Review:

INVIOLATE

(Steve Vai)

Sechs lange Jahre hat es gedauert, aber nun zeigt der Meister der elektronischen Gitarren allen selbsternannten Gitarrenhelden, wo der Hammer bzw. die Ibanez hängt. Ich, als Hobby-Gitarrist, hänge meine Gitarre zwar nach dem Konsum von „Inviolate“ nicht an den Nagel, aber das liegt nur an dem Umstand, dass ich mich mit meinen Unzulänglichkeiten abgefunden habe.

Fangen wir einfach mal beim Kracher „Knappsack“ an. Kracher deswegen, da das Stück mit nur einer Hand eingespielt worden ist. STEVE VAI wurde an der Schulter operiert, aber meinte, dass man natürlich auch mit der linken Hand und der Legato-Technik ein brauchbares Stück zusammenzimmern könnte. Tja, Mission erfüllt und bei mir bleibt nur ungläubiges Kopfschütteln.

Songs wie „Zeus In Chains“ und „Apollo In Color“ treiben den Hörer mit fantastischen Gitarrenmelodien an den Rand des Wahnsinns – dies ist auch ein Grund, warum ich STEVE VAI anderen Gitarrenhelden vorziehe. Der Meister kann zwar schnell, aber muss dies noch lange nicht beweisen. Ein langer Ton, der exakt gespielt wird, hat die gleiche Aussagekraft wie tausend Noten und ist in der Spielweise auch extrem anspruchsvoll. „Theeth Of The Hydra“ sorgt für einen Brückenschlag zum Coverartwork. Eine Kreatur aus drei Gitarrenhälsen schmückt das Cover von „Inviolate“ und irgendwie klingt der Song auch nach dem Kampf zwischen der Hydra und dem musikalischen Können von STEVE VAI. Ein wenig beschaulicher wirkt der Song „Little Pretty“, der mir fast eine Ecke zu sehr vom Blues beeinflusst ist, aber das ist natürlich den ZAPPA-Einflüssen zu verdanken, die STEVE VAI niemals verleugnen kann und soll. „Avalancha“ ist ein wenig ungewöhnlich, da der Song ein wenig hektisch durch die Boxen kommt. Natürlich spielerisch wieder oberste Güteklasse, aber Vai kommt irgendwie nicht auf den Punkt und ein roter Faden ist nicht zu entdecken. Natürlich Meilenweit entfernt von einem Totalausfall, aber „Avalancha“ bietet nicht das gleiche Niveau wie die sieben weiteren Songs.  Die weiteren Songs sind alle gutklassig und bieten Instrumentalmusik im Bereich Blues bis hin zu klassischen Hardrock-Strukturen. Alles natürlich mit der besonderen Note des Saitenhexers.

Fazit – „Inviolate“ kommt für mich nicht an den Vorgänger „Modern Primitive“ heran und natürlich nicht an „Sex & Religion“, aber mit STEVE VAI ist in jedem Fall noch immer zu rechnen. Mir sind die Songs nicht zielgerichtet genug und manchmal will der Meister ein wenig zu viel. Mir fehlt ein wenig die klare Linie, aber wer bin ich schon, dies beurteilen zu können? STEVE VAI muss niemand etwas beweisen und wenn er die Songs von „Inviolate“ für gut befindet, dann steht mir wirklich nicht der Sinn danach, ihm das streitig zu machen. Es gibt Menschen, deren Schaffen nicht von einem kleinen Schreiberling beurteilt werden sollte. Fragt mich trotzdem jemand: Ja, die Scheibe ist völlig in Ordnung!


INVIOLATE


Cover - INVIOLATE Band:

Steve Vai


Genre: Hard Rock
Tracks: 8
Länge: 40:32 (CD)
Label: Mascot
Vertrieb: Rough Trade