Review:

Two-Faced (Re-Release)

(Tankard)

Und weiter geht’s mit Album Nummer sechs. Wir befinden uns im Jahr 1994 und seien wir uns ehrlich: Der Thrash Metal liegt am Boden. Die großen Bands haben die Bremse und die Melodie für sich entdeckt, die zweite Reihe löst sich auf oder verzettelt sich in massig Experimenten, die nicht wirklich der Weisheit letzter Schluss sind und im Underground ist Thrash jetzt auch nicht gerade die Musik der Stunde und sogar bei TANKARD beginnt ein Wandel, allerdings findet dieser nachvollziehbar und authentisch statt und man nimmt lieber ein paar vertickte Alben weniger in Kauf, als sich komplett dem Zeitgeist anzubiedern.

Nichtsdestotrotz ist „Two-Faced“ lyrisch das mit Abstand ernsteste und düsterste TANKARD Album und auch musikalisch stellt man sich breiter auf als je zuvor.

Der einzige „Sauf-Song“ ist das Straßenjungs-Cover „Ich brauch‘ mein Suff“ und ist auf „Two-Faced“ sowas wie der „Freibier“ Nachfolger.

Abseits davon regieren ernste Themen wie Kriminalität, Politik, Nationalismus etc. Obwohl TANKARD immer schon ernstere Themen anschlugen, nahm man ihnen das Weglassen der allzu offenkundigen Funsongs etwas übel, und so war „Two-Faced“ nach „Stone Cold Sober“ ein weiterer kommerzieller Rückschritt, was weder der Band noch dem Album gerecht wird.

Das Mehr an Melodie stand TANKARD durchaus gut zu Gesicht, denn sie verstanden es, trotzdem nicht gänzlich aufzuweichen, sondern ihren ureigenen Kosmos durch ein paar Farbtupfer zu erweitern.

„Death Penalty“, „Betrayed“, „Cities In Flames“, „Two-Faced“ und „Mainhatten“ sind pure Thrasher. Der eine oder andere Song hat zwar ein paar Tempiwechsel mehr als früher, aber unterm Strich ist das schon sehr klassischer Stoff. Mit „R.T.V.“, „Cyberworld“ und „Jimmy B. Bad“ gibt es punkige Speed Metal Nummern, die seit „Zombie Attack“ ein Teil TANKARDs sind, nun halt mit besseren Melodien. Gerade Gerre verzichtet darauf nur zu schreien und beginnt tatsächlich zu singen (!).

„Nation Over Nation“ gemahnt im klassischen Speed Metal Stil daran, dass bei aller kulturellen Identität keine Nation über einer anderen steht.

Das folgende „Day Of The Gun“ ist dann der erste richtig langsame Song von TANKARD, aber auch hier geben sich die Herren keine Blöße. Eine gelungene Erweiterung des TANKARD-Sounds. „Up From Zero“ ist dann der dritte Song, der von der klassischen „TANKARD-UfftaUffta-Formel“ abweicht. Allerdings erinnert er doch ein wenig zu sehr an den Bandhit „Space Beer“.

Alles in Allem ist „Two-Faced“ ein fettes Ausrufezeichen in den schwierigen 90ern. TANKARD schafften es sich nicht zu wiederholen, den Zeitgeist aufzugreifen und sich trotzdem treu zu bleiben und das ist aller Ehren wert, denn das haben in dieser Zeit die Wenigsten geschafft.

Auch hier gibt es das Interview mit Xavier Russel, keine Texte aber dafür 5 Songs vom 90er Berlin Gig.

 

 

Two-Faced (Re-Release)


Cover - Two-Faced (Re-Release) Band:

Tankard


Genre: Thrash Metal
Tracks: 17
Länge: 77:21 (CD)
Label: Noise Records
Vertrieb: Warner Bros.