Review:

MCMXCV

(Subway To Sally)

Wenn man auf einem Konzert sowohl in seltsame Gewänder gehüllte Folk - Rocker, deibelisch angepinselte Schwarzwurzel - Anhänger, volltrunken durch die Botanik grunzende Todesblei - Schwadronen, schlichte Traditionsbanger mit PRIEST, - und MAIDEN - Shirts, pseudointellektuell dreinblickende Philosophiestudenten, als auch einfach nur partywillige Normalos antrifft, kann es sich eigentlich nur um SUBWAY TO SALLY handeln, die dort einen ihrer meist denkwürdigen Gigs abreißen. Obwohl die Band schon seit 1990 existiert (diverse Projekte einiger Mitglieder reichen sogar bis in die frühen 80er zurück!), kam der erwartete Aufschwung Ost der Potsdamer noch nicht mit dem zwar netten, aber noch wenig wegweisenden Debüt, sondern mit einer Platte, die sie schlichtweg nach dem Jahr ihrer Erscheinung betitelten: "MCMXCV". Die von den Fans sinnigerweise nur "1995" genannte Scheibe ist für den deutschen Folk - Rock/Metal so etwas wie es etwa "The Number Of The Beast" für den Traditionsstahl darstellt. Zwar wirkt die Produktion aus heutiger Sicht etwas schwächlich und hat mit späteren Riffgeschossen, wie sie auf "Hochzeit" zu finden sind, noch nichts am Hut, doch gehören die Kompositionen zu den Allerbesten, die von einer deutschsprachigen Band jemals veröffentlicht wurden. Die sowohl mitbang, - als auch stark tanzkompatiblen Stücke zeichnen sich nicht nur durch die sehr energiegeladene und seinerzeit noch hochoriginelle Instrumentierung aus, sondern auch durch die (meist von Bodenski verfassten) Texte, die besser kaum sein könnten. Die SUBWAYs schafften es, die durchweg düsteren Themen mit sehr viel Wortwitz, Emotionen und augenzwinkernder Heiterkeit zu erfüllen und sie gleichzeitig für jedermann (ohne ausgiebiges Literatur, - und Philosophiestudium) verständlich zu gestalten. Während die "A - Seite" des Albums ausschließlich Gänsehauthymnen bereithält, gibt man sich auf der zweiten Hälfte etwas experimentierfreudiger und präsentiert mit "Erdbeermund", "Banks Of Sicely" und dem oberkultigen "Der Bräutigam" (kombiniert mit dem Vorgänger "Die Braut" vom Debüt ein absolutes Stimmungshighlight!) einiges an altem Folkgut, das die grandiosen Eigenkompositionen perfekt ergänzt. Wer nur einmal in seinem Leben die Klassiker "Krähenfraß" (sehr intelligente Kritik am Militarismus), "Grabrede (Mit Knochenpolka)" (obergeil!), die zynische Partygranate "Arche" (böse und gleichzeitig mit viel guter Laune gespielt - Hammer!), "Sommertag" (geniale Ballade), "Auf Der Flucht", "Die Hexe" (unglaublich!), "Die Jagd" und das alles überragende "Requiem" (der meiner Meinung nach immer noch finsterste und vielleicht beste STS - Song überhaupt) gehört hat und Musik mit viel Herz und Hirn schätzt, wird dem Album - und der Band - auf ewig verfallen sein. Und obwohl diverse Nachfolger wie "Foppt Den Dämon", "Hochzeit" und "Herzblut" eigentlich genauso brillant sind, schätze ich "1995" immer noch am Meisten im mehr als eindrucksvollen Backkatalog der Folkies. Wenn das in den späteren Jahren viel umkämpfte Genre des (deutschen) Folk - Rocks überhaupt so etwas wie einen "Ur - Klassiker" hervorgebracht hat, dann ist es dieses Götterwerk hier!!!

MCMXCV


Cover - MCMXCV Band:

Subway To Sally


Genre: Folk
Tracks: 12
Länge: 43:14 (CD)
Label: Stars In The Dark
Vertrieb: Vielklang