Review:

Utopian Deception

(THE COMMITTEE)

TIPP

Black Metal-Fans sollten ihre Geldbörse griffbereit halten, denn hier erwartet Euch genau das, was Ihr von einem atmosphärischen Düsterwerk erwartet. Begleiten wir THE COMMITTEE auf ihrem schonungslosen Werk, welches von Hass, Doppelmoral und verdrehten Euphemismen geprägt ist. Hier beleuchtet die Band niemals die Seite der Sieger und Gewinner, sondern suhlt sich im Leid der Verliererseite und erzählt ihre Geschichten.

Die Wahlbelgier haben nach den gut aufgenommenen Alben „Power Through Unity“ und „Memorandum Occultus“ ein ganz heißes Eisen im Fegefeuer. Nimmt man die alte Musikerbauernregel als Maßstab, dass das dritte Album über den weiteren Verlauf einer Bandkarriere entscheidet, dürften bei THE COMMITTEE alle Zeichen auf Sturm stehen. Setzten THE COMMITTEE bei den Vorgängeralben und deren Live-Präsentationen auch auf den visuellen Effekt, der sich in den vergangenen Shows mit Masken, Verkleidungen und martialischem Auftreten der Band bemerkbar gemacht hat und bei den Fans einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben soll, kann bei „Utopian Deception“ derzeit nur das musikalische Gesamtwerk bewundert und bewertet werden. Klar, das gewählte Image der Anonymität ist im Black Metal derzeit eine gern gewählte Ausdrucksform und unterstreicht die Gefühllosigkeit und Kälte der Musik und macht eine Band weniger angreifbar.

„Wo Liebe wächst, gedeiht Leben – Wo Hass aufkommt, droht Untergang“ (Mahatma Gandhi)

Dieses Zitat passt auf viele Schwarzmetall-Bands, aber bei THE COMMITTEE wird der Untergang auf „Utopian Deception“ hörbar gelebt. Um einen Vergleich zu anderen Bands des Genres zu ziehen, wird man auf die Senkrechtstarter MGLA stoßen. Musikalisch und besonders imagetechnisch sind sich beide Bands sehr nahe, was im Falle von MGLA einem Ritterschlag sehr nahe kommt und niemals den Gedanken an eine dreiste Kopie aufkommen lässt. THE COMMITTEE heißen uns auf „Utopian Deception" willkommen. Kommt alle mit!

Uns erwarten sechs Tracks, die niemals die Sechs-Minuten-Marke unterschreiten. Können THE COMMITTEE diese langen Zeitspannen mit ihrer Musik füllen, und werden hier nicht Songs künstlich in die Länge gezogen? Die Antwort ist: NEIN, hier werden keine Minuten geschunden um die Länge des Albums künstlich nach oben zu treiben! THE COMMITTEE halten in jedem Song sicher den Spannungsbogen in der Höhe, was geschickt durch den Einbau von cleanen Parts, doomigen Passagen und packender Melodieführung geschieht. Die eine oder andere technische Finesse und geschickt gesetzte Breaks lockern die Songs auf und lassen die Songwriting-Fraktion der internationalen Gruppe in einem sehr guten Licht erscheinen.

„Awakenig – Unimaginable“ beginnt langsam und bedrohlich. Die Stimmlage von Marc Abre alias The Mediator bewegt sich in einem angenehmen Rahmen. Nicht zu hoch und nicht zu tief und immer aggressiv und hochgradig dominant und motiviert. Wer hier die Hosen an hat, das dürfte klar sein. Die Gitarrenfraktion macht mit einer famosen Melodieführung zum ersten Mal auf sich aufmerksam um dann das erste, sehr angenehme Break mit einem schönen Akustikpart einzuleiten. Danach wird die Hymne nochmals drückender, und die verzerrten Gitarren gewinnen wieder die Oberhand um dann in einem cleanen Outro den Song erfolgreich zu beenden.

