Review:

Anatomie Des Scheiterns

(HYEMS)

Acht Releases haben die Pandabären aus dem Großraum Marburg bisher auf dem Buckel und veröffentlichen dieser Tage ihren neunten Release namens „Anatomie Des Scheiterns“ auf Black Sunset/MDD Records. Dieses dürfte den erhofften Sprung aus dem Underground aufs nächst höhere Level bedeuten und die Reichweite von HYEMS deutlich erhöhen.

Der Black Metal wurde hier eindeutig nicht neu erfunden, aber die eigenwillige Interpretation dieses Stils und die deutschsprachigen Texte machen das Album zu einem echten Hinhörer. Hier werden alle Register des Genres gezückt, seien es treibende Drums, zerstörerische Gitarrenläufe oder das zwingende Gekreische von Sänger A.E.J.. Ein besonderes Augenmerk legen HYEMS aber auf eine geschmackvolle und immer düstere Gitarrenwand, welche gerne mit (teilweise zweistimmigen) Lead-Gitarren ausgeschmückt wird. Hier kommt fast eine Art IRON MAIDEN-Feeling auf. Auch der Gesang wird sehr variabel und kunstvoll eingesetzt, und mancher Song bekommt dadurch einen Hymen-Charakter, der z.B. im Song „In Ketten“ den Kopf nicht so schnell verlassen will und wird. Hier wird dem Hörer keine Pause gelassen. Zu variantenreich sind die einzelnen Songs und zu beeindruckend der Wechsel von langsamen Parts zu einem Dauerfeuer an allen Fronten. Abwechslung wird hier ganz groß geschrieben, aber dies nicht auf eine verkrampfte Art und Weise, sondern jedes musikalische Puzzleteil passt hier exakt zu seinem Nebenmann.

Wie es sich für eine Black Metal-Band gehört, haben HYEMS keine besonders gute und romantische Einstellung zu den positiven Dingen des Lebens. Die Texte sind deren Negation. Es geht um den gesellschaftlichen Abgrund, Katastrophen und das politische und wirtschaftliche Versagen der Menschheit. Hier wird den Verursachern ein ganz dicker Mittelfinger gezeigt und textlich eine ganz klare Meinung gefahren. Keine Angst, HYEMS verfallen zu keiner Zeit ins Oberlehrerhafte, sondern kotzen dem Hörer ihre „Fuck-Off-Attitüde“ nur so entgegen, was sie schon auf ihrer Scheibe „1997“ mit dem Song „Nazi Black Metal Fuck Off“ eindrucksvoll bewiesen haben.

Interessant ist auch mal, in den eigenwilligen Songtiteln zu stöbern. „Zerwürfnis im Tal Josaphat“ handelt grob von einem Platz, an dem Gott im Schnellverfahren über Angeklagte geurteilt und nicht auf das Jüngste Gericht gewartet hat. Bis ins 19. Jahrhundert hatte dieses Schnellgericht teilweise bestand und wurde angewendet. Man lernt halt nie aus…

Die Aufnahmen von „Anatomie Des Scheiterns“ wurden in den Siegener Tobe Studios vorgenommen. Der Sound kommt klar und druckvoll aus den Boxen und veredelt somit das schwarze Werk.

Eine Sache haben HYEMS bei mir nicht geschafft. Die schlechte Laune hat sich nicht auf mich übertragen, und ich fühle auch keine bodenlose Wut in mir. Ich freue mich eher, einen selten guten und überzeugenden Black Metal-Output genossen zu haben. In diesem Sinne:  Meddl off - und immer hübsch positiv bleiben!

 

Anatomie Des Scheiterns


Cover - Anatomie Des Scheiterns Band:

HYEMS


Genre: Black Metal
Tracks: 7
Länge: 49:14 (CD)
Label: Black Sunset Records
Vertrieb: Alive