Review:

The Astonishing

(Dream Theater)

DREAM THEATER geben dem geneigten Musikfan mit "The Astonishing" viel Arbeit: mehr als zwei Stunden Material, verteilt auf zwei CDs. Genauer gesagt handelt sich um eine Pogressive Rock-Oper, komplett mit Chor und Orchester - und natürlich einer in sich geschlossenen Storyline. Wie jedes DREAM THEATER-Werk zwingt "The Astonishing" den Hörer zum konzentrierten Hören, da sonst viele Facetten und Spannungsbögen verloren gehen. Ein fast schon preußischer Ansatz an Musik. Musikhören als Arbeit. Ganz so schlimm ist es dann nicht, denn natürlich wissen die 34 Stücke zu unterhalten und sind keine akustische Qual. Dazu trägt die glaskare, sehr differenzierte Produktion einen großen Teil bei, ebenso das auf den Punkt kommende Songwriting - was anderes wäre von dieser Band nicht zu erwarten.

So weit, so gut. DREAM THEATER präsentieren sich auf "The Astonishing" in der erwartet guten Form, die sie immer an den Tag legen. So richtig zünden will das Werk dann aber nicht, denn zu selten wagen sich die New Yorker aus ihrer Komfortzone hinaus. Manches mal wird es arg poppig ("Hymn Of A Thousand Voices"), was die Nerven sehr strapaziert. Natürlich sind die Songs mit viel Pathos ausgestattet und handwerklich auf extrem hohem Niveau, aber es fehlt an vielen Stellen der Überraschungsmoment, das Spritzige, das Unerwartete. DREAM THEATER funktionieren wie ein Uhrwerk. Allerdings will bei einem Uhrwerk auch niemand Überraschungen erleben, von daher ist "The Astonishing" eher an Altfans der Band als an Neueinsteiger in den DREAM THEATER-Sound gerichtet. James LaBrie setzt vielen Songs mit seiner Stimme den Stempel auf, gleichzeitig wird viel zu oft deutlich, wie eindimensional - auf hohem Niveau! - er vorgeht. Damit ist er ein Beispiel für Rest der Band und das Songwriting. Extrem hohes Niveau, routiniert geschrieben und gespielt, aber leider etwas fad.

"The Astonishing" ist eine zwiespältige Platte, denn bei aller Berechenbarkeit machen epische Bombastnummern wie "When Your Time Has Come", "Act Of Faythe" oder "Chosen" Spaß und zeigen Stromgitarrenmusik mit Universitätsabschluss in Reinkultur. DREAM THEATER haben viele Überraschungen in die Songs eingebaut, seien es Folk-Instrumente oder ungewöhnliche (Tango?)-Rhythmen, aber das wirkt alles mehr mit dem Kopf als dem Herz geschrieben. "Lord Nafaryus" sei hier als Beispiel genannt.

Am Ende bleibt ein sehr zwiespältiger Eindruck zurück, auch nach vielen Umdrehungen der CDs im Player. DREAM THEATER sind begnadete Musiker, keine Frage, die sich auch von der Orchester-Chor-Oper-Kombination nicht beeindrucken lassen. Gleichzeitig wirkt das alles kopflastig und routiniert im negativ besetzten Sinne.

Mehr noch als bei anderen DREAM THEATER-Werken - egal ob Konzeptalbum oder reguläre Platte - gilt hier: Zeit nehmen und selber anhören. Ganz sicher ist "The Astonishing" eine Platte, die Liebe oder Langeweile hervorruft, dazwischen gibt es nichts. 

The Astonishing


Cover - The Astonishing Band:

Dream Theater


Genre: Progressive
Tracks: 34
Länge: 130:24 (2-CD)
Label: Roadrunner Records
Vertrieb: Warner