Review:

A Teljesség

(OSSIAN)

TIPP

Jedes Jahr gibt es Events, die verlässlich stattfinden: Weihnachten, Ostern, Silvester oder der eigene Geburtstag. Darüber hinaus gibt es seit einigen Jahren aber noch einen weiteren Fixpunkt. Jedes Frühjahr hauen OSSIAN ein neues Album raus, und auch wenn große Experimente erwartungsgemäß außen vorbleiben, so ist doch nur oberflächlich alles wie immer, denn die Ungarn haben mit dem feinen Feilbesteck ihren ureigenen Sound nachgeschliffen und ihm ein dezentes Facelift verpasst, so dass man auch als langjähriger Fan ab und zu erstaunt eine Augenbraue nach oben zieht. Das Grundgerüst dabei bleibt natürlich extrem melodischer Metal, der sowohl von seinen melancholisch-hymnischen Melodien als auch den meist sehr relaxten, aber nicht langweiligen Grooves lebt.

Den Anfang dabei macht das unglaublich schöne und mental aufbauende „Kell Egy Szikra“, welches den Hörer sofort in die träumerische Welt OSSIANs ein- und entführt. So geht Pathos, meine Damen und Herren. Das folgende „Ember A Holdon“ ist poppig im besten Wortsinne und wird zu 100% im nächsten Liveset auftauchen. Bei diesem Refrain höre ich die Publikumsgesänge schon automatisch mit. „A Türelem Hatalom“ zieht das Tempo leicht an und präsentiert sich als beschwingter Rocker, der einen leichten Bogen in die eigene Vergangenheit schlägt. Bei „Lassan Ébredő“ wird es dann richtig besinnlich, und die urtypische OSSIAN-Ballade lädt mit dezenten Folkverweisen zum Träumen ein. „Szabad Maradhat“ ist kraftvoller Stampfrocker, der einmal mehr das Zeug zur Live-Hymne hat. Das nun folgende Titelstück „A Teljesség“ überrascht mit leichten Vocaleffekten und mit cleanen Gitarrenlicks und ist ein Beispiel für die anfangs beschriebenen dezenten Neuerungen. Der ungewöhnliche „Wardrum“-Groove macht „Együtt Voltunk Minden“ interessant und ist prädestiniert, um mit hoch gereckter Faust Ungarns produktivster Metal-Legende zu huldigen. Die recht reduzierte und zu großen Teilen akustische Ballade „Azon A Napon“ weckt in mir Erinnerungen an Sommer und sich im Wind bewegende Weizenfelder. Da ich kein Wort verstehe, kann ich mich ganz auf die Bilder konzentrieren, die die Musik in mir auslöst. „Kelj Fel És Láss“ überrascht mit sehr dezentem Doublebass-Einsatz und weiteren cleanen Gitarrenparts. Der dritte balladeske Song hört auf den Namen „Nem Elég Az Ég“ und besteht nur aus Endres Gesang und einer akustischen Gitarre. Dieser Singer/Songwriter-Aspekt rückt auf dem neuen Album noch weiter in den Vordergrund als jemals zuvor, passt aber sehr gut zum Melodieverständnis OSSIANs. Bei „A Hiányzó Láncszem“ wird wieder mit einem eher ungewöhnlichen Uptempo-Beat experimentiert, was die Härteschraube wieder etwas anzieht. Das Instrumental „Engedd El“ zeigt zwar die Fingerfertigkeit der Saitenfraktion, ist mitnichten aber Shredding zum Selbstzweck, sondern auch gespickt mit Melodien und ein echter Song, welcher eben auch ohne Gesang funktioniert. Den Abschluss bildet der entspannte Rocker „Az, Aki Voltam“, welcher ein passendes Finale für „A Teljesség“ abgibt.

Natürlich kann man sich fragen, ob das alles wirklich noch Heavy Metal ist, oder ob OSSIAN für dieses Genre mittlerweile zu soft geworden sind, oder man kommt zu dem Schluss, dass das eigentlich vollkommen egal ist und erfreut sich an 13 neuen Songs dieser Hitfabrik. Der Autor tendiert zu Letzterem und hofft, dass bald wieder eine Liveshow OSSIANs möglich sein wird.

A Teljesség


Cover - A Teljesség Band:

OSSIAN


Genre: Hard Rock
Tracks: 13
Länge: 48:20 (CD)
Label: H-Music Hungary
Vertrieb: Import