Danach bietet uns „Lexi Con – Radical“ eine Geschwindigkeitssteigerung, die der Band sehr gut zu Gesicht steht. Die überzeugenden Melodien bleiben aber bestehen und unterstreichen die donnernden Riffs. Das klingt alles wie aus einem Guss, und die Arrangements könnten nicht besser gesetzt sein. Das Lied faded nach fast sieben Minuten aus und macht Laune auf den nächsten Song, der mit „Infection - Sensible“ folgt. Ruhige Klänge eröffnen einen stampfenden Midtempokracher, dem gerne auch mal die Pferde durchgehen, aber immer wieder durch Zwischenparts zur Räson gebracht werden kann. Langweilig geht anders und auch leichte Ausflüge in den Bereich Black-Thrash lockern den Song erfolgreich auf. Der vierte Song, „Harrowing The Same“, beginnt fast bedächtig und mit einer mitreißenden Melodie, die in einen schön groovenden Part übergeht, in dem die Vocals ihre ganze Stärke beweisen können. Live dürfte dies einige Köpfe zum unbeabsichtigten Headbangen bringen und die zurückhaltende Fanfraktion zur Selbstreflektion aufrufen, auf einem Konzert (oder auch vor der heimischen Musikanlage) in solche Aktionsmuster zu verfallen. Der Song bietet einen Querschnitt des bisher Gehörten und reiht sich spielerisch in die vorderste Front der Albumsongs ein. Ein klassischer Heavy Metal-Part mit dominanten Basslinien pusht den Track in oberste Gefilde des Schwermetalls und setzt dem munteren Treiben die Krone auf. Ein ganz starker Track und mein persönlicher Favorit auf dem Album.

„Ossification - Law“ ist im klassischen Midtempo angesiedelt und unterstreicht die zwingenden Riff-Folgen, die THE COMMITTEE mit einem Lächeln im Gesicht (oder auch nicht… Maskenpflicht verhindert ja das Erkennen jeder Gefühlsregung) aus ihren Instrumenten zaubern. Ein ruhiges Break darf natürlich auch hier nicht fehlen um dann in einen angenehmen Geschwindigkeitsrausch zu verfallen, der aber wieder von den allgegenwärtigen Melodien abgefangen wird und in gefällige Gefilde führt. Den gelungen Abschluss der Platte findet man in „Ashes - Norm“, welches zu Beginn tatsächlich ein wenig an MANOWAR erinnert, dann aber in einen effektgespickten Teil übergeht, der der Band einige Pluspunkte auf der Haben-Seite garantiert. Wirklich ein Hinhörer, der sich perfekt mit den aggressiven Vocals duelliert. Es kommt fast ein morbides Western-Feeling auf, was man bestimmt nicht bei jeder Black Metal-Band hören kann. Ein kleines IRON MAIDEN-Break, und weiter geht der Song in typisch nordischer Manier und kann wieder überzeugen. Mit seichten Klängen und hinterlegtem Meeresrauschen beendet man den Song und somit auch dieses Monster von Veröffentlichung.

Kommen wir zu meinem Fazit. Ich bin wahrlich nicht der 24/7-Black Metal-Hörer, aber dieses Werk gehört in jede Sammlung, und hiermit meine ich nicht nur die Black Metal-Fraktion, die das Album eh aus den Regalen zerren wird. Nein, hier werden auch ganz andere Käuferschichten angesprochen und dürften THE COMMITTEE mit einem Sprung an die Spitze des Genres katapultieren. Und dies mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, wie ich es selten bei einer Band gehört habe. Die Atmosphäre, die Melodien, der Gesang und besonders die unerwarteten Kehrtwendungen in jedem Song machen „Utopian Deception“ zu einem echten Kleinod und sollten für neuen Schwung in der Black Metal-Szene sorgen. Bei Veröffentlichungen wie dieser, ist mir um den Fortbestand des Black Metals nicht bange, und somit wird hier ganz eindeutig aufgezeigt, wie diese Musik im Jahr 2020 zu klingen hat: Episch, atmosphärisch und spielerisch auf einem ganz hohen Level, ohne die nötige Brutalität zu vernachlässigen! Der angebotene Sound passt herrlich zu der Scheibe, ist immer klar und dominant, aber doch immer hässlich und roh. So muss das sein. Ich bin zwar kein Fan von zu künstlichem Drumsound, aber bei „Utopian Deception“ passt der kalte Sound einfach zu den Liedern und kann somit nicht als Negativpunkt gewertet werden. Somit komme ich zum Schluss von dem Review und bin der Auffassung, das wir es hier fast mit einer kleinen Revolution im arg limitierten Black Metal zu tun haben. Die Messlatte für folgende Band-Veröffentlichungen des Genres ist hiermit schwindelerregend hoch angesetzt worden und sollte jeder anderen Band einen zusätzlichen Motivationsschub geben. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin begeistert!

 

Utopian Deception


Cover - Utopian Deception Band:

THE COMMITTEE


Genre: Black Metal
Tracks: 6
Länge: 45:56 (CD)
Label: Folter Records
Vertrieb: Alive