Review:

Abducted

(Hypocrisy)

Aus aktuellem Anlass erinnern wir an einen Meilenstein des skandinavischen Death Metal: Nach einigen superben "Gesellenstücken" legten HYPOCRISY 1996 mit "Abducted" ihr Meisterstückchen vor. Gut, "The Fourth Dimension" von 1994 war auch schon so ganz geil, aber zum einen düsterer, nihilistischer, zum anderen noch nicht so perfekt. "Abducted" walzt einfach alles bis dahin da gewesene nieder. Riffs wie Rasiermesser. Schreie, die einem die Fußnägel hochklappen (und bei denen ich mich jedes Mal wieder frage, wie Peter Tägtgren seine Touren übersteht). Und ein Sound wie eine Wand, der mir damals die Schuhe weggepustet hat, seitdem als die Referenzproduktion des Abyss-Studios genannt wird und von der Konkurrenz erst mal erreicht werden musste. Klar gibt’s auch einzelne Rasereien ("Killing Art", "Abducted"), aber der Großteil der Songs wühlt sich in der Durchschnittsgeschwindigkeit "Midtempo" durch die Gehörgänge und entfaltet so deutlich über Blumenpflückgeschwindigkeit jede Facette. Wie zum Beispiel der eingesampelten Funkverkehr bei "Roswell 47" - nicht nur dem absoluten Favoriten bei jeder bisherigen Fanbefragung, sondern mit Sicherheit dem eindrucksvollsten Song, den Tägtgren und Hedlund je geschrieben haben. Leider schien sich der durchschlagende Erfolg von "Abducted" in der Anhängerschaft noch nicht gleich bis ins schwedische Pärlby rumgesprochen haben: Zunächst war Peter Tägtgren derart von seinen Mitstreitern Mikael Hedlund und Lars Szöke gefrustet, dass er ursprünglich nur noch ein weiteres Album aufnehmen und sich dann weitestgehend als Produzent in sein Abyss-Studio zurückziehen wollte. Es folgten "The Last Chapter", endlich die verdiente Anerkennung, eine überwältigende Tour und die Zerstörung von Wacken anno 1998 - der Rest ist Geschichte, das Abyss momentan geschlossen und ich warte auf das kommende HYPOCRISY-Album wie der Junk auf seinen Dealer.

Abducted


Cover - Abducted Band:

Hypocrisy


Genre: Death Metal
Tracks: 13
Länge: 47:13 (CD)
Label: Nuclear Blast
Vertrieb: