Review:

Amaryllis

(Shinedown)

Das hat ja leider etwas lange gedauert, bis SHINEDOWN in die Pötte gekommen sind und den Nachfolger ihres 2008er Hammerwerkes “The Sound Of Madness” gebacken bekamen - aber nun gibt wieder was Neues: der aktuelle Silberling nennt sich zwar etwas blumig „Amaryllis“, ist aber alles andere als zart oder gar soft.

Warum diese Band hierzulande immer noch einen Insiderstatus genießt, ist mir absolut schleierhaft, denn ihren erfrischenden Hard/ Alternative Rock muß sich vor keiner Bands ähnlicher Couleur verstecken. Klar, war der überall zu hörend Hit „Second Chance“ damals schon der Durchbruch in Europa, aber so der letzte Tick hat gefehlt. Denn was durchaus vergleichbare Acts wie NICKELBACK, CREED oder 3 DOORS DOWN musikalisch, aber vor allem inhaltlich, so drauf haben, können SHINEDOWN in allen Belangen locker toppen. Der blind zu empfehlende Vorgänger wurde mehrfach mit Platin ausgezeichnet und auch dieser vierte Longplayer der Herren aus Florida hat das Zeug zu einem Kracheralbum des Genres. Diese (noch) rein äußerlich vermeintlich etwas zurückhaltende Band hat nämlich alles was man braucht, um richtig durchzustarten: einen Klasse Sänger, nicht so soft, sehr variabel im Timbre und dabei trotzdem individuell klingt und hochklassiges Songwriting - sehr abwechslungsreich und die Arrangements sitzen einfach perfekt. So sind einfach tolle Songs entstanden, die schlichtweg gut reinlaufen, ohne ständig an alte Kapellen zu erinnern. Die zwölf Songs machen allesamt großen Spaß, zuerst dachte ich die Band kann den Vorgänger nicht ganz erreichen, aber nach vier Durchläufen war klar das Niveau wurde gehalten, was nach der Vorleistung nicht einfach war.

Die neue Scheibe wurde sehr erfreulich auch mit einigen recht heavy daherkommenden Riffs versehen, gleich der Opener „Adrenaline“ kommt recht heftig mit relativ sperrigen Grunge-Riffs daher, sogar Doublebass zu Beginn und Sänger Brent Smith (der sogar richt aggressiv singt/ shouted) klingt was wie ein „kleiner“ Hetfield . Auch die klasse erste Single „Bully“, mit ein paar Rapparts garniert, geht in diese Richtung, und etwas Härteres als dass harsch-aggressive „Enemies“ hat es von SHINEDOWN wohl bisher nicht gegeben.

Anders als viele Kollegen des Hartwurstbereiches übertreiben es die Amis nicht mit zuviel balladeskem Krempel (da könnten sich GOTTHARD mal ein Beispiel nehmen), wenn auch auf diesem Silberling die gefühlvollen Parts nicht fehlen dürfen. Aber auch dies machen die vier Musiker etwas anders: nicht nur nach Schema F produzierte zuckersüße Balladen, sondern hier wird viel an den Details und am Tempo gearbeitet.

Es gibt aber auch lockere Sachen wie der entspannte Titelsong mit schönen Streichern oder das hymnische „Unity“, dann natürlich der vermeintliche Hit des Albums für die Charts: „Miracle“ ist da der potentielle Nachfolger von „Second Chance“. Mein Favorite ist ganz klar das melodramatisch-kraftvolle „For My Sake“, diesen Refrain und die Bridge davor krieg man nicht mehr aus dem Kopf. Den würdevollen Schluss des Albums wird das akustisch startende „Through The Ghost“ mit toll-opulenten Orchesterarrangement - mit leichtem Pathoseinschlag kommt dieser einfach bombastisch packend rüber.

SHINEDOWN haben auf diesen zwölf Tracks mit einer super klaren Produktion (Rob Cavallo) erneut bewiesen, dass man zu den besten Kapellen des Genres gehört. Mitreißende Rocknummern mit viel Dynamik, Frische und Inhalten überzeugen auf ganzer Linie. Dagegen ist das zahnlose VAN HALEN-Comeback nur ein laues Lüftchen.

Somit steht "Amaryllis“, mal vom relativ unspektakulären Coverartwork abgesehen, auf gleicher Stufe wie der überragende Vorgänger „The Sound Of Madness". Und dies ohne sich einfach zu kopieren, es findet hörbar eine Entwicklung statt, insbesondere was die Heavynuancen betrifft, so darf dies zukünftig gerne weitergehen. Und jetzt dann bitte mal auch ne richtige Tour bei uns.

Amaryllis


Cover - Amaryllis Band:

Shinedown


Genre: Alternative
Tracks: 12
Länge: 44:23 (CD)
Label: Roadrunner Records
Vertrieb: Warner