Review:

All Access

(Lit)

1999 war das Jahr von LIT - auf dem Reading-Festival in Großbritannien waren sie der meist-abgefeierte Opener aller Zeiten und haben selbst das verwöhnte und trendsüchtige UK-Publikum in aller Herrgottsfrühe aus ihren Zelten gezogen, so dass Menschen bis zum Horizont auf die Orange-County-Jungs warteten. Damals waren LIT schon einige Jahre mit kleinen Vans kreuz und quer durch die USA gezogen, machten ihre erste eigene Nightliner-Tour und eine Tour mit THE OFFSPRING - und begannen geradezu exzessiv, auf, vor und hinter der Bühne jede Kleinigkeit mitzufilmen. Da LIT auf ihrer letzten Tour in Zentraleuropa maximal 800er, im Schnitt wahrscheinlich eher 300er und 500er Clubs bespielt haben, mutet es teilweise komisch an, eine mittelgroße Band auf dem Bildschirm in großer Geste zu sehen. Aber LIT sind große Entertainer und füllen auch größte Bühnen aus - da werden Gitarren buchstäblich im Fluge getauscht. Ähnlich wie die RED HOT CHILI PEPPERS vor etlichen Jahren oder BLINK 182 haben die gut gebauten West-Coast-Kids einen Spaß daran, nackig auf die Bühne zu stürmen. A.J. Popoff singt sogar im Studio ohne alles, allerdings so extrem verpixelt, dass man noch nicht mal mehr seine Bauchmuskeln sieht. Und während der Sänger dafür in den USA für 24 Stunden in den Knast geht, singen die anderen ein Hohelied auf das alte Europa und deren alkoholische Exportschlager. Das "schmückende Beiwerk" hat es in sich, Carmen Electra steigt freiwillig mit LIT im Bikini auf eine Strandbühne und für ein Video dürfen sie Pamela Andersons fast nackten Arsch als Bühne benutzen. Dexter Holland von THE OFFSPRING spielt Kameramann und Dave Grohl macht lustige Andeutungen, warum er gern mit LIT abhängt. Es gibt zwar Ausschnitte aus zahllosen Konzerten in jeder mögliche Qualität von unhörbar-verzerrt bis gut, aber der Hauptposten bei LIT scheinen die Entertainer-Qualitäten zu sein - diese Jungs würde man sich gern auf eine Party einladen, auf der nicht allzu viel kaputt gehen kann und dann feiern bis der Arzt kommt. Dessen Arbeitseinsätze werden ebenfalls dokumentiert - von der frischen Stagedive-Wunde am Bein bis zum zerquetschten Fußnagel. Wer bei der Party nicht mithält, wird zum Opfer des lustigen "Betrunkene dekorieren"-Spiel, "Don´t pass out in our bus" heißt die Warnung. Die Musik wird von so vielen zu berichtenden Dingen in den Hintergrund gedrängt, Sprüche, Gelaber und die Verfolgung der Band 24 Stunden am Stück und in jeder erdenklichen Backstage-Situation stehen im Vordergrund. Gerade zwei volle Songs werden im regulären Teil ausgespielt, die anderen Musikvideos sind in die Bonus-Ecke geschoben worden. Und LIT beweisen ihren guten Geschmack, indem sie an entscheidender Stelle Moby, Blink 182 oder Silverchair als Soundtrack benutzen anstelle eines eigenen Songs. Zu den großen Highlights zählt, dass Lit das Geheimnis lüften, wie man ein Tourbus-Klo entleert, oder wie sie beweisen, dass Gwen Stefani von NO DOUBT zwar absolut nicht singen kann, aber ein bißchen Humor hat. Schwach auf der Brust sind einige der Songs der Band und die frühen SPINAL TAP-Zitate, die sind auch schon mal besser erzählt worden. Doch trotz vieler Trivialitäten schimmert hinter den surfgebräunten Grinsen durch, dass LIT hart arbeitende Rock-Entertainer sind - und das macht sie extrem sympathisch.

All Access


Cover - All Access Band:

Lit


Genre: Punk
Tracks: xx
Länge: 180:0 (DVD)
Label: DRT
Vertrieb: Soulfood