Review:

Momentum

(Neal Morse)

Wo nimmt der Mann nur all die Ideen her? Gerade erst letztes Jahr hat Neal Morse das Doppelalbum „Testimony 2“ sowie auch das dazugehörige Live-Album veröffentlicht, da steht er auch schon mit einem komplett neuen Longplayer in den Startlöchern. Dabei hatte er gar noch gar keine fertigen Songs, sondern es traf sich einfach, dass Mike Portnoy und Randy George Ende Januar ein bisschen Zeit hatten, und zusammen ging man ins Studio und ließ der kreativen Energie freien Lauf. Das Ergebnis dürfte so manchem Prog-Fan die Freudentränen in die Augen treiben. Die Melodien, Riffs, Sounds – alles verweist auf klassischen Progressive Rock, nicht nur auf SPOCK'S BEARD, sondern auch auf deren Vorbilder, vor allem auf KING CRIMSON. Dichter als noch zuletzt auf „Testimony 2“ werden rhythmisch vertrackte Parts, instrumentale Jam-Parts und wunderbare Melodiebögen ineinander verwoben, und nicht nur der mehrstimmige Gesang in „Thoughts Part 5“ dürfte als eindeutiges SPOCK'S BEARD-Zitat verstanden werden. Gleichzeitig klingt alles so frisch und locker, wirken die Musiker wie gelöst und scheinen sich von allem bislang Produzierten freispielen zu wollen. „Momentum“ lebt dabei auch von seinen Gegensätzen. In „Weathering Sky“ etwa wird auch mal hart und bluesig gerockt, wohingegen die traumhafte Ballade „Smoke and Mirrors“ zu einem Großteil von einer akustischen Gitarre getragen wird. Lediglich das pathetische und musikalisch eher uninteressante „Freak“ fällt etwas ab, außerdem kommt im Text doch ein bisschen zu oft „Jesus“ vor. Dafür entschädigt aber „World Without End“, das mit sechs Teilen und 33:38 Minuten die komplette zweite Hälfte des Albums einnimmt. Hier werden noch einmal die besten Zutaten in einen Topf geworfen, und daraus entsteht ein so energiegeladenes wie gefühlvolles und ebenso ein so düsteres wie positives Monster-Stück mit Höhen und Tiefen, Wendungen und Bögen, das einen von Anfang bis Ende im Bann hält. Man könnte Neal Morse den Vorwurf machen, dass er auf „Momentum“ wieder einmal typische Song-Elemente neu miteinander vermischt hat. Aber das macht er so meisterhaft und auf eine derart aufregende Art und Weise, dass man sich einfach nicht satt hören kann. „Momentum“ dürfte damit wohl das stärkste seiner Alben sein, die seit seinem Ausstieg bei SPOCK'S BEARD entstanden sind.

Momentum


Cover - Momentum Band:

Neal Morse


Genre: Progressive
Tracks: 6
Länge: 61:17 (CD)
Label: Inside Out
Vertrieb: EMI