Es hat dreieinhalb Alben gebraucht, bis GREEN CARNATION endlich geschafft haben, ihre Epen von knapp 20 Minuten auf das Wesentliche zusammen zu streichen. Das Warten hat sich schon allein für eine einzige Gänsehaut gelohnt, in "When I Was You" singt Kjetil Nordhus "I was you and you were blind", und wer in dieser Milisekunde nicht in irgendeiner Form gerührt ist, dem fehlen wahrscheinlich entscheidende Frequenzen im Gehör. Dafür darf der Songs dann 7:22 Minuten lang sein, davon ist nichts zuviel. "The Quiet Offspring" ist eine Wonne für Freunde von melancholischem Prog - aber GREEN CARNATION darauf zu reduzieren wäre fahrlässig. Der Titelsong hat Anflüge von Südstaatencharme - zwischen transparenteren Passagen wird erdig gerockt, Kjetil kann auch röhren. "Between The Gentle Small And The Standing Tall" passt die gute alte Moog-Orgel, AMORPHIS würden auf einer gemeinsamen Tour an dieser Stelle dazustoßen können. Mit "A Place For Me" beginnt ein Strauß von Songs, über die Opeth- oder Katatonia-Fans glücklich werden können - allerdings sind die Ex-Blackmetaller von GREEN CARNATION da wesentlich poppiger als die Pendants aus der Death Metal-Szene. Aber das liegt im wesentlichen an der Stimme von Kjetil, der vor entsprechendem Riffbrett auch klingen kann wie eine mildere Version von Warrel Dane von Nevermore und wegen dem DREAM THEATER-Fans, die die Genre-Vorreiter nicht wegen des Mathematischen sonder wegen der Stimme von James LaBrie gut finden, auch "Childs Play" mögen können. Selten, ganz ganz selten schimmert in Tchorts Gitarrenspiel durch, dass er auch ein ganz böser Bub sein kann, er zaubert Solos und rifft und rockt - und die feine Melancholie behält doch die Oberhand. Wer sich dieses Juwel erschließen will, sollte weit hinten anfangen - Track 5 "The Everlasting Moment", das darauf folgende "Purple Door, Pitch Black" und der Oberhit "Pile Of Doubt", der an ANATHEMA zu "Alternative 4"-Zeiten erinnert, sind die eingängigsten Songs.