Interview:

2003-10-17 Dimension Zero

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Jocke, Sänger bei DIMENSION ZERO, trauert. Um Johnny Cash, der am Vorabend des Interviews verstarb. "Traurig, aber wahr", meint der sichtlich betroffene Vokalist bei einer Tasse schwarzen Kaffee. "Aber echte Könige sterben nie." Unsterblich ist der Norrköpinger mit seiner Band sicherlich noch nicht. Aber mit "This Is Hell" haben die Schweden wirklich einen amtlichen Bolzen losgelassen - und übertreffen "Silent Night Fever" um ein Vielfaches. Ab 27. Oktober steht der höllische Rundling in den Regalen.InterviewZuerst aber zum Weggang von Glenn Ljungström, früher bei In Flames. Die Band zickt den Abtrünnigen im Info zur neuen Scheibe ganz schön an, viele meinten sogar, schon auf dem PartySan seien Spannungen erkennbar gewesen.



"Glenn war nicht bereit, für die Band irgendwelche Opfer zu bringen. Wir dachten, das könnte in Zukunft zu einem riesigen Problem innerhalb der Band werden. Er hätte uns nur in unserer Entwicklung behindert und so beschlossen wir, ihn rauszuschmeißen. Bislang haben wir zwar noch keinen Ersatz gefunden, ein paar Namen stehen aber im Raum. Bevor wir uns nicht hundertprozentig einig sind, rücken wir keinen Namen raus. Wenn wir sicher sind, dann könnt ihr den Namen auf unserer Homepage finden. Auf dem PartySan gab es absolut noch keine Probleme, erst als wir nach Hause zurückkehrten, kehrten sich die Dinge in diese Richtung."



Der Herr Gitarrist hat aber auf der neuen Scheibe noch mitgemacht.



"Stimmt, aber viel entscheidender war der Einfluss von Daniel (Antonsson, Gitarrist, Anm. d. V.). Er hat die meisten Songs geschrieben und bringt auch sonst viel Kraft mit in die Band. Unterm Strich herausgekommen ist eine wesentlich brutalere, schnellere Scheibe. Dennoch bringt "This Is Hell" mehr Variationen mit als der Vorgänger. Wir wollten, daß die Produktion irgendwie chaotischer klingt, so als spielten wir alle in einem Raum. Dadurch wirkt die Scheibe wesentlich energischer als "Silent Night Fever", du fühlst die Energie mitten in deinem Gesicht. Außerdem finde ich die Songs und die Arrangements besser, alle haben viel mehr von sich selbst in die gesamte Produktion miteingebracht."



Das klingt ja soweit ganz zufrieden. Da wird wohl auch das Studio Fredman eine Rolle gespielt haben.



"Ach na ja. Wir gingen gut vorbereitet ins Studio. Uns standen gut zwei Wochen zur Verfügung, da blieb nicht viel Zeit um herumzuhängen. Wir mußten aber nicht hetzen wie die Bekloppten. Außerdem wußten wir, was wir wollten. Letztlich gab es keine großen Probleme, und das ist gut so."



So, und dann gehört zu einem gelungenen Gesamtprodukt ja auch noch ein feines Artwork.



"Das stammt von Niklas Sundin und mir. Ich hatte die Idee und Niklas erweckte sie zum Leben. Ich bin übrigens auch der ,Coverboy’ - wie die Lyrics auf meinen Erfahrungen beruhen, so tut es auch die Symbolik des Covers. Ich denke, dies ist ein Weg, um auszudrücken, wie sich viele fühlen: Du lebst unweigerlich auf den Tod zu, die Uhr tickt immer weiter, direkt auf das Ende zu. Die Hölle ist aber nicht das Ende. Hell is right here. Ist doch klar, wenn du oder ich nie in der Hölle oder im Himmel warst, dann muß die Hölle doch ein Teil des Lebens sein. Hölle ist für mich eine Stimmung, ein Zustand."



Wo der Herr schon die Texte anspricht. Worum mag es denn gehen?



"Wie gesagt, die Texte sind ungeheuer persönlich und drehen sich um meine eigenen Gedanken, in erster Linie um Tod und anderen Qualen. Ich versuche natürlich, die Texte frei interpretierbar zu formulieren, damit sie für die Hörer auch interessant bleiben, damit sie die Texte auch auf sich beziehen können. Der Text zu ,Dimension Zero’ beispielsweise beleuchtet meinen eigenen Geisteszustand, wenn ich Lyrics entstehen lasse. Ich schreibe mit viel Schmerz in meiner Seele, alles um mich herum scheint tot und unwirklich, ich lebe dann in der nullten Dimension. Und das ist kein lustiger Ort."



Etwas angenehmer läuft da wohlmöglich die Zusammenarbeit mit Regain.



