Festival:

Summer Breeze Open Air 2023 - Samstag

Festival vom 19.08.2023

Die ersten drei Tage vergingen wieder einmal wie im Flug und heute ist schon Abreisetag, folglich hieß es nach dem Frühstück erst mal in Ruhe abbauen und einpacken. Da wir für heute, wie bereits erwähnt, eine Einladung an diversen Ständen auf dem Gelände hatten, wurde alles vergrillt, was noch in der Kühlbox war. Beim Blick auf die Running Order realisierten wir, daß heute kein Metal Yoga angeboten wurde, wo wir es doch gerade jetzt so nötig gehabt hätten. Apropos nötig: Duschen wäre auch mal eine gute Idee. Allerdings war das mit der Wassertemperatur bisher nicht gerade ein Spaß. Das Wasser in den Duschen war in den vergangenen drei Tagen nämlich so heiß, daß es nur den aller härtesten unter uns möglich war, sich auf diese Weise zu reinigen. Bei Temperaturen oberhalb der 30°C hätten die meisten wohl auch eine kalte Dusche akzeptiert.

Für uns starteten RAGE auf der T-Stage den samstäglichen Konzertreigen mit einem Sack voll altem Zeug. Ich hatte mich darauf gefreut, die Rabauken aus Herne endlich mal wieder live zu erleben. Gerade die letzten beiden Longplayer hatten es mir angetan. Obwohl ich ein Fan der ersten Stunde war, spricht mich aktuell der nicht mehr ganz so hohe Gesang von „Peavy“ enorm an. Wie auf der eigenen Homepage angekündigt, rocken die Jungs gegenwärtig wieder als Trio, da sich Stefan Weber (Gitarre seit 2020) eine Auszeit aus persönlichen Gründen auf unbestimmte Zeit genommen hat. “Resurrection Day“ leitete das Set erwartungsgemäß mit Vollgas ein. Es sollte allerdings der einzige Song aus den neueren Veröffentlichungen bleiben. Gemäß dem klassischen Dreier-Line-Up wurde der Rest der Show überwiegend mit Material aus den 90ern bestritten. Sowohl die Musikanten, die fast unentwegt grinsten, als auch das Publikum, das u.a. allerlei bizarres Getier mit sich führte (z.B. einen präparierten Dachs!!!), waren mit ordentlich Begeisterung bei der Sache, so daß der Platz vor der Bühne zeitweise in einer Staubwolke verschwand. Gerade zum Ende hin ging mit “Straight To Hell“, der Nummer aus Der Schuh des Manitu“, “Don't Fear The Winter“, meinem persönlichen Lieblingstrack (...ja die 80er waren auch vertreten) und “Higher Than The Sky“ so richtig die Post ab. Meister Grimbart wäre vor Freude sicher auch umhergesprungen, wäre er noch lebendig gewesen.

Wir schrieben das Jahr 2002, als unser durchgeknallter Freund Paul uns eine CD mit dem Titel “Alive Or Just Breathing“ von der Band KILLSWITCH ENGAGE in die Hand drückte und meinte: „Hört da mal rein, das könnte euch gefallen!“ Die Songs waren einerseits extrem hart aber faktisch Interesse weckend, einer sogar mit einer ausgesprochen eingängigen Hookline "My Last Serenade".
Es war um uns geschehen, wir waren schlicht begeistert. Was wir damals abgesehen davon noch nicht wußten: dies war die Geburtsstunde einer neuen Musikrichtung, heute als Metalcore bekannt. Seit dieser Zeit verfolgten wir die Band, akzeptierten die krankheitsbedingt wechselnde Besetzung u.a. am Mikro und feierten sie 2019 in Frankfurt als Vorband/Co-Headliner. Deshalb toppte es das Line-Up in diesem Jahr nochmals für uns, daß diese Metalpioniere zum ersten Mal auf dem Summer Breeze spielten.

