Review:

Brot und Spiele - Klassik und Krawall

(SALTATIO MORTIS)

Mit „Brot und Spiele“ haben die Spielleute von Saltatio Mortis kommerziell ordentlich abgeräumt. Da die Kuh bekanntlich gemolken werden muss, so lange sie Milch gibt, folgt nun der nächste Streich in Form von „Brot Und Spiele- Klassik und Krawall“: das (nahezu) komplette Album noch einmal im klassisch arrangierten Gewand, ergänzt durch ein Live-Album mit weitestgehend identischer Songauswahl. Letzteres wurde lediglich um die älteren Songs „Wo Sind Die Clowns“, „Wachstum Über Alles“ „Eulenspiegel“ (bei denen man allerdings kaum von „alt“ sprechen kann) und „Spielmannsschwur“ ergänzt, bei ersterem fehlt bezeichnenderweise „Mittelalter“ – das Lied ist musikalisch kein großer Verlust (da war der Feder der Musiker in der Vergangenheit schon deutlich besseres entsprungen), aber die Aussparung ist nichtsdestotrotz symptomatisch für die neue musikalische Ausrichtung. Warum es von der sonst weitestgehend verschwundenen Mittelalter-Stilistik ausgerechnet deren primitivste Spielart, das Sauflied – hier vertreten durch „Nie Wieder Alkohol“—,in die neue Ära hinübergeschafft hat, bleibt indes rätselhaft.

Wie also mögen bewusst plakative, auf punkigen Deutschrock ausgelegte Songs und für gewöhnlich eher mit Feingeistigkeit assoziierte Klassik nun zusammengehen, fragt man sich? Tatsächlich gewinnt „Brot und Spiele“ mit seiner ursprünglich brachial die Moralkeule schwingenden „In Die Fresse“-Ausrichtung durch die neuen Arrangements zumindest musikalisch enorm. Natürlich ändern diese nichts an der textlichen Problematik, aber die klassische Instrumentierung schafft es durch ihre feine Zurückhaltung, die oftmals parolenhafte Polemik zumindest zu dämpfen und Melodien hervorzuholen, die in der Ursprungsversion im schrammelig-platten „Ohhh Ohhh Ohhh, Wir gegen den Rest der bösen Welt“-Pathos erbarmungslos niedergeknüppelt wurden oder im Einheitsbrei versanken. Wirklich subtil wird das Ganze dadurch freilich nicht und es funktioniert vorrangig dann, wenn die Spielleute sich verbal einigermaßen am Riemen reißen: Zeilen wie „Gebt uns noch mehr nackte Titten“ („Brot und Spiele“) oder „Du bist ein Arschloch“ („Besorgter Bürger“) zu lieblich-klassischen Klängen hingegen erinnern dann doch eher an eine Parodie. Auch „Nie Wieder Alkohol“ ist durch keine Instrumentierung der Welt zu retten – Alea gibt den verkaterten Zecher zwar durchaus überzeugend, aber das ändert nichts an der Frage, ob man einen solchen tatsächlich hören will. „Brunhild“ dagegen klingt im klassischen Gewand hübsch episch, die Instrumentierung erinnert mitunter angenehm an einen Soundtrack – die Untermalung des Songs im zugehörigen Video mit Bildern der weiten Landschaft Islands ist hier mit Bedacht gewählt. „Sie Tanzt Allein“ wiederum mausert sich zum netten melodiösen Pop-Song mit Klavieruntermalung. Die auf „Klassik“ naturgemäß fehlenden Dudelsäcke fallen nicht groß ins Gewicht, schließlich waren sie auch auf dem Ursprungsalbum kaum noch zu hören. Auf dem zweiten Silberling des Doppelwerkes, „Krawall – Best Of Live in Oberhausen“, hört man sie dann tatsächlich doch, schließlich wäre die Hälfte der Band sonst auch arbeitslos geworden. „Krawall“ bietet ziemlich genau das, was man erwartet: „Brot und Spiele“ plus ein paar Ergänzungen in solider Darbietung live und einschließlich Publikumsbeteiligung. Fazit: wer „Brot und Spiele“ mochte, wird sich wahrscheinlich für die Live-CD eher erwärmen können als für die musikalisch diametral entgegengesetzte Klassik-Version, an „Live In Oberhausen“ aber sicher seine Freude haben. „Alte“ (Mittelalter-Rock-) Fans, die mit den ursprünglichen Albumversionen so gar nichts anfangen konnten, werden dem  Klassik-Album aber vermutlich zumindest etwas mehr abgewinnen können als dem Original, sind in Punkto Live-Album aufgrund der Songauswahl jedoch bei „10 Jahre Wild und Frei“ besser aufgehoben.

 

Brot und Spiele - Klassik und Krawall


Cover - Brot und Spiele - Klassik und Krawall Band:

SALTATIO MORTIS


Genre: Rock
Tracks: 30
Länge: 110:0 (CD)
Label: We Love Music
Vertrieb: Universal