Interview:

2005-08-12 Heartbreak Engines

Band anzeigen
Wer die HEARTBREAK ENGINES im Herbst vergangenen Jahres auf ihrer Tour mit den NEKROMANTIX gesehen hat, konnte sich bereits davon überzeugen, dass die fünf Jungs aus dem Ruhrpott nicht nur großartige Live-Qualitäten aufweisen, sondern auch noch so manches heiße Eisen im Feuer haben müssen. Und das beweisen sie mit ihrem dieser Tage erscheinenden zweiten Album "Love Murder Blues": Eine explosive, dreckige und raue Mischung aus Psychobilly, Punkrock, Rock ´n Roll und Rock. Gitarrist Syd beantwortete unsere Fragen zur Entstehung der Band, zum neuen Album und zu Erfahrungen mit großen Vorbildern.InterviewWie fühlt man sich als authentische Punkrock/Rock ´n Roll-Band, inmitten der derzeit grassierenden Melody-/Pop-Punk-Welle?


Also "inmitten" würde ich gar nicht sagen, irgendwelche aktuellen Wellen interessieren uns nicht. Klar, man bekommt schon mit, was so passiert, aber mit dem meisten neuen Zeug, speziell aus dieser Richtung, können wir nicht so viel anfangen. Als Ausnahme sei da mal das letzte GREEN DAY-Album genannt.


Erzähl doch mal von Euren Anfängen. Wie habt Ihr Euch als Band gefunden?


Lou (voc.) und Grischa (Bass) haben sich vor zweieinhalb Jahren zufällig beim Feiern kennen gelernt, Lou war damals noch bei THE SPOOK, Grischa bei PITMEN. Da hat sich halt die Idee entwickelt, zusammen Musik zu machen. Sozusagen als Funprojekt aus ner Sauflaune heraus. Ich, Rocco (Drums) und unser damaliger Gitarrist Fuse waren zu der Zeit bei THE ROCKETBOYS tätig, bei denen Lou früher auch zeitweise gesungen hatte. Wir standen immer mit Lou in Kontakt und speziell er und ich haben immer auf die richtige Gelegenheit gewartet, wieder gemeinsame Sache zu machen. Wir haben uns dann einfach mal zu ner Probe getroffen und es hat sofort wunderbar funktioniert. Man muss dazu sagen, dass die Arbeit mit einem Kontrabass für uns absolutes Neuland war. Dann ging alles sehr schnell, Andre von People Like You wollte einen Demo-Song, daraufhin haben wir "But If I’m Too Drunk" aufgenommen, er war begeistert und wir konnten unser erstes Album aufnehmen.


Wer waren Eure musikalischen Vorbilder, als Ihr angefangen habt, Musik zu machen? Welche Bands sind es heute?


Das lässt sich eigentlich nur schwer beantworten. Grischa ist absoluter Psychobilly, also müsste man da die METEORS, DEMENTED etc. nennen. Ansonsten nenn ich einfach mal ein paar Namen, die uns musikalisch geprägt haben: MISFITS, DANZIG, AC/DC, GUNS N’ ROSES, RAMONES, FAITH NO MORE, ELVIS, teilweise das Grunge-Zeug... du siehst ja, das wird nichts! Lou hört beispielsweise auch gerne Jazz, früher haben wir gerne SLAYER gehört usw. Als "Vorbilder" kann man das aber grade im Zusammenhang mit den ENGINES nicht bezeichnen, allein schon, weil es viel zu breit gefächert ist. Im Moment steh ich persönlich ziemlich auf Stevie Ray Vaughn, diese STRAY CATS-DVD und das letzte NIN Album. Oh, und "Devil’s Playground" von Billy Idol!


Der Ruhrpott hat ja schon eine ganze Reihe überdurchschnittlich guter Bands aus den Bereichen Rock ´n Roll/Punkrock/Psychobilly etc. hervorgebracht. Glaubt Ihr, dass es außer der Tatsache, dass DAS deutsche Punkrock-Label People Like You in Dortmund sitzt, einen speziellen Grund dafür gibt?


People Like You kann sicher ein Grund sein, ansonsten glaub ich nicht, das es da eine sinnvolle Erklärung gibt.


Ist etwas dran an dem Klischee, dass der Ruhrpott auch im Bereich Musik bodenständiger ist als das schicke Hamburg, das stylische Berlin und das schnöselige München?


Da hast du dir ja selbst eine Erklärung gegeben! Ich glaube nicht, das man das so verallgemeinern kann, es gibt überall gute und schlechte Bands.


Wie muss man sich die Punkrock/Rock ´n Roll-Szene in Städten wie Essen oder Dortmund vorstellen? Kennt Ihr Euch alle untereinander?


Man kennt sich schon, sicher. Auf Konzerten unterhält man sich, trinkt ein paar Bierchen usw. Aber auch das kann man eigentlich nicht regional festmachen, wir sind beispielsweise mit Bands aus England oder Berlin besser befreundet als mit regionalen Acts.


Eure neue Platte "Love Murder Blues" ist extrem vielseitig und weit davon entfernt, lediglich eine Mischung aus Punkrock und Rock ´n Roll zu sein. Was hat Euch beeinflusst?


