Review:

The Beauty Of Contrast

(Sinew)

TIPP
Ungewohnte Töne kommen aus den Boxen. Alveran Records stehen gemeinhin für Hardcore in allen Varianten, aber SINEW haben damit so gar nichts am Hut. Die Marburger fischen in Alternative-Gewässern, ohne auch nur in die Nähe von corigen Tiefen zu kommen. Im Gesang eine Mischung aus INGNITE (ohne die ganz hohen Passagen) und SYSTEM OF A DOWN, gehen SINEW bei der Gitarrenarbeit individuellere Wege und lassen sich schwerlich mit anderen Bands vergleichen. Harte Riffs gehen Hand in Hand mit düster-depressiven Tönen, um im nächsten Moment ordentlich zu braten („Eidolon“). Die Songs erfassen so eine enorme Spannbreite an Stimmungen, die von finnisch-depressiv bis hoffnungsvoll reicht, von wütend bis verängstigt. Die zwölf Songs verlangen Zeit und Aufmerksamkeit, um ihr volles Potential zu entfalten und in ihrer Komplexität greifbar zu werden. Wer sich darauf einlässt, wird mit einer gelungenen, eigenwilligen Rockplatte (im weitesten Sinne) belohnt. Alveran-Jünger sollte aber nicht blind zugreifen, Moshparts gibt es hier nicht. (lh)





Gleich vorweg: Das hier vorliegend Album "The Beauty Of Contrast" von SINEW ist das bisher Beste, was ich musikalisch in diesem Jahr gehört habe, und dies war nicht gerade wenig. Diese junge Formation legt ein durch und durch souveränes Debütwerk vor und beweist jetzt bereits sehr hohes internationales Format. Dabei kommt diese Kapelle rfreulicherweise auch noch aus hiesigen Breitengraden nämlich mitten aus der hessischen Provinz Marburg. Gegründet wurde dieser Fünfer bereits 2004, trotz numerisch gleich zweier Tastenmänner ist der hier geboten Stil keinesfalls bombastischer oder epischer Progrock sondern laut eigener, wie ich finde herrlich gelungener Stilisierung mal etwas ganz neues: „Cinemascopic Alternative Rock".

Ebenfalls im Gegensatz zu vielen derzeit verstärkt in Mode zu kommenden Promo-Märchentexten, halten SINEW auch inhaltlich ihren hochwertigen Vorbildern stand, denn hier werden zu Recht Hochkaräter wie DREDG, TOOL oder gar MUSE als inspirierende Elemente genannt.

Trotzdem machen die Jungs ihr höchst eigenes Ding - eine Art Melange aus Metal (Core), Indie, Prog Rock und einem großen Schuss Alternative. Gleich der packende Opener „The Allegory Of The Cave" fährt mit einem unheimlich fetten Sound auf, sehr kernig-riffig mit scharfen Gitarren treffen auf meist harmonische Parts mit einer typisch melancholisch gehaltenen Gesangsmelodie mit fast schon popig eingängiger Hook (und davon gibt es auf der CD eine ganze Menge). Sänger Sascha ist sehr ausdrucksstark, variabel in seinen Ausdrucksformen (Singen & Schreien) und damit ein wirklich Guter. Der Song steigert sich klasse kontinuierlich hoch, in den letzten Part wird es erst sehr schnell und metallisch, dann kommen füllige Streicherparts im Hintergrund und heftige aggressive Screams. Solche Wechsel und abwechslungsreiche Arrangements sind typisch für dieses klasse Album. Etwas einfach aber nicht weniger packend folgt dann "Eidolon" zunächst etwas gedrosselter mit schönem Refrain daher aber dann setzen fette Gitarrenparts mit Schrei-Parts ein und geben dem Song die nötige Energie. „The Beauty Of Contrast" schafft fast durchgehend den Spagat zwischen Melodien, hartem Stoff und auch einen Schuß Artrock. Diese Kontraste werden immer wieder die stimmlichen Gegensätze bestens Ausgedrückt, zum Glück übertreibt man es nicht zu stark mit den derben Spitzen. Immer wieder werden auch mal Sprachsamples eingebaut, die ebenfalls als Hauptelemente für den eigenständigen Sound von SINEW („Sehne“) stehen und so ein stetiges Wechselbad von Gefühlen und Sounds auf den Hörer loslassen. „One Drop" ist ein gutes Beispiel dafür, hat stellenweise was von alten LINKIN’ PARK mit leichter Crossoverschalgseite. „Dystopia" hat was von DEAD SOUL TRIBE mit diesen vielen vertrackten Riffs sowie Rythmuswechseln und einer meist obligatorisch sehr leichtfüßig daherkommenden, leicht pathetischen Gesangsmelodie, zwischendurch wird auch wieder gekonnt das Tempo rausgenommen. Als eine Art Vorspiel folgt dann das kurze „Boiling Water At 70°C", eine andächtige Fingerübung die über das ebenfalls knapp gehaltene soundtrackartige „Pre-Vision" überleitet zu dem teilweise recht aggressiv-heftigen „Pre-Existence“ mit mächtigen Stakkatoriffs. Der Track "Sin Nada De Nada" wird rein von sich parallel zu den Instrumenten hochsteigernden weiblichen Sprachsamples getragen, dies ist vielleicht der einzig mittelmäßige Song, mir fehlt da die normale Stimme noch dazu. Apropos fehlen, Solos jedweder Art wird man bei den Hessen vergeblich suchen, es herrschen hier die Akkorde, aber bei solch inhaltlich bestens geschlossener Parts und kompakter Gesamtkunstwerke werden sie auch nicht wirklich vermisst. Mein persönlicher Favorit ist "Charging Loki" mit einem tollen melodramatischen Charakter, gelungenem Spannungsaufbau, dichter Atmosphäre, aufwühlenden Vocals und furiosem Finale. Relativ spröde, fast etwas psychedelisch kommt dann die Schlussnummer "Lost/Found" daher, aber mit dem sehr differenzierten Schlagzeugsound und betont groovigen Bass birgt der Song einen weiteren gelungene Kontrast zum davor Gehörten.

SINEW - diese Band muss einfach mal etwas Großes werden, wenn nicht, versteh ich die Welt nicht mehr!

The Beauty Of Contrast


Cover - The Beauty Of Contrast Band:

Sinew


Genre: Alternative
Tracks: 12
Länge: 52:11 (CD)
Label: Alverane Records
Vertrieb: Soulfood Music