Review:

Abschaum

(HERBSTSCHATTEN)

„Sind Menschen schlecht“ fragen HERBSTSCHATTEN auf ihrem neuen Album „Abschaum“. Die Antwort scheint „ja“ zu lauten – und sowieso ist Black Metal ja nicht gerade dafür bekannt, von der Gutmütigkeit des Homo Sapiens zu künden. Nach dem Abgang von Hendrik (der als Gast aber noch in einigen Parts dabei ist) reduzierten HERBSTSCHATTEN die skandinavischen Einflüsse, dafür wollen die Hamburger jetzt brachialer und progressiver zugleich sein – und selbst orchestrale Instrumente und Synthesizer bleiben nicht außen vor. Die besten Momente aber hat der „Abschaum“, wenn er dreckig und kantig bleibt, weil die Band dabei nicht hohl herum fuhrwerkt, sondern episch agiert: „Der Kutscher“ ist dafür ein sehr gutes und abwechslungsreiches Beispiel. Oder das folgende „Sonnenuntergang“: Wunderschön, wie der Song richtig schön hasenfickerig durch die norddeutsche Kälte galoppelt. Hmm, da gibt es fein auffe Fresse. Aber auch Ausflüge ins eher bombastischere, modernere Metier („Flammen Der Schuld“) überzeugen, weil sich HERBSTSCHATTEN rechtzeitig die Kante geben, also ihrer Musik. Die „Gletscherbestie“ kommt – und das ist entweder ein bisschen lustig oder vielleicht sogar kalkuliert – mit gehöriger IMMORTAL-Attitüde daher. Wem das zu kalt ist, der findet hier und da auch wirklich postige Black Metal-Versatzteile mit ruhigeren Klängen und sauberem Gesang sowie eben auch folkig angelehnten Abschnitten. Das ist nicht immer ganz so stimmig, wie es gut ist, wenn es rummst. Aber dennoch ist die zweite Full-Length nach „Liv Og Død“ (2013) und der 2018er-EP „Bergtempel“ ein sehr ordentlicher „Neubeginn“ mit vielversprechenden Ansätzen – und auch mit deutscher Zunge frei von Fremdschämfaktor. Kein Album für Grottenolme, aber offene Schwarzmetall-Forscher sollten hier mal das Mikroskop rausholen. Menschen mögen schlecht sein – HERBSTSCHATTEN sind es keinesfalls.

 

Abschaum


Cover - Abschaum Band:

HERBSTSCHATTEN


Genre: Black Metal
Tracks: 9
Länge: 51:53 (CD)
Label: Boersma Records
Vertrieb: recordJet