Review:

Tree Of Life

(Silent Tempest)

Eine weitere Gothic Formation könnte man fälschlicherweise beim ersten Betrachtes des typisch düsteren (aber sehr gelungenen) Covers sowie der Schriftart annehmen. Aber der erste Eindruck täuscht gewaltig, genauso wie die Firmierung, die ebenfalls an die Kajalaugenschminkfraktion denken ließe - SILENT TEMPEST nennen sich diese Musiker etwas bedeutungsschwanger. Von "Drüben" stammend, genauer gesagt aus der Nähe von Magdeburg, ist "Tree Of Life" das Erstlingswerk und darf man den einzelnen Bios der Hauptdarsteller glauben schenken, dann haben diese vier jungen Herren Danny Priebe (Gitarre & Gesang), Mario Bärecke (Bass), Matti Gralka (Schlagzeug) sowie Sebastian von Enzberg (Keyboard) bereits diverse musikalische Erfahrungen sammeln können. Dies hört man deutlich durch und so sind die eigenen Ansprüche ebenfalls recht ansprechend. Sound sowie die stilistische Ausrichtung sollen recht vielfältig irgendwo zwischen ungezügelt stürmisch und zärtlich, laut und gefühlvoll, vorwärts-treibend und atmosphärisch ausfallen und so will man sich in die Ohren und Herzen der Hörerschaft hineinspielen. Das Ergebnis dieser ersten professionellen Studioaufnahme nach dem 2005’er Demo "Life´s Lessons" ist wahrlich so schlecht nicht und ja, die gebotenen 40 Minuten haben tatsächlich einen ganz eigenen Klang. SILENT TEMPEST lassen erfreulicherweise wenig bis gar keine Schubladenvergleiche zu. Die selbst genannten Vorbilder wie DREAM THEATER, PORCUPINE TREE oder die göttlichen TOOL sind wohl allenfalls Lieblingsbands aber musikalisch völlig andere Baustellen. Tatsächlich kann dieser Mix aus melancholischen Melodien mit mal aufbrausend-energetischen Leadvocals dann wieder etwas zurückgenommen fast zerbrechlich sowie fette Gitarrenriffs mit vielen verschiedenen Rhythmen und Breaks im Wechsel überzeugen - die Mucke hat schon etwas recht eigenes. Der Begriff Progressive Rock trifft es insgesamt schon aber auch einen Tick Alternative oder Darkmetaleinflüsse sind heraushörbar. Was den Gesang anbetrifft, werden sich die Geister wohl etwas scheiden, die gefühlvollen, die langsameren Parts sind nicht das Thema (wobei auch hier noch am Vibrato gearbeitet werden müßte) aber wenn Meister Priebe etwas mehr aufzieht und aggressiver/härter klingen möchte dann hört sich dies recht kehlig-heißer im besten Timbre von Jon Oliva (SAVATAGE) an. Gefällt mir jetzt trotzdem net schlecht. Die Frage ist nur, ob dieser sicher anstrengende und stimmbandbelastende Art so zu singen noch weiter ausbauen läßt oder ob dies auf Dauer gesundheitlich gut geht. Singen kann der Junge aber auf jeden Fall, lasst euch bloß von irgendwelchen Kollegen da was einreden. Was mir, außer der etwas zu flachen Produktion leider gar nicht gefällt, ist der oftmals zu helle Schlagzeugsound, der außerdem stellenweise extrem beckenbetont ausgefallen ist, da scheppert und zischt es manchmal recht grausig. So wird leider der erste (instrumentelle) Teil von "Tree Of Life" (eine in vier Teile gegliedertes 15-minütige recht anspruchsvolle Progrockachterbahn), ziemlich verhunzt, da die Drums zu dominant sind. Ansonsten bieten hier SILENT TEMPEST fast ProgMetal pur aber bei den nächsten Parts geht es dann fließend ineinander über mit flotten Progrockvibes, virtuosen Gitarrensoli. Der Bass groovt dabei stets ordentlich, die Gitarrenarbeit (manchmal ein wenig schräg) überzeug ansonsten mit einigen sehr schnellen klasse Läufen. Die Keys sind betont abwechslungsreich (meist im Hintergrund) gehalten, bei manchen Pianoparts klingen sie mitunter etwas unhomogen holzig hinter der Rhythmusfraktion. Bei der wunderbaren Powerballade "Worthy To Wait" überzeugt der dichte Streichersound und schafft viel Atmosphäre ohne jeden Kitsch. Die Band liebt die Wechselspiele, mitunter werden fast soundtrackartig einige melodramatische Momente miteingebaut, dies kommt dann beinahe schon experimentell. Mein Favorit ist gegen Ende "Time" eine sich langsam immer mehr steigernde Nummer mit tollem Spannungsbogen sowie furiosem Schluss. Aber auch der letzte Albumsong "Just In Case" hat es in sich ausdrucksstarker Gesang hin und her gerissen mit tollen spacigen Keys - ja so muß abwechslungsreiche (Prog) Rockmusik klingen.

SILENT TEMPEST sind absolut talentiert, bieten für einen Underdog schon sehr viele gute Ansätze mit großem Einfühlungsvermögen, haben aber auch noch genügen Potentiale für den nächsten wichtigen Schritt in der Bandentwicklung.

Tree Of Life


Cover - Tree Of Life Band:

Silent Tempest


Genre: Progressive
Tracks: 8
Länge: 39:6 (CD)
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