Interview:

2005-07-30 Arch Enemy

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Nicht nur die sehr guten Verkaufszahlen ihres letzten Albums "Anthems Of Rebellion" sprechen dafür, dass ARCH ENEMY längst zur metallischen Oberliga gehören. Mit ihrem neuesten Streich "Doomsday Machine" beweist die Melodic Death Metal - Institution erneut, dass die brillanten Vorgängerwerke keine Eintagsfliegen waren. Die "Doomsday Machine" rollt - und Bassist Sharlee D´Angelo rollt für uns gerne die Hintergründe dazu auf und noch Einiges mehr.InterviewWas ist denn seit dem Release von "Anthems Of Rebellion" genau passiert? Wie ich gehört habe, war das Album für Euch und Euer Label Century Media sehr erfolgreich?!



Ja, absolut! Wir waren seit der Veröffentlichung sehr viel auf Tour und wir brauchten erst einmal eine Pause um das neue Album zu schreiben.



Seid Ihr denn mit dem Resultat von "Doomsday Machine" zufrieden?



Es ist ein sehr, sehr gutes Gefühl, das neue Album in der Hand zu halten und zu wissen, dass es fertig ist. Es hat schon etwas gedauert, es fertig zu bekommen, aber am Ende hat es sich ausgezahlt! Man hört sich alle Songs auf dem Album an und denkt sich Sachen wie: "Oh, der ist gut, da könnte man ein Video draus machen!" oder "Der ist auch gut, aber der davor ist etwas besser!". So geht es dann bis zum Ende des Albums und man stellt fest, dass man dort ein paar sehr schöne Songs zustande gebracht hat. Es macht einfach Spaß, es sich anzuhören.



Wo Euer letztes Album so erfolgreich war, denkt Ihr denn, Ihr gehört noch zum Underground oder betrachtet Ihr Euch mittlerweile als "kommerzielle" Band?



Ich habe nie in Begriffen wie "Underground" oder "Kommerz" gedacht. Ich denke, dass Metal immer Underground sein wird, wie er es auch immer schon war. Es kommt schon vor, dass einige Spielarten des Metal kurzfristig mal herausragen, denn wir verkaufen im Moment in den USA und anderen Ländern sehr gut. Aber das wird auch wieder zurückgehen, denn im Grunde bleibt es Underground. Wir versuchen gar nicht, eine kommerzielle Band zu sein und waren auch niemals eine. Jede Band versucht, die Fans zu erreichen, genug Platten zu verkaufen und damit Geld zu verdienen. Und jeder, der etwas anderes behauptet, ist ein verdammter Lügner! Was soll man denn zu denen sagen, die immer tönen: "Wir sind true, wir sind Underground!"? Was ist daran toll, wenn niemand Deine Musik hört?! Ich denke, gar nichts!



Na ja, aber es gibt auch verbohrte Fans, die sich von einer Band abwenden, wenn sie mehr als 100 Platten verkauft und "kommerziell" wird.



Das stimmt! Die Leute machen das und es gibt einige Bands, die ihr erstes Demo ausverkaufen und dann wollen die Fans das Rehearsal - Tape haben, hahaha! Das ist doch ein wenig zu viel des Guten! Das Phänomen ist aber nachvollziehbar, denn wenn Du eine Band für Dich entdeckst, dann gehst Du vielleicht davon aus, dass Du der Einzige seiest, der diese Band hört und mag und Du quasi etwas "Eigenes" hast. Und dann fangen elfjährige Mädchen an, diese Songs zu singen… das fühlt sich dann für Dich nicht mehr gut an. Aber es wird niemals so weit gehen, wenn man die Musik macht, die wir machen.



Es hieß, dass Euer Vertrag mit Century Media nach dem letzten Album ausgelaufen sei. Wie habt Ihr es denn geschafft, das Label zu überzeugen und eine Vertragsverlängerung zu erwirken?



