Review:

A Steady Drip, Drip, Drip

(SPARKS)

TIPP

Die SPARKS! „This Town Ain’t Big Enough For Both Of Us” war 1974 ein Riesenhit. Aber eigentlich zu wenig für eine Kapelle zweier Up-„Seventeens“, die bald „Goldene Hochzeit“ als Duo feiern und auch bei der Anzahl der Langspieler am Silbernen Jubiläum der Vermählung kratzen. Aber sie hatten eben nur einen „Smasher“, vielleicht zwei, wenn der geneigte Musik-Historiker „The Number One Song in Heaven“ dazu zählt. Und dennoch begeistert das Brüder-Duo Russell und Ron Mael seit Jahrzehnten Tonnen von Musikern, vom gleichzeitigen Einfluss auf selbige ganz zu schweigen. Man müsste sich mal vorstellen, um wieviel (noch) belangloser die Pet Shop Boys wären, hätte es die SPARKS nicht gegeben. Puuh. Und auch Queen und deren Freddy zählten die SPARKS der Sage nach zu ihren Einflüssen. Was zu passen scheint. Fest steht: Wer sich mit diesen Amerikanern beschäftigt, merkt, dass sie für eine Seite des Landes stehen, denen es deren Oberhaupt verleiden will: open-minded und kritisch (gegen Trump, Smombies, Naturschutz,  Macho-Rollen etc.). Und diese Offenheit braucht jeder Hörer, auch die Leser dieser Seite. Musikalisch bezeichnete das Feuilleton die beiden Herren oft als „Staubsauger des Pop“  – eine zu vielen Seiten sehr despektierliche Formulierung. Wenn man die Musik schon mit einem Küchengerät vergleichen möchte, dann muss doch so eine teure sein: also lieber Thermomix als Kobold! Denn natürlich verarbeiten die beiden Männer alles, was ihnen vor die Finger kommt zu einem individuellen Art-Pop, und schaffen sozusagen eine Corporate Identity für die Ohren. Heraus kommen tolle Songs wie der Opener „All That“, der gleichzeitig optimistisch wie melancholisch klingt. Oder das beinahe nervige „Lawnmower“. Das fast hymnische „Sainthood Is Not In Your Future” oder das operettenhafte “Pacific Standard Time”– eigentlich sind alle Songs toll, aber eben auch nur dicht dran am wirklichen Hit ­– wobei: Die Single „Self Effacing“ ist wohl tatsächlich ein Ohrwurm. Mit „Stravinsky’s Only Hit“ zitieren sich die SPARKS selber, ein Song wie eine Zirkusnummer. „Please Don’t Fuck Up My World“ steht als gelungenes Schlusswort wie ein trauriges Monument, ein Weihnachtslied für Selbstmörder. Eine Bitte geht an die SPARKS: Schreibt nie einen belanglosen Chartstürmer, sondern bleibt das, was ihr immer schon seid, eine wirklich einzigartige Formation! Gleichzeitig erscheint das Duo auf wohlige Weise konventionell: Denn gerade mit vielen Überraschungen ist es sich sehr treu. Und das liegt nicht am Bart oder der ewig zitierten Falsett-Stimme. Sondern an der Kunst, die dieses Duo mit „A Steady Drip, Drip, Drip” auslebt. Die wirkt ironisch, hintergründig, böse, Kammerspiel-artig, Stadion-rockig und irgendwie comichaft, alles zugleich. Und sie ist groß, die Kunst der SPARKS, wirklich groß.

 

A Steady Drip, Drip, Drip


Cover - A Steady Drip, Drip, Drip Band:

SPARKS


Genre: Pop
Tracks: 14
Länge: 54:19 (CD)
Label: BMG
Vertrieb: Warner