Review:

I Don't Want to See You in Heaven

(THE CALLOUS DAOBOYS)

"Drama club Dillinger Escape Plan" - so ein einzeiliger Kommentar zu einem Video von THE CALLOUS DAOBOYS auf YouTube. Viel exakter kann man das Sextett aus Atlanta, Georgia eigentlich auch gar nicht beschreiben. Auf ihrem neuesten Longplayer wird der Wahnsinn der Vorbilder aus New Jersey konsequent weitergelebt und modernisiert. "I Don't Want to See You in Heaven" ist ein weiteres unvorhersehbares und aufregendes Chaos-Meisterwerk. Das dritte Album der Band zementiert ihren Ruf als eine der aufregendsten und unkonventionellsten Kräfte im modernen Metalcore und darüber hinaus. Wer gehofft hatte, sie würden ihren Sound zähmen, sieht sich getäuscht: "I Don't Want to See You in Heaven" ist ein noch intensiverer und sprunghafterer Trip als seine gefeierten Vorgänger.

Die musikalische Palette ist schwindelerregend breit. Rasende Mathcore-Riffs gehen nahtlos in jazzige Zwischenspiele über, nur um dann in wütenden Hardcore-Ausbrüchen zu explodieren oder ansatzlos in lieblich-eingängige Refrains zu münden. Elektronische Elemente und unübliche Instrumentierungen tauchen immer wieder auf und verleihen dem Sound eine zusätzliche Unberechenbarkeit. Es ist ein Album, das sich konsequent jeder Genrezuordnung widersetzt und stattdessen eine ganz eigene Identität entwickelt.

Dabei ist "I Don't Want to See You in Heaven" keineswegs nur Kakophonie. Unter der Oberfläche des scheinbaren Chaos verbirgt sich eine bemerkenswerte kompositorische Finesse. Und auch zu reinen Rock/Pop-Songs sind THE CALLOUS DAOBOYS fähig, wie das großartige "Lemon" beweist. Die Übergänge zwischen den Stimmungen und Tempi sind oft überraschend, und die einzelnen Songstrukturen sind komplex, aber nie willkürlich. Jeder Moment scheint einem übergeordneten Ziel zu dienen, auch wenn dieses Ziel zunächst schwer zu durchschauen ist. Oder wie es Schlagzeuger Matthew Hague im Video zu "Lemon" so schön sagt: "All of our songs are insane!"

Liam McCormick's Gesang ist erneut ein zentrales Element des DAOBOYS-Erlebnisses. Er wechselt mühelos zwischen heftigen Screams, gutturalem Growls und tollen melodischen Passagen. Seine Performance ist intensiv und ein tragendes Element des Albums. Zum musikalischen Irrwitz gesellt sich auch noch der lyrische Wahnsinn, der doch ziemlich an die lange verblichenen Progressive-/Alternative-Metaller THE THOUGHT INDUSTRY erinnert und mit wunderbaren Songtiteln wie "Tears On Lambo Leather" oder "The Demon of Unreality Limping Like a Dog" aufwartet.

"I Don't Want to See You in Heaven" ist kein Album für den bequemen Hörer. Es fordert Aufmerksamkeit, Geduld und die Bereitschaft, sich auf unkonventionelle musikalische Pfade zu begeben. Wer sich jedoch darauf einlässt, wird jedoch mit einem ungewöhnlichen Hörerlebnis belohnt, mit dem THE CALLOUS DAOBOYS beweisen, dass Metalcore noch lange nicht auserzählt ist. Dieses Album ist ein Muss für alle, die nach etwas wirklich Neuem und Aufregendem in der aktuellen Musiklandschaft suchen.

 

 

 

 

I Don't Want to See You in Heaven


Cover - I Don't Want to See You in Heaven Band:

THE CALLOUS DAOBOYS


Genre: Metalcore
Tracks: 13
Länge: 57:13 (CD)
Label: MNRK heavy
Vertrieb: SPV