Die lange Zeit des Wartens hat endlich ein Ende: Es ist für die US Band SHADOW GALLERY anscheinend üblich gewordenen im drei Jahres Rhythmus eine CD zu machen und nun liegt mit „Legacy“ wieder ein nagelneues Album vor. Bereits nach einem Hördurchgang, über 72 Minuten äußerst abwechslungsreicher Musik hinweg, kann beruhigt festgestellt werden: Die Jungs haben sich noch einmal gesteigert und nach dem herausragenden „Tyranny“ ein weiteres Meisterwerk für den Prog-Rock/Metal Bereich abgeliefert. Ohne Übertreibung handelt es sich hierbei bereits jetzt um einen ganz heißen Anwärter auf die CD des Jahres 2001 für dieses Genre. Obwohl ich solche Vergleiche oder Typisierungen normalerweise nicht all zu sehr mag, muß in diesem Fall einfach zum Wohle der Band folgendes bemerkt werden: Fans von Savatage und Dream Theater Mucke sollten nach deren letzten eher nur durchschnittlich geratenen Outputs hier unbedingt einmal ein (besser zwei) Ohren riskieren. Ihr werdet keine Enttäuschung erleben – ganz im Gegenteil. Auf „Legacy“ verstehen es SHADOW GALLERY einmal mehr tolle Melodien mit viel Atmosphäre durch originell umgesetzte Klangbilder auf der Grundlage eines sehr ideenreichen Songwritings zu präsentieren. Verbunden mit einer druckvollen Produktion und dem nötigen Härtegrad ergibt sich ein harmonisch perfektes Album. Geradezu charakteristisch sind dabei die mehrstimmigen Harmoniegesänge, episch anmutende Pianoballaden wie z.B. das wunderbare „Colors“, die in sich selbst schon kleine Opusse darstellen sowie melodisch/zweistimmige Gitarrenläufe die SHADOW GALLERY ein absolut eigenständiges Profil sowie einen hohen Wiedererkennungswert verschaffen. Nach dem bereits 1992 erschienen selbstbetitelten Debüt „Shadow Gallery“ (im Wohnzimmer aufgenommen, daher mit etwas bescheidener Soundqualität) folgten 1995 „Carved in Stone“ (etwas komplexer mit vielen epischen Momenten) sowie das 1998 von der Kritik mit viel Lobeshymnen überhäufte „Tyranny“ (war etwas mehr heavy ausgeprägt). Grundsätzlich ist nach jedem neuen Album eine konsequente qualitätsmäßige Weiterentwicklung festzustellen bzw. auch die heavyness nahm, wenn auch nur um kleine Nuancen, etwas zu. Die Songs des Sechsers aus Pennsylvania werden in der Hauptsache von Mastermind Carl Cadden James (Bass, Vocals, Flute), Gary Wehrkamp (Guitars, Keys, Bass, Sound Efffects) sowie Brendt Allmann (Guitar, Vocals, Keys) geschrieben, wobei besonders die abwechslungsreiche Instrumentierung für sich selbst spricht. Die angenehme und prägnante Stimme von Mike Baker hebt sich äußerst wohltuend von den vielen ähnlich klingenden, mit sirenenartigen Timbre versehenen, Vokalakrobaten anderer Formationen ab. SHADOW GALLERY beweisen eindrucksvoll ihr gutes Händchen für feine Melodien, Komplexität und absolut mitreißende Chorpassagen. Gegenüber dem letzten Album wirkt „Legacy“ etwas gemäßigter und pendelt stilistisch zwischen melodischem Prog-Metal und atmosphärischem Prog-Rock hin und her. Für die ganz harten Progressive-Fans sind aber immer noch genügend Breaks, Tonart- und Tempowechsel vorhanden wie u.a. beim zweiten Teil des Openers „Cliffhanger 2 – The Crusher“. Selbst hierbei verzetteln sich Shadow Gallery, im Gegensatz zu anderen Bands in diesen Bereichen, nicht in endlosem Gefrickel oder Soloorgien, und verlieren so auch niemals die Bodenhaftung d.h. den Bezug zu ihren Songs. Hier kommen sowohl (anspruchsvolle) Musiker als auch „normale“ Fans auf ihre Kosten trotz aller Komplexität. Die hohen technischen Fertigkeiten stehen nicht allein im Mittelpunkt (DT) sondern alle Mitglieder stellen sich mit ihren Instrumenten voll in den Dienst der Songs. Dies schafft Atmosphäre und nähe anstatt Sterilität und Distanz. Gerade die leicht, fließend daherkommenden kanonartigen versetzten Choruspassagen und Gesänge sorgen für Höhrvergnügen pur und verleihen der Band das gewisse Etwas. So erinnert bei „Destination unknown“ die etwas düstere Grundstimmung sowie der mittelalterlich anmutende Songaufbau etwa an eine typische Blind Guardian Nummer – einfach nur toll gemacht! In dem abschließenden 34 Minuten Teil „First Light“ zeigen SHADOW GALLERY noch einmal die ganze Breite ihres musikalischen Könnens, weitausufernde Melodiebögen kombiniert mit riffigen Gitarren und wohldosierten Keyboardsounds. Nach gut 24 Minuten scheint der Song zunächst auf zu hören um dann aber nach weiteren vier Minuten und einer kurzen „Türklopfklingeleinlage“ (was ein Wort aber selbst anhören) in ein furioses soundtrackmäßiges Finale zu münden – genial. Bisher waren SHADOW GALLERY leider einer der unterbewertesten Bands auf diesem unseren Planteten aber mit „Legacy“ sollte der endgültige Durchbuch gelingen. Die eingängigen Refrains erzeugen teilweise ein gewisses Mainstream Feeling (was ich nicht grundsätzlich schlecht finde!) und machen die Band daher auch für Leute interessant, die üblicherweise sonst mit metallisch/progressiven Klängen im weitesten Sinne nicht so viel anfangen können. Doch der Worte sind nun aber genug gewechselt. Aus all dem Gesagten folgt nur eine logische Konsequenz: Sofort die CD besorgen, zurücklehnen, anhören, staunen und einfach genießen!! Bleibt jetzt zum wirklichen Schluß noch zu hoffen, daß die Jungs jetzt endlich mal für ein paar Konzerte zu uns nach Europa kommen und wir diese genialen Musik livehaftig erleben dürfen.