Review:

Volk

(Laibach)

Nach dem unsäglich eindimensionalen letzten Album "WAT" war einerseits zwar zu erwarten, dass LAIBACH ihrer Hörerschaft überraschen würden, mit einem Album wie "Volk" war andererseits aber kaum zu rechnen. Musikalisch betreten die Slowenen nicht nur in ihrer eigenen Welt Neuland. Ein Album ausschließlich gefüllt mit Neuinterpretationen von Nationalhymnen - und das von einer der polarisierendsten Bands dieser Erde. Stets offen kokettierend mit politischen Extremen von Faschismus bis Stalinismus, mit einer Symbolverliebtheit die ihresgleichen sucht und meist völlig überladenen Songs die sich in Wagnerschem Bombast suhlen: "Volk" ist anders, völlig anders. Der plakative Militarismus des Vorgängers ist wie weggeblasen, niemals waren LAIBACH ruhiger und besonnener als auf diesem Album: Ambient trifft auf BJÖRK, Und was fast noch überraschender ist: Alle Umsetzungen sind komplett unpeinlich geraten. Die Texte der meisten Nationalhymnen werden auf Englisch vorgetragen - Milan Fras etwas eigener Akzent schlägt dann doch irgendwie die Brücke zu früheren LAIBACH Werken. Eine Ausnahme und was die Thematik "Nationalhymnen" angeht auch gleich mit einem historischen Fehler (die Nationalhymne besteht nur aus der dritten Strophe) beginnend, eröffnet "Germania" mit allen drei Strophen des "Liedes der Deutschen" das Album. Provokant sicherlich, aber allen Unkenrufen zum Trotz mitnichten verboten. Anklagend, fragend und provozierend sprechen die Songs lokale Phänomene an ("Espana"), kritisieren die Weltsicht ("America") oder hinterfragen das Selbstverständnis ("Anglia") von Nationen. Was am Ende immer bleibt ist der Appell, die Diskrepanz zwischen den Hymnen und der Realität zumindest wahrzunehmen. Textlich und inhaltlich bietet "Volk" also viel Raum. Musikalisch sieht die Sache manchmal dünner aus, an etlichen Songs hört man sich recht schnell satt. LAIBACH haben sich übrigens nur bei den wenigsten Hymnen von der Melodie der Vorlagen inspirieren lassen. Die Beats sind organischer als man es von LAIBACH gewohnt ist, tanzbar ist keine der Hymnen geraten, am ehesten lässt sich vielleicht zum beinahe poppigen "Espana" das Tanzbein schwingen. Aber darum geht es auch zu keiner Sekunde: Gemeinsam mit dem slowenischen Duo SILENCE und unzähligen Gastsängern und –sängerinnen haben LAIBACH eine Musik geschaffen die voller Bilder ist. "Vaticanae" etwa klingt durchweg kitschig und Kinderchöre erinnern schmerzlich an vergangene Zeiten in"Rossiya". Nur ihrem "eigenen" Kunststaat NSK (Neue Slowenische Kunst) widmen sie ein gänzlich unelektronisches Lied in klassischer Big Band Ästhetik und mit nostalgischem Vinylsound. Sollte jemals wieder eine Band Nationalhymnen vertonen, wird sie sich an "Volk" messen lassen müssen.

Volk


Cover - Volk Band:

Laibach


Genre: Electro
Tracks: 14
Länge: 58:36 (CD)
Label: Mute
Vertrieb: EMI