Review:

Cannibal Anthem

(Wumpscut)

Die medien- und bühnenscheuen WUMPSCUT sind nicht die ersten, die sich vom Rothenburger Kannibalen inspirieren lassen. "Cannibal Anthem" widmet sich auf voller Länge diesem Abgrund der menschlichen Seele. Und diese Reise beginnt für den Hörer sehr frustrierend: Beim tierisch schlechten Intro "Herzlich Willkommen" vergeht einem bereits fast die Laune. Das folgende "Wir Warten", als einer der besten Songs des Albums, ändert dies. Das tanzbare Lärmcrescendo ab der Songmitte und ein herrlich schräges Pseudotremolo-Sample im Hintergrund - das sind durchaus WUMPSCUT mit denen man Leben kann. "Cannibal Anthem" ist kein neues "Bunkertor 7" und nur leider halten nur wenige Songs das von "Wir Warten" vorgelegte Niveau. Beinahe melodiesüchtig ist Ratzinger in "Die Liebe". Ein Song, ein Loop, wenige Breaks, radiotaugliche Melodien - und zu wenig textliche Substanz um thematisch der an sich absurden Täter-Opfer Beziehung auf den Grund zu gehen. Die melodiöse Basis ist aber keine Ausnahme, bei "Jesus Antichristus" ist sie in einer weniger süßlichen Ausprägung durchaus eher im Stile der "alten" Alben. Musikalisch bietet das neue Album mehr als das sehr oberflächliche "Evoke". Melodien kommen origineller zum Einsatz: In Anlehnung an eine Gitarre überrascht ein Sound im an sich eher schwachen Titeltrack "Cannibal Anthem" (mit englischen Vocals?), mit Streichersynthies beweist er beim Instrumental "Auf Der Jagd", dass durchaus wieder mehr zu finden ist als Distortion und gradlinige Sounds. Indiskutabel fehl am Platze sind aber die weiblichen Vocals von Sängerin Onca bei "Pass Auf" oder "Hunger". Diese Ebene an Abwechslung ist unnötig und lässt die Songs wie künstlich ins Album implantiert wirken. Die unverkennbaren WUMSPCUT Beats und die harschen männlichen Vocals machen allzu große Sprünge zwar generell schwer möglich - die Kälte der frühen Werke findet sich trotz etwas Bunktertorfeeling nicht, die Oberflächlichkeiten der letzten Alben aber auch nicht. Und wenn textlich mehr vom überraschend kritischen "Recht Vor Gnade" da wäre und die Ausrutscher es nur auf ne B-Seite einer Maxi geschafft hätten, wäre "Cannibal Anthem" ein größerer Wurf geworden. Durchschnittlich, härter und mit interessanten Ideen. Ziemlich viel für WUMPSCUT eigentlich - ich jedenfalls war überrascht...

Cannibal Anthem


Cover - Cannibal Anthem Band:

Wumpscut


Genre: Electro
Tracks: 11
Länge: 45:47 (CD)
Label: Betonkopf Media
Vertrieb: Soulfood Music