Dieses Album ist einfach das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung. Als wir unser Debüt aufgenommen haben, waren wir als Band und als Einheit einfach noch nicht so aufeinander eingespielt. Die angesprochene Vielseitigkeit hat sich sozusagen von selbst entwickelt, auf "Love Murder Blues" hört ihr die 11 besten Songs, die wir zu diesem Zeitpunkt am Start hatten. Wir wiederholen uns halt nur ungern, wir wollten ein Album, das spannend und interessant ist. Unser neuer Gitarrist Dan, der viel beigesteuert hat, ist da sicherlich auch ein wichtiger Faktor.


Wie waren die Aufnahmen? Worauf habt Ihr besonderen Wert gelegt?


"Love Murder Blues" haben wir in Wuppertal bei Tim Buktu (Manufaktur) aufgenommen. Er hat uns sehr dabei geholfen, unsere Musik auf ein höheres Level zu bringen, gleichzeitig hatten wir ohne Ende Spaß bei den Aufnahmen. Es passte einfach alles zusammen. Uns ging es bei diesem Album in erster Linie darum, neue Facetten des HEARTBREAK ENGINES-Sounds zu zeigen und einfach geile Songs abzuliefern.


Auf der Platte ist es Euch gelungen, die Atmosphäre eines Live-Gigs einzufangen. War es schwierig, diesen rauen, aber trotzdem differenzierten Sound hinzubekommen?


Danke! Das fällt uns komischerweise sehr leicht. Ich weiß, dass viele Bands da Probleme haben und live um einiges besser rüberkommen als auf CD, aber ich denke, das ist uns gut gelungen. Man muss sich einfach in diese gewisse Stimmung versetzen und Gas geben! Dabei ist natürlich ein gutes Studio und ein guter Produzent sehr wichtig. Wir hatten beides.


Ihr habt schon vor berühmten Vorbildern wie DEMENTED ARE GO, den NEKROMANTIX oder den METEORS auf der Bühne gestanden. Was lernt man von diesen Bands, die schon so lange im Rock ´n Roll-Geschäft sind?


Nachdem die Arbeiten an unserem ersten Album fertiggestellt waren, gingen wir direkt fünf Wochen mit DEMENTED ARE GO auf Tour, das war natürlich unglaublich lehrreich für uns - und wild! Wir haben uns super verstanden und ständig Party gemacht, da lernt man manche Dinge eben auch auf die harte Tour. Bei der NEKROMANTIX-Tour ging alles etwas gesitteter ab, sehr professionell. Auch hier hatten wir sehr viel Spass und haben ganz andere Dinge gelernt. Das waren beides wertvolle und schöne Erfahrungen. Mit den METEORS waren wir nie auf Tour, das waren nur ein paar Einzelgigs.


Ist es hart, für solche Bands den Anheizer zu machen? Und musstet Ihr schon mal unter den üblichen Vorband-Schwierigkeiten - z. B. schlechter Sound bzw. gar kein Soundcheck, arrogante Headliner etc. - leiden?


Sowohl DEMENTED als auch die NEKROMANTIX haben uns großartig behandelt und unterstützt. Manchmal ist halt einfach keine Zeit für einen Soundcheck etc. aber das ist schon ok und auch niemals mutwillig passiert. Generell hatten wir in dieser Hinsicht eigentlich noch nie Probleme. Leute wie Sparky oder Kim haben so etwas halt einfach nicht nötig, die Jungs sind cool.


Wie erklärt Ihr Euch, dass eigentlich altmodische Musik-Stile wie Rock ´n Roll, Rockabilly oder Punkrock grade auch bei den Kids zur Zeit wieder sehr angesagt sind?


Vermutlich ist das eine natürliche Gegenbewegung zu der ganzen Plastik-Pop- und Casting-Scheiße, die den Kids seit geraumer Zeit vorgesetzt wird. Für die meisten Kids ist Musik der Soundtrack ihrer Jugend und ihres Lebens, also suchen sie nach etwas, das sie anspricht und Substanz hat. Wenn das für den einen oder anderen die HEARTBREAK ENGINES sind - großartig!


DROPKICK MURPHYS-Drummer Matt Kelly sagte mal im Interview, dass Subkulturen in Europa mehr im Leben verwurzelt sind als in den USA und dass es für Kids in den USA nur eine Phase in ihrem Leben ist, in irgendeiner Szene zu sein, wohingegen das in Europa eine Lebensart ist. Könnt Ihr das aus Eurer (europäischen) Sicht unterstreichen?


Ich glaube, da ist was dran. Das liegt wahrscheinlich an der gesamten Mentalität. So weit ich das beurteilen kann, sind europäische Fans "ihrer Band" im Allgemeinen ja auch viel treuer. Das kann man ja z.B. im Metal-Bereich ganz gut beobachten.


Könnt Ihr schon von Eurer Musik leben?


Davon sind wir noch weit entfernt. Die Leute haben da ziemlich utopische Vorstellungen und wären geschockt, welche vermeintlich großen Bands ganz normalen Jobs nachgehen müssen, um zurecht zu kommen. Ich nenne natürlich keine Namen!


Was habt Ihr für Pläne für die Zukunft? Wollt Ihr den Sprung in die USA wagen?


Das ist ein Ziel, auf jeden Fall. Da muss man halt realistisch sein und abwarten, was machbar ist. Wir wollen überall spielen, wo man uns sehen will und das Interesse in den USA ist auf jeden Fall vorhanden, aber das ist noch Zukunftsmusik.


Wann werdet Ihr wieder auf Tour sein?


Im September/Oktober startet die "Love Murder Blues"-Europa-Tour, die genauen Daten findet man in Kürze auf unserer Homepage! Wir sind schon wahnsinnig heiß darauf! See ya on tour!