"Stimmt. Bislang läuft’s mit den Jungs prima. Die Zukunft wird beweisen, was möglich ist. Ein Label im gleichen Land als Partner zu haben, ist wirklich ein riesiger Vorteil, das interaktive Moment ist einfach viel besser. Und in Japan klappt’s auch gut, vielleicht sogar besser, als wir verdient haben."



Sprach’s und lacht - tatsächlich scheint Herr Göthberg gar nicht so ein trauriger Gesell zu sein, wie es die textliche Arbeit vermuten ließe. Was er denn wohl sonst so treibt, könnte doch interessant sein. Wie die meisten wohl inzwischen wissen, sang er ja von 1990 bis 95 bei Marduk und startete dann zusammen mit Glenn und Jesper Strömblad (In Flames) DIMENSION ZERO.



"Ich studiere und möchte Musik-Produzent werden. Der Weg dorthin ist allerdings ganz schön lang, ich muß mindestens drei Jahre büffeln und habe erst die Hälfte rum. Außerdem gucke ich gerne alle möglichen Filme."



Der Nationalsport Eishockey wie auch Fußball oder sonst was interessiert ihn dagegen nur am Rande, wenn er auch den Nationalmannschaften des königlichen Landes alles erdenklich Gute wünscht.



"Ach, ich gucke mir Weltmeisterschaften und so was schon ganz gerne an. Früher habe ich mich auch richtig dolle dafür interessiert, aber mit 14 oder 15 Jahren mußte ich mich entscheiden: Sport oder Musik? Ich kicke zwar noch ein bißchen oder spiele mal Tennis und ich ärgere mich auch, wenn Schweden im Eishockey-Endspiel ganz knapp gegen Kanada verliert, aber es gibt Schlimmeres."



Wo wir gerade bei Schweden sind …



"Jaja, jeder macht sich seinen Schnaps. Wo habt ihr das nur her? Niemand brennt sich hier seinen eigenen Schnaps, haha. Es gibt wir Wetterzustände in Schweden: Ein wenig warm, nicht ganz so warm, schweinekalt und ,deadly cold’. Ich find das ganz gut so, weil ich mich bei Todeskälte so dick anziehen kann, daß ich mich wohlfühle. Einen heißen Sommer hingegen hasse ich: Du hast dann keine Wahl, außer nackt vor die Tür zu gehen."



Soviel zum kleinen Schweden-Exkurs mit "Jocke Kachelmann". Was weiß er denn über Deutschland zu erzählen?



"Ich war ja gerade beim PartySan, mag Open Airs generell und sowieso. Aber dieses Fest war ganz groß. Nicht zu klein, nicht zu groß. Gut für die Zuschauer und gut für die Bands. Außerdem waren wir zwei Tage lang besoffen, das war wirklich witzig. Geil war auch, so viele nette Leute an einem Ort zu treffen. Und wir bekamen das verdammt-beste Schnitzel unseres Lebens in einer Bar in Bad Berka. Und dann erinnere ich mich noch an den Betreiber unseres Hotels. Er verhinderte mit großem Einsatz, daß auch nur eine Minute nüchtern werden konnten. Ostdeutschland ist echt eindrucksvoll, zum Beispiel Bad Berka: ein wirklich schöner, fast märchenhafter Ort, klein und gemütlich. Als wir jedoch nach dem Konzert nach Berlin fuhren, kriegten wir manchmal einen regelrechten Kulturschock, von einer Minute auf die andere wechselten die Eindrücke. Manche Orte sahen aus wie zusammengefallen, anderes total schön. Generell aber mag ich Deutschland sehr."



Dafür mag ich deinen Friseur nicht. Hinten kurz, vorne lang. Hi-ku-vo-la sozusagen. Geht ja gar nicht, is doch kein Metal.



"Danke. So darf ich nur mit einer bestimmten Frisur Metal machen? Vielleicht sollte ich eine Pause machen, bis die Haare wieder länger sind, haha. Nein, mal im Ernst: Ich achte einfach nicht auf meine Frisur, weil ich finde, daß es Wichtigeres gibt. Mag sein, daß die Haare deswegen Scheiße sitzen."



Wichtiger ist sicherlich der Re-Release des ersten Albums "Penetrations From The Lost World".



"Wir haben die Scheibe noch Mal rausgebracht, weil sie sich in der originalen Form, mit vier Songs und zwölf Minuten Spielzeit einfach nicht lohnt, sie sich zu kaufen. Mit den sieben Bonussongs, darunter Live-Titel von den Japan-Gigs, das Beatles-Cover ,Helter Skelter’ und das Extra-Stück ,Condemned’ zum gleichen Preis ist die neue Veröffentlichung ja wohl wesentlich attraktiver. Ich würde jedenfalls keinen Full-Price für die alte Scheibe bezahlen."



Bleibt noch zu nach einer Tour zu fragen.



"Es ist zwar noch nichts entschieden, aber wir planen natürlich durch Europa zu touren. Wir werden definitiv mehr Shows als zuletzt spielen."



Termine findet Ihr natürlich bei den Tourdaten.



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