Review:

Tokyo Jukebox 3

(MARTY FRIEDMAN)

Der Name MARTY FRIEDMAN sollte eigentlich jedem Metal-Fan ein Begriff sein. In den frühen 80ern legte er zuerst mit DEUCE und HAWAII die Grundsteine einer beispiellosen Karriere, die ihn über CACOPHONY schließlich zu MEGADETH und Weltruhm führen sollte. Aber der Ruhm interessierte MARTY immer nur am Rande. Er war auf der Suche nach künstlerischer Herausforderung, und es dürstete ihm nach dem Erfahren neuer Grenzen und der Sprengung derselben. Im Rahmen dieser Suche begann er, sich auf stilistisch sehr unterschiedlichen Soloalben auszuleben. Nach seinem Engagement bei Dave Mustaine zog es MARTY nach Japan, und dort fand er privat und künstlerisch Erfüllung. Mittlerweile ist der fließend japanisch sprechende Gitarrenzauberer aus der japanischen Kulturlandschaft nicht mehr wegzudenken. Neben Land und Leuten verliebte sich MARTY auch in die spezielle, Genre-Grenzen ignorierende Art und Weise, wie in Japan Populär-Musik zelebriert wird. Vor fast zehn Jahren veröffentlichte er deshalb die Alben „Tokyo Jukebox 1 und 2“, mit dem Ziel, die einzigartigen Melodien auch in westliche Ohren zu bringen. Dazu nahm er sich diverse J-Pop-Stücke zur Brust, zerlegte sie, setzte sie neu zusammen und überzog sie mit seiner persönlichen Note. Dies hatte zu Folge, dass tanzbare Beats gleichberechtigt neben zuckersüßen Melodien und brachialen Riffs standen. Immer verziert von seiner virtuosen Lead-Arbeit.

Nun ist es an der Zeit, diesem Konzept ein neues Kapitel hinzuzufügen. Vorhang auf für „Tokyo Jukebox 3“: Auch auf dem neuen Album mäandert FRIEDMAN von süßlichen Leads zu derbem Riffing und zurück. Es ist poppig, ohne Pop zu sein. Obwohl FRIEDMAN viel von seiner Umgebung aufsaugt und in sein Spiel integriert, ist er zu jeder Sekunde klar identifizierbar als der Gitarrist, der in den 80ern „Dragon’s Kiss“ aufnahm. Der Klang seines Spiels und immer wieder auftauchende spezielle Tonfolgen sind prägnanter als so manche Singstimme. Apropos Singstimme: Es gibt auch mal wieder einen Song mit Gesang. Dieser hört auf den Namen „The Perfect World“ und ist eine abwechslungsreiche und sehr moderne Hard Rock-Nummer, zu der die Stimme von Alfakyun perfekt passt. Für eine japanische Pop-Sängerin verfügt Alfakyun über ein bemerkenswert gutes Englisch. Der Rest der Stücke ist instrumental und lässt in ruhigen Momenten auch mal Erinnerungen an das 92er „Scenes“-Album aufkommen. Ein Großteil der Platte geht jedoch gut nach vorne, und neben technischer Fuddelei vermag FRIEDMAN mit seiner Gitarre auch zu „singen“ und Geschichten so zu erzählen, dass man eine menschliche Stimme nicht vermisst.

„Tokyo Jukebox 3“ ist ein weiteres Werk eines absoluten Ausnahmekünstlers, der sich sämtlichen Konventionen entzieht, und auf dem es viel zu entdecken gibt, wenn man sich denn darauf einlassen kann.

 

Tokyo Jukebox 3


Cover - Tokyo Jukebox 3 Band:

MARTY FRIEDMAN


Genre: Progressive
Tracks: 12
Länge: 52:0 (CD)
Label: Mascot Label Group
Vertrieb: Rough Trade