Review:

The Tall Ships

(It Bites )

TIPP
IT BITES sind trotz des eher ungewöhnlichen Namens stilistisch doch eine „reinrassige“ britische Progkapelle die auf dem aktuellen Werk „The Tall Ships“ eine wirklich überraschend starke Leistung im Bereich Neo Prog abliefert. Dies gelingt insbesondere aufgrund des sehr starken Songwritings und eines für mich hammermäßigen Gesangs, so dass über die gesamte Spielzeit und 12 Tracks kein einziger Ausfall zu bemerken ist und dabei nicht mal in kleinen Ansätzen altbacken oder langweilig klingt.

Die bereits Anfang der 80er Jahre von den Schulfreunden Francis Dunnery, Dick Nolan, Bob Dalton sowie John Beck gegründete Band veröffentlichte in den Jahren 1986 bis 1991 drei Studioalben sowie ein Livealbum und kommt jetzt mit dem Comeback „The Tall Ships“ quasi wieder aus der Versenkung empor. Die aktuelle Besetzung hat aber nicht mehr allzu viel mit damals zu tun - Schlagzeuger Bob Dalton und Keyboarder John Beck sind zwar noch dabei, haben sich aber mit Gitarrist und Sänger John Mitchell (ARENA, KINO, FROST) sowie Bassist Lee Pomeroy (u.a. RICK WAKEMANN) mit zwei äußerst renommierte Musikern verstärkt – das Ergebnis lässt sich absolut klasse anhören. Ein äußerst frisch klingender Mix aus Neo Prog Rock mit manchmal fast schon pop-artigen Passagen kommt bestens produziert aus den Boxen.

Als absoluter Pluspunkt dieser Scheibe müssen die superben Vocals von John Mitchell genant werden, der mich mit seinem fast zu 100% authentischen PETER GABRIEL Gedächtnis-Timbre völlig von den Socken haut. Aber auch die mehrstimmigen Backings sind nicht von schlechten Eltern: Gleich der bärenstarke Opener “Oh My God“ mit diesem coolen Satzgesang zu Beginn entwickelt sich zu einer typischen IT BITES Hymne, immer mit positiver Grundstimmung und massig Drive. Kracher wie das stark 80er-Jahre lastige „Ghosts“ („Great Disasters“ geht in eine ähnliche Richtung) oder auch das gelungen melodramatische „Playground“ sind einfach beste Unterhaltung - ich nenne es mal Prog Light mit ordentlich Refrainsschmiss. Die vielschichtigen Keyboards, egal ob Hammondsounds, Fläche oder rührige 80er Casio Spielereien sorgen für schöne Harmonien und dieses fesselnde Klangbild jener Zeit, trotzdem schafft man es im Verbund nicht wie ein müder Zeitenabklatsch zu klingen. Die Mischung macht’s aus, so dass IT BITES dabei wie eine relativ junge Band klingen. „Memory Of Water“ (mit schöner tiefer Orgel) oder „Lights“ sind moderner Neo Prog pur (ersterer Track hätte auch von IQ zu deren mainstreamigeren Phase sein können) und beweisen mit herrlich ausufernden Hooks das große Talent der Band für packende Hymnen. Etwas (positiv) an neuere GENESIS erinnert dann „The Wind That Shakes The Barley“ mit markanter etwas weniger gleitenden sondern eher eckigeren Gitarren sowie schönen Chören. Mein Favorit ist aber ganz klar das eingängige sowie sehr luftige „Fahrenheit“ - Pop Prog as it’s Best. Und auch die Pianoballade „For Safekeeping" kommt in ihrem reduziertem Gewande bestens daher. Zum würdigen Abschluss lassen dann IT BITES aber nochmal richtig die Progsau raus mit dem vielschichtig, stellenweise sogar experimentell-sperrigen „This Is England“. Auf mehr 13 Minuten zeigen die Herren ihr enormes musikalisches Gespür auch für längere Inhalte ohne dabei in Gefrickel zu verenden, legen ein hohes technisches Spielvermögen an den Tag sowie überzeugen durch gekonnte Wechsel zwischen emotionale tragenden Passagen und auch schnelleren Parts.

Für Hardcore-Progger sind IT BITES zwar wahrscheinlich etwas zu glatt aber alle anderen Fans von KINO sowie melodischer Rockmusik mit der ein oder anderen Progspitze, müssen hier unbedingt mal reinhören.

The Tall Ships


Cover - The Tall Ships Band:

It Bites


Genre: Progressive
Tracks: 12
Länge: 69:39 (CD)
Label: Inside Out
Vertrieb: SPV