Review:

Stille Nacht

(Mosaik)

Progmetal mit deutschen Texten, geht das eigentlich? Nun, MOSAIK eine junge Band aus der Region Chiemgau (das ist in Bayern, für alle oberhalb des Weißwurstäquators) tritt diesen Beweis recht eindrucksvoll an. Denn bei dem aktuellen Werk „Stille Nacht“ handelt es sich natürlich nicht um ein vorweihnachtlich-beschauliches Werk sondern dieses bereits zweite Album des Quartetts ist sogar manchmal richtig heftig ausgefallen aber dabei stets mit genügend Anspruch. Mich erinnert die Art des Gesanges und auch die sehr bildhaften Texte (manchmal auf Teufel komm Reim gezogen) schon beginnend beim starken Opener „Erde“ sehr stark an SUBWAY TO SALLY. Nur die Betonung auf die ganze Mittelalterschose, was auch die Instrumentierung betrifft, fehlt hier völlig - denn hier wird stilistisch Rock/Metal in Reinkultur geboten. Einzig bei „Der König“ klingen mal leichte Folkelemente mit durch, aber dann geht es ganz klar in die Richtung 80er Jahre Metal, die klassische Ausrichtung wie bei MAIDEN mit zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug, keinerlei Tasten und dabei geht die Band so richtig gut ab. Die Gitarren, egal ob zweistimmige Leads oder kraftvolle Solis sind sehr erdig gehalten, die Rhythmusfraktion mit treibendem Bass gibt dabei das Tempo vor. Dabei werden immer mal wieder schöne instrumentale Parts eingewoben, so dass einige Songs auch jenseits der 7-Minuten Grenze zu finden sind. Diese episch oder auch leicht progressive Ausrichtung gibt dem Ganzen einen sehr individuellen Touch. Neben den etwas verspielteren Momenten kann es die Band aber auch laufen lassen, zu frickelig wird es sowieso nie. Der Sound ist für eine Eigenproduktion absolut fett und trotz des oldschooligen Charakters stets frisch und unverkrampft. Die Aufmachung ist ebenfalls sehr professionell gemacht, auch wenn mir das Cover nicht voll zusagt.

Hey, und dann was ist denn dass auf einmal: Bei „Ein Neues Lied“ wird mal so richtig losgeledert, erst leicht funkig, dann die Zügel stark angezogen, mit düsteren Riffs klingt es relativ aggressiv, dann folgen wieder Breaks mit getragenem Zwischenteil sowie akustischen Parts, dann ziehen die Gitarren nochmal an und zum Schluss wird noch mal richtig Arsch getreten mit heftigem Gegröle. Ja, so kann spannendes Songwriting aussehen ohne kitschig zu klingen. Wie gesagt, der Gesang ist sehr speziell und hat mich schon etwas beschäftigt bzw. die Gewöhnung an die sehr lyrischen und auch leicht pathetisch-altertümlich anmutenden Texte fallen nicht immer von Anfang an leicht.
Nur mal ein kleiner Ausschnitt: “Dunkle Schaden, beissend Rauch/ gräbt sich der Stahl in Mutters Bauch/ und wühlt in seinen Innereien/ erträgt die Folter ohne Schreien“.

Die Aussage von „Nur einmal möchte’ ich böse sein“, nehm’ ich den Jungs inhaltlich aber eher nicht so ganz ab. Nee böse seid ud solt ihr auch nicht sein! Die starke Betonung des „R“ an so manchen Stellen hat fast schon RAMMSTEIN’sche Dimensionen, trotzdem haben mich MOSAIK mit ihrer Art Musik zu machen dann doch voll auf ihre Seite gezogen. Auch wenn die ein oder Vokalsstelle (bewusst?!) etwas Schräg klingt und die Chöre noch etwas besser klingen könnten, das hat schon was sehr eigenes. Es gibt gleich zwei Hauptstimmen zu hören: Zum einen Sänger Christian Bach (der auch Gitarre spielt) sowie Drummer Flo Huber, die sich recht gut ergänzen. Mal mit Wechselgesang, dann wieder schreiend oder gar beschwörend wettstreitend. Sehr gelungen ist hierbei das wunderbar balladeske „Zwei“, die letzte Nummer des Albums ist eine tolle kleine Hymne. Es fängt an mit wütenden Stakkatoriffs (ein Sonderlob an den Saitenhexer Martin Lukas), dann ein cooler Bassgroove, wieder fette Riffs und dann absolut mitreißend folgt der Schlussteil. Auch textlich passt hier einfach alles zusammen. Bis auf einen Song findet alles in Deutsch statt, nur bei „Unreal“ weicht man von diesem Schema ab. Dieser Song beginnt etwas untypisch sehr verschroben, fast schon relaxt, er braucht etwas lange bis richtig Schwung aufkommt aber dann, nach vier Minuten folgt ein sehr heftigerer Ausbruch. Da kommen auch die Thrashwurzeln der Kapelle voll zu Tage und tatsächlich sind dann echte Growls zu hören, mit fast schon doomigen Strukturen, schwerem Riffing und dann galoppierenden Drums - passt super. Das Songwriting mit den vielfach sehr gelungenen Spannungsaufbauten, manchmal sich langsam hochsteigend sowie die sehr vielen wechselnden Rythmen zeigen schon ein gutes Handling mit Melodien und trotzdem hat die Sache noch genügend Biss sowie progmetallische Härte.

„Stille Nacht“ ist ein ungewöhnliches Werk geworden, keine Frage und ein wirklich gutes noch dazu. Da servieren uns die Herren von MOSAIK eine deftige Metalsuppe mit durchaus anspruchsvoller Einlage, die es absolut Wert ist noch von vielen Musikfreunden ausprobiert zu werden.

Stille Nacht


Cover - Stille Nacht Band:

Mosaik


Genre: Progressive
Tracks: 10
Länge: 59:54 (CD)
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