Ein ruhiger Opener – das hat Stil. Zurückhaltend und hoch melodisch geht das dritte Album der Band aus Lexington, Kentucky los, mit einem cleanen Gitarrenthema und verträumten Post-Rock-Gitarren im Hintergrund. Besondere Wirkung entfaltet so ein balladesker Anfang ja, wenn es beim zweiten Song richtig kracht. Tut es im Fall dieses Albums allerdings nicht. Bei „Let The Light Flood In“ wird die Intensität zwar etwas erhöht, aber ziemlich behutsam, und spätestens beim Refrain wird klar, dass es die Band weder auf harten Riff-Rock, noch auf übermäßig komplexe Musik, sondern auf groß und hymnisch angelegte Alternative Rock-Melodien angelegt hat. BIFFY CLYRO lassen grüßen, wobei DREAM THE ELECTRIC SLEEP eher ihre melancholischen, introvertierten Brüder sein könnten.
Das folgende „Flight“ bestätigt diesen Eindruck umso mehr, beziehungsweise geht der Songs schon fast als Power-Pop durch, wobei Rock lediglich im C-Teil angetäuscht wird – ein Stilmittel, dessen sich die Band in vielen Songs bedient. Aus ihrem Schema brechen DREAM THE ELECTRIC SLEEP nur selten aus, und gerade dann haben sie ihre guten Momente. Allen voran im intensiven und endlich etwas wilderen Instrumental „We Who Blackout The Sun“, das im Gitarrensolo an PINK FLOYDs „Comfortably Numb“ erinnert. Auch bei „Culling The Herd“ schließt sich nach konventionellen dreieinhalb Minuten ein atmosphärischer Instrumentalteil an, der wieder etwas PINK FLOYD anklingen lässt (dieses Mal eher „Echoes“), bevor (zu) kurz ein wirklich hartes Riff kommt, das dann allerdings leider wieder durch einen seichten Bombast-Refrain abgelöst wird. Und im zweiten Teil von „Black Wind“ dreht die Band mal so richtig auf, natürlich aber nicht, ohne am Ende auch wieder zum schon tausendmal irgendwo anders gehörten Refrain zurückzukehren.
Schade, dass die Band nicht mehr Mut zu unerwarteten Songstrukturen zeigt. So bleiben DREAM THE ELECTRIC SLEEP unter ihren Möglichkeiten. Nie wird es richtig schnell und so gut wie nie wirklich rockig, alles ist extrem harmonisch, und den Großteil der Stücke kann man sich auch gut auf der Akustikgitarre vorstellen. Das alles klingt zwar ziemlich nett, aber hängen bleibt leider nicht viel. So wird „Beneath the Dark Wide Sky“ schnell zur Hintergrundmusik, die sich vermutlich ganz gut für trübe Herbsttage eignet.
Mit ihrer Mischung aus Alternative und Progressive Rock bewegen sich THE PINEAPPLE THIEF im musikalischen Rahmen von Bands wie MUSE, DREDG oder KARNIVOOL. Obwohl es die Briten um Bandkopf Bruce Soord bereits auf 15 Jahre und neun Alben bringen, ist es ihnen bislang aber nicht gelungen, an den Erfolg bzw. Kultstatus der genannten Formationen anzuknüpfen. Ob ihnen das mit dem zehnten Longplayer gelingt, bleibt abzuwarten. Auf „Magnolia“ bemühen sie sich jedenfalls um Eingängigkeit. Progressive Elemente spielen kaum eine Rolle, dafür gibt es 12 gerade, ziemlich schnörkellose und teils höchst melodische Songs zu hören. Wobei auch „Rock“ hier nicht mehr groß geschrieben wird: Ein beträchtlicher Teil des Albums wird nämlich durch oft ziemlich seichte, kitischige und mit Streichern überladene Balladen bestimmt. Im Fall der Halb-Ballade „Don't Tell Me“ ist das besonders schade, denn die ist ansonsten harmonisch toll gemacht, und auch das getragene „Season's Past“ könnte ohne den Kitschanteil ein wirklich schönes Stück sein. Immerhin, ein paar Rocker gibt es dann doch auch, und die machen durchaus Spaß, wie etwa „Alone At Sea“ mit seinem hittigen Ohrwurm-Chorus, das dynamische „Breathe“ mit seinen Laut-leise-Wechseln oder auch das krachende „Sense Of Fear“. Unterm Strich bleibt dennoch ein über weite Strecken belangloses und auch etwas seelenloses Album mit einigen hübschen Melodien und einigen wenigen krachig-treibenden Riffs, dessen glatte Hochglanzproduktion es auch nicht hörenswerter macht.