Review:

Gedankenwächter

(MACBETH)

TIPP

Erfurt im Jahre 1986 – auf die ausgehungerten ostdeutschen Heavy Metal-Fans sollte ein denkwürdiger Tag warten. MACBETH, einer der ersten Heavy-Bands der DDR, hatte zum Konzert geladen, und alle kamen. Polizeilich wurde der Band nach dem Konzert jedwede Zugabe verboten, und dies stieß auf Unverständnis und Wut bei den versammelten Fans, die ihrem Unmut gewaltsam Ausdruck verliehen und mit Straßenschlachten die Volkspolizei nachhaltig verwirrten. Das Resultat sollte dann nicht lange auf sich warten lassen. MACBETH erhielten ein Spielverbot, der Band-LKW wurde lahmgelegt, und weiteres Proben durch die Kündigung des Proberaums unmöglich gemacht. Heavy Metal galt scheinbar in der DDR als gefährlich und als Jugendbewegung zu unlenkbar für den Staat.

Bandumbenennungen, Gefängnisaufenthalte, Wendeirritationen und leider auch zwei Selbstmorde sollten den weiteren Weg der Band pflastern. Danach war bis zu dem Deal im Februar 2009 mit Massacre Records und einigen ausgewählten Konzerten Funkstille bei der Band eingekehrt. Das Album "Gotteskrieger" sollte als zweites Lebenszeichen folgen (nach dem Debut "Macbeth" aus dem Jahre 2006 auf ADN Records), welches gute bis sehr gute Kritiken verbuchen konnte und auch einen Auftritt auf dem Wacken Open Air einbrachte. Es folgten zwei weitere hochklassige Alben auf Massacre ("Wiedergänger" und "Imperium"), bis wir am heutigen Tag angekommen sind und staunend dem 2020er Album "Gedankenwächter" lauschen dürfen und somit den fünften Output der Band vorliegen haben.

Musikalisch erwartet uns auf "Gedankenwächter" wieder ein herrlicher Mix aus feinstem Thrash Metal und zeitgemäßem Heavy Metal, der immer modern, aber punktgenau und zielgerichtet einen musikalischen Einschlag verursacht. Die Stakkato-Gitarrensalven sind an Präzision nicht schlagbar, der Gesang von Oliver Hippauf drückt mit seinen deutschsprachigen, derben Vocals jedem Song einen eigenen Stempel auf, die Drumsalven von Steffen Adolf schließen mit dem originellen Bassspiel von Hanjo Papst jedes Soundloch, und besonders der Gesamtsound aus dem Höllensound-Studio und dem Temple Of Disharmony-Studio gibt dem Album seine letzte Schärfe. Hier wurde in allen Belangen ein wirklich sensationeller Job gemacht.

Besonderes Augenmerk sollte man bei "Gedankenwächter" auf die Texte haben, die nicht nur ein notwendiges Übel für MACBETH bedeuten, sondern ein Ventil um sich intelligent mit den Themen Krieg, religiöser Fanatismus, Propaganda und anderen menschlichen Unzulänglichkeiten auseinanderzusetzen. Hier lohnt sich eindeutig ein konzentriertes Zuhören und Studieren der Songtexte, da Frontsau Hippauf wirklich etwas zu sagen hat und sich den Mund definitiv nicht verbieten lässt.

Hervorheben möchte ich den Eröffnungssong "Friedenstaube", der musikalisch und inhaltlich gleich den zu erwartenden Weg aufzeigt. Ein schönes, cleanes Intro, welches mich ein wenig an "Blood Red Skies" von JUDAS PRIEST erinnert, macht Bekanntschaft mit einem Riff-Inferno, welches man eigentlich von einer Band wie EXODUS gewohnt ist. Eine ganz feine und brutale Gitarrenarbeit, welche durch den makaberen, lyrischen Hintergrund noch verstärkt wird. Mr. Hippaufs aggressiver, aber immer verständlicher Gesang handelt von einem Kampfpiloten, der am Himmel wie eine Tötungsmaschine agiert und jegliche Menschlichkeit vermissen lässt.

-"Suchen und zerstören, das ist meine Welt, Feinde zu töten, ist alles, was zählt"-

Auch der Song "Brandstifter" macht textlich hier keine Ausnahme. Pausenlos wird der Finger in jede auffindbare klaffende Wunde gelegt und nochmal kräftig umgerührt. Sozialkritik kann so einfach formuliert sein.

-"Zu den Waffen rufen sie, doch auf dem Schlachtfeld sieht man sie nie"-

Aus jedem Lied von "Gedankenwächter" fließt ein mächtiges Aggressionspotential, welches sich mit den klaren und teils schmerzenden Texten vereinigt und als Lavastrom zum Thrash-Mountain fließt, während zauberhafte Lead-Gitarren die Haut brennend benetzen! So muss moderner Heavy Metal im Jahr 2020 klingen - modern, zeitlos, brutal, eingängig und laut! Da alle diese Kriterien zu 100% erfüllt werden, das Album bei mir auf Dauerrotation laufen wird, und ich einfach nur noch begeistert bin, kann ich hier nur die beste Bewertung abgeben und wüsste derzeit auch keinen Kritikpunkt oder einen Verbesserungsvorschlag. MACBETH haben einfach alles richtig gemacht, und ich hoffe, dass die Band für dieses Meisterwerk fürstlich von allen Metal-Fans, und damit meine ich wirklich aus allen musikalischen Lagern, belohnt wird!

Großartig und zeitlos, und somit lehne ich mich jetzt ganz weit uns dem Fenster und sage das Wort, mit welchem man immer ganz vorsichtig und sparsam umgehen sollte: Klassiker! Ein verdammter Klassiker! Und nochmals ein Klassiker!

-"Jetzt hält der Tod Einzug in die Stadt, nun kommt zurück, was man entfesselt hat"-

 

Gedankenwächter


Cover - Gedankenwächter Band:

MACBETH


Genre: Heavy Metal
Tracks: 10
Länge: 54:10 (CD)
Label: Massacre Records
Vertrieb: Soulfood