Wir haben den Vertrag gar nicht verlängert, sondern einen neuen abgeschlossen. Wir hatten Angebote von mehreren Plattenfirmen, aber am Ende wollten Century Media dieses neue Album auf jeden Fall haben. Sie kamen dann mit größeren und besseren Angeboten, und jeder denkt, es gehe dabei nur um Geld, aber es kommt auch darauf an, wie sie für uns arbeiten und wie man die Aufgaben gemeinsam angeht. Das ist der Hauptgrund und sie haben sofort eingewilligt; jedenfalls haben wir jetzt eine tolle Partnerschaft mit ihnen! In den letzten fünf Jahren hat sich dort auch Vieles verbessert, was die Organisation betrifft und alles ist professioneller geworden. Das ist ja auch nötig, wenn man so viele gute Bands beheimatet.



Lass uns doch mal auf das neue Album zu sprechen kommen. Was ist denn die "Doomsday Machine"? Dachtet Ihr bei der Wahl des Titels an etwas Bestimmtes?



Man kann sich schon vorstellen, dass es dabei um eine apokalyptische Vision geht. Es ist die ultimative Maschine, die alles und für immer beenden wird. Man wünscht sich natürlich, dass so etwas niemals passiert, während man noch lebt, haha! Es ist eine Idee, mit der wir herumgespielt haben und es war Angelas Idee. Natürlich ist die Grundidee schon älter und besteht seit dem Zusammenhang von Leben, Mechanik und Maschinen. Wir hatten dieses Thema schon auf unserem letzten Album, in dem Song "Dead Eyes See No Future", in dem auch der Begriff "Doomsday Machine" das erste Mal aufgetaucht ist. Außerdem ist es einfach ein cooler Titel und besser als irgendetwas Langes, Tiefsinniges. Das ist eben die Art, die wir mögen und es ist ein sehr "metallischer" Titel!



Handeln demnach auch alle Songs von diesem apokalyptischen Szenario?



Auf vielen Ebenen schon, aber nicht unbedingt textlich. Es kann sich um das Ende von vielen Dingen handeln, wie zum Beispiel von etwas in Deinem persönlichen Leben. Aber da solltest Du besser Angela fragen, sie hat etwa 85 % der Texte geschrieben. Das sind alles ihre verrückten Gedanken, haha! Sie sitzt nachts da, denkt nach und bringt die Sachen zu Papier. Es ist kein Konzeptalbum, aber ihre Themen sind schon sehr düster und es gibt durchaus einen roten Faden, der sich durch die Songs zieht.



Zu dem Titel passt meiner Meinung auch, dass sich auf dem Album viele langsamere, aggressive Stücke befinden. Dachtet Ihr auch an die musikalische Richtung "Doom"?



Nein, haha! In dieser Hinsicht ist "Doom" nicht gemeint. Das assoziiere ich mit Bands wie den frühen TROUBLE, CATHEDRAL oder CANDLEMASS. Wir haben zwar ein paar doomige Parts in der Musik, aber es geht uns mehr um das "doomige" Gefühl. Es ist eine Art von Emotion, die viele der Songs durchzieht. Es ist diese dunkle Leere auf ihre Weise, aber ich würde sie nicht "Doom" nennen.



Trotzdem empfinde ich das Album insgesamt als langsamer als die letzten Alben. Daher bin ich ja auf diese Idee gekommen. (Ich hatte das Album erst am Tag des Interviews bekommen und hatte nur Zeit, erste Eindrücke zu sammeln. - Anm. d. Verf.)



Es ist von Allem etwas dabei. Das Album wird von ein paar schnelleren Songs eröffnet, dann wird das Tempo etwas gedrosselt und wieder angezogen. "I Am Legend / Out For Blood" etwa ist einer der schnellsten Songs, die wir jemals geschrieben haben. Wir denken aber nicht, dass wir so und so viele schnelle Songs auf dem Album haben müssen, sondern es kommt darauf an, wie es im Endeffekt klingt und wie alles zueinander passt. Ich habe mir das Album diesbezüglich noch gar nicht angehört und auf die Geschwindigkeit geachtet, aber es ist interessant, dass Du das erwähnst.




