Review:

No One's Words

(Ephrat)

Bisher hatten Progbands aus Israel eher den Exotenstatus, außer der klasse Scheibe „Mabool“ der Gothic Metaller von ORPHANED LAND (2004) war da nicht so viel. Zuletzt aber gab es mit AMASEFFER ebenfalls eine weitere hoffnungsvolle Combo aus dem Land der tausend Kibbuzfarmen ihren Einstand via Inside Out. Jetzt haben die Progspezialisten erneut ein paar Landsmänner ausgegraben – von EPHRAT mit ihrem Debüt "No One's Words ist hier die Rede.

Benannt ist die Band nach dem Mastermind hinter dieser durchaus recht komplexen Musik, Omer Ephrat. Er ist Gitarrist, Flötist, Keyboarder sowie der alleinige Songschreiber der vierköpfigen Gruppe. Er möchte einen Spagat zwischen Tradition und Zukunft für das Genre schaffen und dabei anspruchsvolle Musik vom Grundgefühl des Rock´n`Roll getragen vermittelt wissen. Schon der zunächst schwerfällige Opener „The Show“ zeigt, dass er seinen Anspruch recht ernst nimmt und es sich nicht allzu leicht dabei macht. Hier gibt es keine wie auch immer gearteten sofort eingehenden Melodien, da muss man schon etwas mehr reinhören um sich in diese Musik hineinzuversetzen bzw. sie zu verstehen.

„Sperrig“ könnte man etwas negativ für Hookverwöhnte sagen, die Progger aber werden jubeln, was beim ersten Anhören schon hängen bleibt, kann ja nicht gut sein. Der erwähnte Track beginnt mit einer Art Dub-Beat und kommt nur sehr langsam in Fahrt, fast schon doomige Passagen wechseln ab mit psychedelisch-folkigen akustischen Parts mit Flöten, Breaks sowie eine sehr betonte Rhythmik und dann immer wieder diese schneidigen Gitarren. Der Sound bietet insgesamt neben viel 70er Jahre Feeling mit Referenzen an alte PINK FLOYD, LED ZEPPELIN (was das Riffing betrifft) oder auch KING CRIMSON. Trotzdem kommt auch die moderne Komponente nicht zu kurz, es stellen sich auch viele entspannte, etwas an Chill Out Musik erinnernde Momente ein. Insbesondere „Haze“ liefert mit seinen verschrobenen Melodiebögen, teilweiser verfremdeter Stimme ein gutes Beispiel hierfür ab. Die melancholisch-verträumten Vocals von Petronella Nettermalm (PAATOS) geben diesem Track erst das gewisse Etwas. Außerdem wird hier ganz nebenbei auch ein großes BJÖRK-Dejavu heraufbeschworen. Zunächst recht düster, experimentell beginnend, dann mit einem atmosphärischen Zwischenteil mit schönen Streicherparts fortfahrend um dann mit sich langsam steigernden Gitarrenläufen bis ins höchste Tempo zu steigern, ist dies einfach ein klasse Song.

Für die sehr transparente Produktion zeigt sich kein Geringerer als STEVE WILSON (PORCUPINE TREE) verantwortlich, der Mann hat einfach ein Händchen für solche Sachen. Weiter geht's mit getragenen beinahe etwas zu langsamen Songstrukturen, manchmal möchte man gedanklich das Gaspedal betätigen. „Better Than Anything“ hat was von STREAM OF PASSION, nur die haftenden Melodien sind nicht ganz so prägnant. Immer mal wieder sind zur Auffrischung des manchmal etwas arg verquerten Soundbildes auch orientale Klangbilder miteingebaut, das hat was und schafft so die Verbindung zwischen typisch europäischen Sounds zu stimmungsvollen Tonfolgen des Nahen Ostens. Die Band nennt dies "mediterranen" sowie "ethnischen" Charakter und dies verschafft der Musik ein sehr spezielles Ambiente.

Bei EPHRAT sind außerdem noch Bassist Gili Rosenberg, Sänger Lior Seker (ebenfalls ein sehr guter Mann) noch Schlagzeuger Tomer Z (u.a. BLACKFIELD) mit von der Partie. Das reine Instrumental „Blocked“ kommt endlich mal etwas straighter zur Sache, da fließt es gegen Ende fast richtig, da röhren die Hammonds, erneut mit klasse Gitarrenarbeit - hier gibt es viel LED ZEPPELIN Retrofeeling. Bei "The Sum Of Damage Done” hat man sich Daniel Gildelöw für den Gesang ins Boot geholt und dies hat sich voll rentiert. Der Macher von PAIN OF SALVATION singt sich hier souverän durch satte zehn Minuten einer Art Prog Blues Hard Rock mit krönendem Finale, die Nummer erinnert etwas an AYREON. Dann folgt der Abschlusshammer "Real", satte 19 Minuten lang toben sich EPHRAT hier nochmal so richtig aus. Sämtliche Konfessionen werden jetzt über Bord geworfen. Es beginnt zunächst BEATLES-artig, dann wird’s heftiger Progmetal, es folgen doppelläufige Leads, ein eher soundtrackartiger Zwischenteil, etwas Frickelstuff und so weiter und so weiter. Hier werden die Progfreaks voll auf ihre Kosten kommen.

Ich denke mal EPHRAT sind tatsächlich eine sehr talentierte Band, die mit „No One’s Words“ ein Ausrufezeichen in Sachen anspruchsvollem Prog gesetzt haben. Beim nächsten Werk werden die Etablierten der Szene sich warm anziehen müssen.

Außerdem bin ich gespannt, was für talentierte Bands aus Isreal demnächst noch so auftauchen werden.

No One's Words


Cover - No One's Words Band:

Ephrat


Genre: Progressive
Tracks: 6
Länge: 59:41 (CD)
Label: Inside Out Music
Vertrieb: SPV