by Markus Mai
QUEEN ohne Kultröhre Freddy Mercury, geht denn das überhaupt? Für viele Fans scheint dies mittlerweile kein so großes Problem mehr zu sein und für zwei der Restmitglieder sowieso nicht. Denn Gitarrist Brian May sowie Drummer Roger Taylor starteten nach längerer Sängersuche im Jahr 2005 mit Paul Rodgers, dem ehemaligen FREE (von dieser Band stammt u.a. der Classic Rock Hit „All Right Now“) sowie BAD COMPANY Sänger, unter der etwas abgewandelten Firmierung QUEEN & PAUL RODGERS eine bemerkenswerte Welttournee. Der neue Mann am Mikro überzeugte live absolut mit seinem erdig-bluesigen Organ auch die stärksten Zweifler - ja es kann QUEEN auch ohne Mercury geben. Rodgers versuchte dankenswerter Weise gar nicht erst seinen unerreichbaren Vorgänger stilistisch zu kopieren sondern brachte seine eigene Note Marke "Ehrlicher Arbeiter“ bestens mit ein.Das letzte offizielle QUEEN-Werk, teilweise noch mit der Diva sowie Multitalent Freddy himself stammt noch aus dem Jahr 1995, hieß "Made In Heaven" und war gleichzeitig auch so eine Art Verabschiedung von den alten QUEEN.
Jahrelang war es danach für alle Beteiligten unvorstellbar wieder etwas Neues zu machen, Basser John Deacon bleibt als einziger konsequent und verschloss sich bis heute erfolgreich allem Werben. Er war so weder für die Live-Reunion mit Rodgers noch für dieses komplett neue Werk "The Cosmos Rocks" zu begeistern.
Nicht nur wegen der hohen stimmlichen Erwartungshaltung sondern gerade aufgrund der inhaltlichen Umsetzung mit ganz neuen Songs, war es ein großes Wagnis bzw. Risiko zugleich, sich unter der mehr oder weniger alten Firmierung nochmals ins Studio zu wagen. Denn was viele nicht wissen: Mercury war auch ein begnadeter Songwriter und steuerte zu den meisten Welthits einen sehr großen Anteil bei. Die typisch pompösen Rockarrangements mit schmissigen Refrains und mitreißendem Tempo sowie bombastischen Balladen mit großen Gesten waren meist auf ihn zurückzuführen. Aber diese neue Scheibe kann tatsächlich übergangslos an alte Tage anknüpfen. Der Grundtenor ist war etwas stärker solide rockbetont, aber die tollen Backgroundchöre (oft als Hook eingesetzt) klingen eigentlich wie früher, man könnte meinen Freddy wäre noch dabei (tja, die moderne Computertechnik macht’s halt möglich). Paul Rodgers, deutlich hörbar ebenfalls im Songwriting beteiligt, verleiht dem ganzen Werk mit seinem typischen Bluestouch die etwas andere Note. Die erste Single „C-Lebrity“ überzeugt mich aber leider insgesamt eher nicht, der Refrain mit dem dünnen Chor ist schlechter als der Rest außen rum. Außer diesem eher mittelmäßigen Track sind unter 14 Stücken nur noch „Say It’s Not True“ und „Through The Night“ musikalisch als etwas abfallende Nummern festzustellen (aber dies gab es auch auf manch alten QUEEN Scheiben immer wieder mal). Der Rest überzeugt durch die Bank mit klasse Songmaterial. Der nächste todsicher Hit müsste ganz klar das wunderbar leichte, im fast im akustischen Gewande daherkommende „Small' werden, der Killerrefrain geht einem nicht mehr aus dem Hirn. Ein hammermäßiges Gitarrensoli von Brian May sorgt für absolute Hochstimmung. Überhaupt ist May hier auf „Cosmos Rocks“ in absoluter Bestform, sein charakteristisches Gitarrenspiel und dieser markante Klang sorgen für den unnachahmlichen QUEEN-Sound. Bei „Voodoo“ klingt es überdeutlich nach SANTANA, coole Riffs und ein leicht chill-outiger Rhythmus - geil gemacht. Die Jungs legen mit begeisterndem Rockdrive einen gar nicht so recht nach Altherrenband klingenden Start hin: „Cosmos Rockin'" hat was aus STATUS QUO meets ZZ TOP (zu "Afterburner"-Zeiten) aber mit aufgemotztem Sound, das etwas düstere „Warboys“ (soll so ne Art Hommage an JIMMY HENDRIX sein) mit powermäßigen Drums und kreischenden Gitarren ist ebenfalls ein Kracher geworden. Das wunderbar groovige „Still Burin’“ (mit dem „We Will Rock You“ Riff-und Gedächtnisklappsound) ist eine echte Bluesnummer aber mit Queenflair geworden und hätte so auch von BAD COMPANY sein können. Und auch echte Hymen können sie noch schreiben: „We Believe“ dürften da live bestens abgehen. Mit dem nur auf den ersten Blick „einfach“ gehaltenen Popsong „Call Me“ schlagen die neuen QUEEN erfolgreich eine Brücke zu älteren Werken und Kultsongs wie „Crazy Little Thing Calles Love“ oder auch „Killer Queen“.
Ich muss daher erleichtert feststellen, dass meine eher skeptische Erwartungshaltung zu QUEEN & PAUL RODGERS mit ihrem „The Cosmos Rocks" in positivster Weise nicht bestätigt wurde. Diese Scheibe ist nämlich, selbst mit dem hochwertigen Backkatalog dieser Überband verglichen, ein mehr als solides, ja sogar ein richtig gutes Album geworden. Einzig das schwache Artwok passt irgendwie nicht dazu, das ist wirklich zu billig ausdgefallen.
Lässt man also mal die Fanbrille und den verklärten Freddy Anspruch außen vor, bleibt ein vornehmlich krachendes Stadionrockalbum mit teilweise richtig guten Hits in bester Soundqualität, dazwischen auch mal ruhigere Elemente (ohne zu viel Pathos) - nicht mehr aber auch nicht weniger. Und das bringen viele (egal ob ältere oder auch jüngere) Bands auf einem solchen Niveau heutzutage nur noch selten zustande. Habt ihr sehr gut gemacht Jungs – Daumen hoch.
The Cosmos Rocks
Band:
Queen + Paul Rodgers
Genre: Rock
Tracks: 14
Länge: 61:24 (CD)
Label: EMI
Vertrieb: Parlophone