Einige Songs, wie "My Apocalypse" oder "Carry The Cross" kommen sogar mit einigen sehr getragenen, harmonischen Parts daher…



Ja, aber das ist genau der Kontrast, den Du in der Musik haben willst. Der Mittelteil von "My Apocalypse" beispielsweise zeigt, dass ein Song wie ein Güterzug abgeht, um dann langsamer zu werden und im Nichts zu enden. Ich mag so etwas, wenn sich eine Sache steigert und in einem Riff oder einem Chorus gipfelt und dann variiert wird. Genauso ist es mit "Carry The Cross". Es ist langsam, baut sich dann aber auf zu einer Bridge und einem Chorus und die Abwechselung macht die Sache interessant. Aber es stimmt, dass wir viele sehr, sehr langsame Parts auf dem Album haben, mehr, als wir jemals zuvor hatten. Daher stammt wahrscheinlich Dein Eindruck, also dieses "Doom - Feeling".



Und zum ersten Mal habt Ihr einen deutschen Songtitel!



Ja, haben wir, haha! Aber "Machtkampf" hat auch einen Hintergrund. Angela hatte einen deutschen Text zu dem Stück geschrieben, nur um es einmal auszuprobieren. Sie hatte noch niemals zuvor einen Song deutsch betextet. Aber zur selben Zeit hatte Michael (- Amott - Gitarrist - Anm. d. Verf.) einen englischen Text dazu geschrieben und der passte besser zu dem Song. Auf der anderen Seite passte Angelas deutscher Titel hervorragend zu Michaels englischem Text, denn ihr Titel war besser als der von Michael. Daher haben wir einfach den Titel behalten! In der Zukunft könnte es aber sein, dass wir die Vocals noch einmal auf Deutsch aufnehmen, da wir eine deutsche Sängerin haben. Deutsch ist eine sehr "metallische" Sprache, man hört das zum Beispiel bei RAMMSTEIN. Sie klingt sehr zackig und ich denke, Deutsch und Finnisch sind die ultimativen Metal - Sprachen, haha!



Deutsche Texte wären in der Tat sehr originell. Warum habt Ihr den Song nicht vielleicht als Bonustrack in der deutschen Fassung aufgenommen?



Das war zuerst schon ein Gedanke, aber wir hatten am Ende nur noch sehr wenig Zeit und sie hätte dafür nicht mehr gereicht. Es eilt ja auch nicht, denn der Song ist da und wenn es soweit ist, gehen wir ins Studio und nehmen ihn entsprechend auf. Das wird eventuell auch passieren. Im Moment haben wir aber für so etwas überhaupt keine Zeit!



Eine andere Priorität lag auf dem Artwork, wie ich gelesen habe. Wessen Idee war es denn?



Das war eine Zusammenarbeit zwischen Joachim Luetke und uns. Der Künstler, der unsere vorherigen Artworks entworfen hatte, hatte keine Zeit und empfahl ihn uns. Daraufhin wandten wir uns an ihn und er kam mit ein paar großartigen Sachen an. Wir brüteten lange über den Ideen, befürworteten oder verwarfen etwas und am Ende kam dieses Artwork dabei heraus. Es ist eine sehr, sehr gute Arbeit!



Es gibt beim Sound von ARCH ENEMY einen Punkt, den (nicht nur) ich seit "Wages Of Sin" kritisiere: die Band ist bestrebt, besonders im Gitarrenbereich, sehr melodiebetont und harmonisch zu agieren und Angela singt immer sehr aggressiv und "übertüncht" oft diese melodischen Parts. Warum singt sie nicht melodischer oder sogar ab und an "clean"?