Das musikalische Genie und Produzent Adam Jonathan Dutkiewicz (Gitarre) kommentierte begeistert: „Das ist ein Festival, bei dem die Crowdsurfer auf einem Crowdsurfer surfen, total verrückt!“ Im Hawaiihemd mit Totenkopf und Shorts mit Biergläsern und grünem Stirnband mit „Beer“ Schriftzug drauf, sah er ein bißchen wie Will Farrell mit Irokesenschnitt auf dem Weg zum Bierpong spielen aus. Er stand quasi symbolisch für den unglaublichen Spaß den die Truppe auf der Bühne hatte und verbreitete. Er kommentierte munter ständig die Show, was dazu führte, daß er sich sogar vom Publikum tadeln lassen mußte, weil er sich „...vor Ergriffenheit ob so eines tollen Festivals“, wie er sich rechtfertigte, prompt verspielte. Den optischen Kontrast hierzu bildete der Rest der Band, allen voran der charismatische Jesse Leach mit „I Am Broken Too“ Tattoo am Arm und Joel Sroetzel mit Fake-Venom Shirt, die gleichwohl mit der selben Freude an der Performance agierten.
Zur Songauswahl kann man nur gratulieren, perfekt! Von jedem Album (außer vom Debüt) wurden die Knaller gezockt, sogar “The Signal Fire“; diesmal freilich ohne Howard Jones (LIGHT THE TORCH). Total geflasht und glücklich moshten wir im gefüllten Battlefield mit (vorausgesetzt es surfte nicht gerade wieder jemand über unsere Köpfe hinweg). Am Ende zelebrierten die Amis als Würdigung an unser aller Legende Ronnie James Dio “Holy Diver“ und fingen damit den letzten auf dem Infield noch ein – Pommesgabeln soweit das Auge reichte.
Diesen Auftritt schauen wir uns immer wieder gerne im Netz an und freuen uns jetzt schon auf die nächste Deutschlandtour.

 

 

Als krönenden Abschluß des Summer Breeze Festivals 2023 hatte wir das Vergnügen mit IN FLAMES auf der Main Stage. Ich kenne die Schweden seit “Whoracle“, liebe sie aber eigentlich erst seit ich sie 2006 bei Rock Im Park live erlebt habe . Mit diesem Gig hatten sie mich. Irgendwie fühlten wir uns an diesen Auftritt erinnert. Das Feuer von damals war spürbar wieder da, erst recht wenn die Songs aus dieser Zeit geschmettert wurden. Nach dem kraftvollen Auftakt mit “The Great Deceiver“ hauten sie auch direkt den ersten Klassiker, “Pinball Map“ raus. Die anhaltenden „In Flames“ - Rufe waren ein Indiz dafür, daß die Stimmung nahe dem Siedepunkt war. Als unser all time favourite “Only For The Weak“ gespielt wurde, gab es kaum jemanden auf dem Battlefield der nicht hüpfte. Man hatte gar den Eindruck das komplette Areal selbst bewegte sich.

Gegen Ende des Konzertes wurde es plötzlich still auf der Bühne und Sänger Anders Fridén nahm im Schneidersitz in der Bühnenmitte Platz – ist man von einer Metal Band nicht wirklich gewohnt. Nachdem er die weiterhin lautstark „Flames“ skandierende Menge sichtlich gerührt taxierte, bat er um einen Moment Aufmerksamkeit, da er etwas wichtiges zu sagen hätte. Dies wurde vom Auditorium mit schallendem „Ausziehen“ quittiert. Erst ein wiederholtes „Shut The Fuck Up“ brachte ihm die gewünschte Ruhe um seine Rede zu halten: „We can't do what we do without people like you and we are so honoured to take our music anywhere in the world to reach all these amazing people like here tonight. We wanna say thank you from the bottom of our cold swedesh hearts!“ Da war sie wieder, die Liebe an die Fans die ihrerseits dankbar mit lange anhaltendem Applaus und zu Herzen geformten Händen diese Liebe zurück gaben. “Take This Life“, eine der Einstiegsnummern vom RiP 2006, war dann der würdige Schlußpunkt eines fantastischen Headlinerkonzertes, das im Übrigen vollkommen ohne Pyro- und Feuereffekte auskam.

 

 

Zu guter Letzt schlenderten wir ausgedehnt an den Essensständen entlang, da wir uns vor der Heimfahrt noch einen Snack gönnen wollten. Im Vergleich zum Vorjahr, waren allerorts die bereits überhöhten Preise für die Speisen nochmals angehoben worden. Gleichzeitig waren an dem eine oder anderen Stand die Portionen kleiner geworden. Die Qualität der Speisen hatte obendrein bei einigen Anbietern nachgelassen. Den Vogel schoß der Döner Stand ab, an dem das Wort „Döner“ mit einem einem Tape überklebte war auf dem „Fleischspieß“ stand. Wir waren uns aber nicht sicher, ob diese schleimige rose Masse, die da auf dem Spieß hing, wirklich Fleisch war.

Insgesamt hatten wir persönlich wieder einmal eine wunderbare Zeit hier mit fantastischen Konzerten, lustigen Partys mit netten Menschen und außerordentlich viel Spaß.

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