Review:

Where the Wild Things Are

(Steve Vai)

TIPP
STEVE VAI ist schon ein ganz großer Gitarrist und natürlich viel mehr als nur ein freakiger Schredderkönig mit viel Posing und noch mehr Show wie ihn manche seiner ärgsten Kritiker gerne mal etwas hinstellen wollen.
Das hat schon was von einem Magier, wenn er mit seinem langen bestickten Mantel, cool designter Brille und einer grün hinterleuchteten Gitarre auf die Bühne kommt. Der Mann legt gleich los wie die Feuerwehr, auf seinem wahrscheinlich handgeklöppelten Teppich entlockt er seinem Instrument die abgefahrensten Töne und überzeugt auch im perfekten Zusammenspiele mit einer absolut klasse Band. Die darf rein musikalisch keinesfalls nur als notwendige (Hintergrund-)Staffage agieren sondern durchaus eigene Akzente setzen. Insbesondere durch die Hinzunahme von gleich zwei tollen Geigen-Akteuren gewinnt diese Darbietung nocheinmal an Dynamik und Interaktion und so entsteht ein wirklich atemberaubender Mix aus Rock, Jazz, Fusion Metal und diesmal auch noch Folk mit klassischen Elementen. Dies alles zusammen mit dem typisch Vai’schen Wahnsinn, der natürlich seine geniale Virtuosität nutzt um diese ausschweifenden Klangmalereien kombiniert mit knackigen Gitarrenriffs und Solis in Verbindung mit psychedelischen Einlagen aus dem Hänschen zu schütteln. Auch die experimentelle Seite kommt natürlich nicht zu kurz, hier wird ausgibieg soliert, gejammt und gerockt.

Diese neue, sehr üppige Doppel-DVD "Where The Wild Things Are" ist vom Titel und dem Gebotenem her durchaus wörtlich zu nehmen. Grenzen egal welcher Art sind für STEVE VAI sowieso nicht vorhanden, und wen die Gitarrenkünste des Maestros rein audiomäßig bisher nicht so recht überzeugt haben, dem sei diese DVD an Herz gelegt. Die gekürzte Normal-CD von diesem Konzert kann nicht annährend die zuvor beschriebene Eindrücke vermitteln und ist daher schlicht vernachlässigbar.

Dieses Konzert in Minneapolis aus 2007, das während seiner fast zweijährigen Tournee zu dem letzten Album "Sound Theories" mitgeschnitten wurde, ist schon etwas ganz besonderes. Ich konnte mir bisher nichts langweiligeres Vorstellen als eine fast dreistündige DVD eines Livekonzertes von einem Sologitarristen - STEVE VAI hin oder her, aber dieses Album hat mich eines Besseren belehrt. Das Ganze kommt tatsächlich meist sehr spannend und auch unterhaltend rüber auch wenn größtenteils nur wenig Gesang zu hören ist, sondern nur rein die Instrumente. Aber seine Mitmusiker sind schon selbst weltklasse, egal ob Ann Marie Calhoun (mit schönem Keyboardspiel und Violinenparts), Bassist Bryan Beller (spielt sehr sauber und klar mit schönem Groove aber auch funkig bei Bedarf), Alex DePue (Keys und Violine), der zweite Gitarrist Dave Weiner (eigentlich selbst ein hervorragender Solist darf sich hier einen ganzen Song selbst verwirklichen ) und dieses halbnackte Tier am Schlagzeug, Jeremy Colson. Man, der Junge hat es echt voll darauf, egal ob reduziert wie beim blusigen „Tender Surrender“ oder metallisch und dann dieses verrückte Solo am Ende der ersten DVD („Earthquake Sky“), der Hammer. Dabei bearbeitet er zunächst eine Art Schiebe-Umhängeschlagzeug mit Lichteffekten, Nebel und neckischer Totenkopfdeko und entlockt diesem Teil die wahnwitzigsten Sounds. Es werden insgesamt 27 Tracks geboten, stilistisch wie schon erwähnt höchst unterschiedlich, besonders gut gefallen haben mir das funkig-coole „Freak Show Excess“, das zunächst akustisch geprägte „All About Eve“ und das treibende „Fire Wall“, beides mit solidem Gesang, hört sich dann stimmlich etwas nach älterem BILLY JOEL an.
Der DVD-Sound ist brilliant klar, absolut sauber gemischt und in einem sehr transparenten 5.1 Mix absolut heimkinotauglich. Bild und Schnitte sind ebenfalls sehr musikdienlich und nicht zu effekthascherisch aufgebaut. Tatsächlich kommt hier echte Konzertstimmung bei den Zuschauern auf und dieser Gig bietet einige wahrlich faszinierende Momente – ja so muss ein Gitarrengott sich auch präsentieren.

Nach 2 Stunden 40 Minuten ist dann Schicht, danach gibt es aber noch als Bonus ein paar ganz lustige Interviews mit der Band sowie dem Meister himself und natürlich auch etwas "Behind The Scenes" Material. Außerdem bewirbt ein zweifacher Vai noch sehr geschäftstüchtig und auch recht witzig gemacht sein neustes Gitarrenpedal natürlich mit ausgiebiger Vorführung.

Der Man hat es wirklich voll drauf – nie war Instrumentalmusik so packend und unterhaltsam verpackt.

Where the Wild Things Are


Cover - Where the Wild Things Are Band:

Steve Vai


Genre: Progressive
Tracks: 27
Länge: 140:0 ()
Label: Favored Nations
Vertrieb: Rough Trade