Review:

Reckoning (Re-Release)

(R.E.M.)

Mit den ersten drei Alben von R.E.M. veröffentlichen Capitol/EMI wahre Schatzkästchen des US-Alternative Rock. R.E.M. formierten sich Ende der 70er in Athens (Georgia), wobei der Bandname R.E.M. für jene Schlafphase des Menschen steht, in der sich die Augen unter den Liedern sehr schnell bewegen, eben R.E.M. - Rapid Eye Movement. Michael Stipe (Gesang), Mike Mill (Bass), Bill Berry (Schlagzeug) und Peter Buck (Gitarre) gelang es Anfang der 80er gekonnt sich von dem damals in der College-Szene vorherrschenden Sound des Post-Punk abzusetzen und mit recht deutlichen Folk- und Popeinflüssen handgemachte Rockmusik zu präsentieren, welche die intellektuellen Zuhörer genauso in ihren Bann zog wie die nach neuen Stoff hungrigen Rockfans. Ihr eigener Drum- und Gitarrensound sowie Stipes unnachahmlich schüchterner, fast schon unverständlicher Gesang taten ein übriges. „Murmur“, „Reckoning“ und „Fables Of The Reconstruction” erschienen 1983 bis 1985 und gelangten sogar als „fast“ Indie Scheiben in die Top 40 der US-Charts. Nicht nur Kritiker erahnten bereits hier das Können des Quartetts. Wer bisher nur die Überfliegerhits der Band aus den internationalen Charts kennt (die ja erst deutlich später entstanden), dem wird auffallen das R.E.M. schon damals ein unheimliches Gespür für eingängige Melodien und große Gefühle entwickelt hatten, welches für so manches Déjà-vu gut ist.

Nur ein Jahr nach dem überragenden Debüt „Murmur“ legten R.E.M. mit „Reckoning“ in 1984 ein starkes Zweitwerk nach. Stillstand ist Rückschritt – ein Motto das R.E.M. wohl schon immer im Petto hatten – trifft auch hier zu. Die Weiterentwicklung des Quartetts ist hörbar, Jangle-Pop nennt sich das nun – fast schon Pop-mäßige Melodien in rauer Schale, dazu Folk- und Country-Einflüsse - diesmal mit zum Teil noch deutlicheren Bezügen zu des BYRDS. Zwar kann man kompositorisch und atmosphärisch nicht ganz zum Vorgänger aufschließen, ein paar unauffälliger Songs liefern die Jungs hier auch ab, aber mit Tracks wie dem intensiven Opener „Harborcoat“, dem schön melodischen „7 Chinese Bros“, der Übernummer „So. Central Rain“ und dem folkigen „Camera“ hat man einige Lieblinge der weltweiten R.E.M. Gemeinde an Bord. Dabei agiert man noch mit Ecken und Kante die den besonderen Charme mancher der genannten Songs ausmachen, statt bewusst eingesetzter lauter Zwischentöne ist die Affinität zum üblichen US-Rock noch hörbar.

Was „Reckoning“ in seiner „neuen“ Fassung auch sehr gut zu Gesicht steht, ist die digitale, soundtechnische Überarbeitung, welche das Album deutlich aufwertet – toller Sound. Als Bonus der wieder mal hochwertig aufgemachten Doppel-Digi „Reckoning" Deluxe Ausgabe gibt es einen Livemitschnitt aus dem „Aragon Ballroom” in Chicago, aufgezeichnet am 07.07.1984. Das R.E.M. auch Live was zu sagen haben ist hier überdeutlich zu hören, der Sound echt klasse. Neben den Songs aus der bisherigen Schaffensphase gibt es mit „Driver 8“ und „Hyena“ sogar zum damaligen Zeitpunkt unveröffentlichtes. Fazit: auch wenn „Reckoning“ leicht schwächelt (auf hohem Niveau) holt der die Live-Scheibe locker wieder raus. Schöne Sache das.



CD I

1. Harborcoat

2. 7 Chinese Bros

3. So. Central Rain

4. Pretty Persuasion

5. Time After Time (Annelise)

6. Second Guessing

7. Letter Never Sent

8. Camera

9. (Don’t Go Back To) Rockville

10. Little America



CD II

1. Femme Fatale

2. Radio Free Europe

3. Gardening At Night

4. 9-9

5. Windout

6. Letter Never Sent

7. Sitting Still

8. Driver 8

9. So. Central Rain

10. 7 Chinese Bros

11. Harborcoat

12. Hyena

13. Pretty Persuasion

14. Little America

15. Second Guessing

16. (Don’t Go Back To) Rockville


Reckoning (Re-Release)


Cover - Reckoning (Re-Release) Band:

R.E.M.


Genre: Alternative
Tracks: 36
Länge: 100:0 ()
Label: Capitol
Vertrieb: EMI