Nun, Angela ist keine "cleane" Sängerin und sie mag ihre eigene "cleane" Stimme auch nicht. Das ist eine Sache. Eine andere ist, dass viele amerikanische Bands diese Formel mittlerweile anwenden; also aggressive Strophen, kombiniert mit einem melodischen Chorus. Das ist mittlerweile so einheitlich geworden und wir möchten gerne davon weg bleiben, so weit wir nach Möglichkeit können.



Es würde aber vielleicht sehr gut zu Eurem Sound passen. Gerade, weil Ihr auch diese sehr melodische Gitarrenarbeit habt.



Das ist eben unsere Arbeitsweise. Wir wollen in den Vocals keine Melodien haben und legen alle auf die Gitarren. Wir mögen einfach diesen Kontrast! Extrem aggressive Vocals und extrem melodische Gitarren… das mögen wir viel mehr als mit "cleanem" Gesang zu arbeiten. Ich verstehe aber, was Du meinst. Man denkt, zu melodischer Musik müsse auch melodischer Gesang gehören. Falls wir das täten, klängen wir wie eine Power Metal - Band. Und das sind wir definitiv nicht, hahaha!



Eure Wurzeln liegen mehr im Death Metal - Bereich, denke ich.



Nicht wirklich! Unsere Wurzeln liegen viel mehr im klassischen Heavy Metal und im Hard Rock. Wir geben diese Einflüsse nur in einem "Death Metal - Gewand" wieder. Das Einzige, das bei uns an Death Metal erinnert, ist, dass unsere Gitarren herunter gestimmt sind oder wenn wir schneller spielen. Und wir haben Growl - Vocals, das ist auch schon alles. Der Rest ist aber Classic Metal!



Wird denn "Doomsday Machine" auch mit einem zusätzlichen "Bonbon" veröffentlicht werden? Immerhin lag "Wages Of Sin" eine CD mit vielen Bonustracks und "Anthems Of Rebellion" eine Audio - DVD bei.



Ja, die Erstauflage des Albums wird inklusive einer Bonus - DVD veröffentlicht werden. Diese wird wohl zwei Songs von der demnächst erscheinenden DVD beinhalten, sowie Einiges an Promo - Material, wie ein Video und ein Interview. Ich kann noch nichts Genaueres dazu sagen, weil das Ding noch nicht fertig ist. Es wird aber keine Audio - DVD sein, sondern eine richtige.



Was hat es denn mit dieser geplanten, kompletten DVD auf sich? Wann können wir denn damit rechnen?



Ich denke, sie wird etwa im Oktober oder November veröffentlicht werden und eine Show beinhalten, die wir im Dezember in London gefilmt haben. Es wurde dort mit zwölf Kameras gearbeitet! Es wird auch anderen Stoff zu sehen geben, wie Mitschnitte mit der Videokamera, verschiedene Songs von verschiedenen Shows, Interviews, Promo - Videos; eben von Allem etwas.



Wie schaut denn Euer Festival - Sommer aus?



Wir haben bisher keine Möglichkeiten gehabt, uns für diesen Sommer um Festivals in Europa zu bemühen. Das hängt damit zusammen, dass ein Mitglied bei uns ausgestiegen ist, unser Gitarrist Christopher Amott. Wir mussten daraufhin den Festival - Sommer hier leider komplett abhaken. Trotzdem werden wir beim "Ozzfest" in Amerika auftreten. Er hat uns aber nicht für immer verlassen, sondern er braucht nur Zeit für sein Studium und hat daher für andere Aktivitäten nicht mehr viel Zeit. Wir haben aber einen guten Ersatz gefunden, Gus G. aus Griechenland. Er wird das "Ozzfest" mit uns durchziehen und danach wird man sehen, was passiert. Die Sache hat uns schon ein wenig schockiert, aber es muss trotzdem irgendwie weitergehen! Wir werden wohl im Oktober oder November für eine Europatour zurück sein und natürlich werden wir auch nach Deutschland kommen! Wir freuen uns schon darauf, denn es ist eine Weile her, seit wir zuletzt bei Euch waren.




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