Zeit genommen habt, mehr über uns zu erfahren.



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