Review:

Jong'r

(Normahl)

1978 im schwäbischen Winnenden gegründet, sind NORMAHL eine der dienstältesten deutschen Punkbands. Von 1996 bis 2002 hatten sie sich schon einmal aufgelöst, seitdem gibt es alle paar Jahre ein neues Album. Zur Feier des 30. Geburtstags ihrer ersten Veröffentlichung (die EP „Stuttgart über alles“ von 1980) hat sich die Band etwas Besonderes ausgedacht: Keine Best-Of-CD, keine Live-DVD, nein… ein Spielfilm musste her! Das klingt jetzt allerdings erst mal großartiger als es tatsächlich ist, denn bei „Jong'r“ handelt es sich um eine 60-minütige Low-Budget-Produktion mit starkem DIY-Charakter. Die Handlung spielt Ende der 70er in einer schwäbischen Kleinstadt und erzählt die Geschichte des Jung-Punks Fred, der unter seinem spießigen Vater leidet, dessen musikalischer Horizont sich zwischen Schlager und Elvis befindet. Außerdem ist Fred zum ersten Mal richtig verliebt und hat immer wieder Stress mit einem aggressiven Normalo, der Punks nicht leiden kann und ständig einen Vorwand sucht, um Fred und seinen Kumpels eins aufs Maul zu hauen. Zwischendurch gibt es auch hin und wieder an den Southpark-Stil erinnernde animierte Scherenschnitt-Sequenzen, die die Handlung untergliedern. Auch ein Berlin-Aufenthalt von Fred wird so dargestellt, wohl, weil ein Dreh vor Ort zu aufwändig gewesen wäre.


Witzig an dem Film ist vor allem, dass die Bandmitglieder von NORMAHL mitspielen: Sie geben die spießigen Väter, die sich nach Feierabend in der Dorfkneipe besaufen. Schön ist auch, dass die ältere Generation in derbstem Schwäbisch babbelt – so derb, dass zwischendurch sogar mal untertitelt wird. Das eigentliche Highlight ist aber ein Gastauftritt von Gotthilf Fischer. Ansonsten zieht sich der Film aber ziemlich. Es passiert einfach nicht viel, und weder Bilder noch Dialoge bieten allzu großen Witz oder Spannung. Dazu ist das Ganze recht klischeebeladen, wie etwa die Herrenrunde in der Dorfkneipe, die sich über dem Feierabendbier das Maul über die missratene Jugend zerreißt und zu dem Schluss kommt, dass es das unter Hitler nicht gegeben hätte. Oder auch der Punk aus Berlin, der als Großstadtbewohner alles schon erlebt und eine dementsprechend große Klappe hat. Zwar ist das alles nicht ganz uncharmant, aber insgesamt ist dieses Filmchen recht überflüssig, und sein Sinn und Zweck wird nicht wirklich klar.


Interessanter ist das ebenfalls auf der DVD enthaltene 30-minütige Band-Feature. Spannend ist dabei vor allem das Archivmaterial, das aus kurzen Live-Mitschnitten, Videos und Interview-Ausschnitten besteht, von dem ich mir allerdings insgesamt noch mehr gewünscht hätte.


Den Soundtrack liefern NORMAHL natürlich selbst, und zwar in Form eines neu eingespielten Best-Of-Albums, das auch einige neue Tracks und mit Elvis’ „Suspicious Minds“ und „Holidays In The Sun“ von den SEX PISTOLS außerdem zwei Covers enthält. Gerade letztere hauen einen nicht gerade vom Hocker, und auch die neuen Songs überzeugen nicht komplett. Großen Spaß dagegen macht das Material aus der Frühphase der Band, das u. a. mit „Geisterstadt“, „Verarschung Total“ und „AVC“ vertreten ist. Originell ist auf jeden Fall auch die Neuinterpretation von „Durst”: Diese wurde vom örtlichen Musikverein als Volksmusikversion eingespielt. Ansonsten wurde die Fun-Punk-Seite von NORMAHL bei dieser Zusammenstellung fast komplett ignoriert.


Unterm Strich muss man sagen, dass man den Film „Jong’r“ wohl nur als Hardcore-Fan sein Eigen nennen muss. Die CD ist da schon lohnenswerter, und zwar sowohl für Fans wie auch Einsteiger. Zum Glück ist diese auch separat erhältlich.

Jong'r


Cover - Jong'r Band:

Normahl


Genre: Punk
Tracks: 19
Länge: 90:0 (CD&DVD)
Label: 7hard
Vertrieb: New Music