Review:

People, Hell & Angels

(Jimi Hendrix)

TIPP
Falls jemand beim Lesen des Titels einen Herzinfarkt gekriegt hat, tut mir aufrichtig leid; nein, JIMI HENDRIX oder THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE ist nicht wieder am Start, nein, Woodstock findet keine Neuauflage und nein, LSD gilt nicht mehr als adäquater Ersatz für Aspirin. Trotzdem, auch ohne den Charme der 68er im Alltag: „People, Hell & Angels“ ist in der Tat mit Musik von JIMI HENDRIX bestückt, genauer gesagt mit unveröffentlichten Stücke aus den Jahren 1968 bis 70 aus diversen Studio-Sessions mit ebenso diversen Mitmusikern. Unabhängig davon, ob man dies als posthume Geldmacherei durch das Zusammenstellen von Archivtiteln (ohne stringentes Konzept) oder als Geschenk an alte und neue Fans sieht: Das Ding ist am Markt und sollte da auch bleiben – warum, dazu nun mehr.

Mit den ersten drei Titeln - „Earth Blues“, „Somewhere“ & „Hear My Train A Comin‘“ geht die Reise ganz klar in Richtung Blues, wo der Fokus noch relativ stark auf Rhythmus -Pattern und dem Gesamtfeeling liegt und erst am Ende in Richtung Solo-Spiel übergeht - kontrastierend zu dem sonst oft doch sehr auf eine Gitarre fokussierten Spiels. Ansatzweise ähnliches gilt für – der Name nimmt’s vorweg – die Nummer „Easy Blues“, ein Titel der erst mit einer relaxenden Bassline startet, dann aber in ziemliche Solo-Gitarren-Experimente vom Meister selber abdriftet; mit mitunter erstaunlich repetitiven Licks im unteren Bereich des Gitarrenhalses (begleitet von mittlerweile recht filigraner Arbeit von Bass und Drums) machen das Mitwippen zum ersten Mal fast schwierig und driften daher vom Titel („Easy Blues“) definitiv weg in Richtung „Badass Complicated Blues“.

Bei „Bleeding Heart“ haben wir auch eine sehr interessante Nummer, welche einerseits ein simples, bluesiges und entspannendes Bass-Pattern mit recht lebendigen, ja fast schon treibenden Gitarren-Experimenten vereint. Dieser rockigere Stil wird dann mit „Let Me Move You“ noch einmal viel stärker forciert, indem hier eine richtige Vollblut-Rock ‘n‘ Roll Nummer mit höherem Tempo, schnellen Drum-Pattern und Saxophon gespielt wird – ein im wahrsten Sinne des Wortes sehr lebendiger Titel der das vorher teilweise noch recht getragene Tempo der vorgegangenen Songs weiter steigert.

Wieder mehr an bekanntere Veröffentlichungen erinnert dann „Izabella“ und „Crash Landing“, da die Nummern mitunter (auch durch die wieder mehr in den Vordergrund drängenden Vocals) wieder treibender und weniger experimentell sind als der Rest.

Und nun, als Vorwort zum Fazit: Ich selber bin schlicht und ergreifend zu jung um das ganze Phänomen HENDRIX auch nur im Ansatz miterlebt zu haben, dementsprechend ist mein Urteil bei jeder Veröffentlichung eigentlich recht vorurteilsfrei; von mir werdet ihr nicht lesen, dass „People, Hell & Angels“ aus Gründen der-und-der Tonart und jenem-und-jenem Idee-Recycling schlechter ist als Posthum-Release XYZ – einfach weil ich dazu nicht in der Lage bin. Und es außerdem nicht täte, wenn ich denn könnte, denn: „People, Hell & Angels“ ist einfach eine gute, abwechslungsreiche CD (und LP!) mit vielen interessanten, guten und einfach Spaß machenden Titeln von JIMI HENDRIX und daher auch als vom Rest der Diskographie losgelöstes Gesamtbild durchaus empfehlenswert.

People, Hell & Angels


Cover - People, Hell & Angels Band:

Jimi Hendrix


Genre: Rock'n'Roll
Tracks: 12
Länge: 52:48 (CD)
Label: Col
Vertrieb: Sony Music