Review:

Mindweaver

(COURSE OF FATE)

TIPP

Jetzt wird es albern und vermessen. Die Norweger COURSE OF FATE wollen sich mit Bands wie QUEENSRYCHE ("Operation Mindcrime"), PINK FLOYD ("The Wall"), DREAM THEATER ("Scenes From A Memory") sowohl textlich als auch musikalisch messen und denken tatsächlich, dass nicht jeder Progressive-Fan mit ein wenig Ehre spätestens bei dieser Aussage verächtlich mit den Schultern zuckt und seines Weges geht.

Mit solchen Aussagen wird man konfrontiert, wenn man die Reise durch „Mindweaver“ startet und mit wenig bis gar keinen Erwartungen in die eigene Welt von COURSE OF FATE eintaucht und dann am Ende der Reise ein völlig verschobenes musikalisches Weltbild hat.

Wie genial ist bitte diese Scheibe? Wo kommen die her? Wo wollen die hin? Was soll das alles, und habe ich das nur geträumt?

Aber fangen wir erst mal ganz nüchtern bei den Basics an, die aufhorchen lassen und auf eine außergewöhnliche Laufbahn und eine perfekt geplante Inszenierung hindeuten. Die Songs aus dem Konzeptalbum haben schon einige Jahre auf dem Buckel und stammen genauer gesagt aus dem Jahr 2014. Nach einigen Testaufnahmen in diversen Studios kam man zu der Erkenntnis, dass die Aufnahmen von Gitarre, Bass und Keyboards doch besser im heimischen Studio verwirklicht werden sollten. Man wollte 100% Perfektion erreichen, und mit der gewaltigen Stimme von Gastsängerin Jeanette Heidenstrøm sollte ein weiterer Baustein die Musik von COURSE OF FATE eindrucksvoll bereichern. In den Nobel Street Studios wurde von Arnold Lindberg der letzte Feinschliff vorgenommen, und so wurde „Mindweaver“ mit einem klaren, druckvollen und jederzeit transparenten Sound belohnt. Auch das Coverartwork, welches das Wort „Art“ ganz zurecht in seinem Namen hat, besticht durch die Detailverliebtheit der Band. Hier wurde wirklich alles in Bewegung gesetzt um ein echtes Kunstwerk zu erschaffen.

Da COURSE OF FATE einen großen Schwerpunkt auch auf die textlichen Inhalte gelegt haben, kommen wir kurz noch zu diesem Part von „Mindweaver“. Ein Bewohner des Universums sieht in seinen Visionen das Ende der Welt, welche den Einsturz vom Himmel, Seuchen und eine große Flutwelle beinhalten. Verzweifelt versucht der Mann, Anhänger in der Bevölkerung zu finden, die seine Theorie unterstützen und die Welt vor dem Abgrund retten sollen. Er entdeckt sein Talent, Menschen mit seinen Worten zu überzeugen und zu manipulieren und entfremdet sich aber immer mehr von seiner eigenen Familie, die er schließlich verliert. Er sucht nach Erlösung und ist sich nicht mehr sicher, ob seine Visionen nicht doch nur Träume und Halluzinationen gewesen sind. Auch eine persönliche Geisteskrankheit schließt er fortan nicht mehr aus. Das Ende der Geschichte und das Schicksal der Welt und des Mannes bleibt offen und schreit schon jetzt nach einer Fortsetzung.

Kommen wir jetzt endlich mal zu der Musik. Nach dem Intro „There Is Something Watching“, in dem wir zum ersten Mal mit der fantastischen Stimme von Eivind Gunnesen Bekanntschaft schließen dürfen, kommen wir gleich zum ersten Kracher. „The Faceless Men Part I“. Die Seuche wird eingeschleppt und grandios in DREAM THEATER-Manier vertont und dargeboten. Wie auf der ganzen Scheibe herrscht ein hohes technisches Niveau, welches aber nichts an dem Wiedererkennungswert der Songs ändert. Ein sehr starkes Stück, welches gleich von „Endgame“ mit zwingenden Keyboards und einem ruhigen Gesangspart eingeläutet wird. Man fühlt sich ein wenig an „Into The Electric Castle“ von AYREON erinnert, und dies ist wahrlich ein königlicher Vergleich, der einem Ritterschlag sehr nahe kommt. „Utopia“ ist der Teil der Geschichte, bei der die Anhängerschaft überzeugt werden soll, und nicht nur die Anhängerschaft soll überzeugt werden, sondern auch der Hörer. Eivind begeistert durch seine überzeugenden QUEENSRYCHE-meets-FATES WARNING-Vocals, die von ruhigen Klängen begleitet werden um dann musikalisch komplett ins QUEESNRYCHE-Universum abzugleiten. Tolle Gitarrenmelodien runden das Musikstück perfekt ab. Das ist Musik ganz nahe an der Perfektion. “The Walls Are In“ ist ein gefühlvoller Anspieler für „Wolves“. Hier geht es um die Unsicherheit, ob alles nicht doch eine Halluzination gewesen ist. Hier passiert unglaublich viel, und alle Register eines Progsongs, der etwas auf sich hält, werden mit einer Leichtigkeit ausgespielt, dass es eine wahre Freude ist. Besonders die Six-String-Front kann hier mit ihrem musikalischen Können beeindrucken. Der Mann bedauert sein Schaffen, und dies wird in „Drifting Away“ bemerkenswert vertont. Erinnert tatsächlich an PINK FLOYD in langsamen und getragenen Stücken und lässt einen verzaubert zurück. Man fängt fast an, den Mann zu bedauern. So kann Musik berühren. Großartig! Als Endstück von „Mindweaver“ steuert man geradlinig in QUEENSRYCHE-Gewässern und hält deren Niveau zu jeder Zeit. Ein sowohl musikalisch als auch gesangliches Meisterwerk, in dem AYREON-Keyboardparts einen hohen Stellenwert haben, die die eine oder andere Gänsehaut hinterlassen.

Wenn man bis hierhin gelesen hat, dürfte klar sein, da ich von der Finesse, der Professionalität und besonders der Genialität der Band nicht nur komplett überzeugt bin, sondern tatsächlich mit Haut und Haaren in die Platte eingetaucht bin. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie man dieses Prog-Feuerwerk noch toppen könnte, und dabei sprechen wir hier von einem Debutalbum. Dies kann man wirklich nicht alle Tage sagen. Ok, „Operation Mindcrime“ bleibt trotzdem noch auf seinem Thron sitzen und wird dort wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit über die Prog-Szene wachen, aber „Mindweaver“ hat sich einen nur minimal kleineren Thron verdient, und COURSE OF FATE greifen mit diesem Meisterwerk tatsächlich nach den Sternen. Wahnsinnig gut und somit alle Daumen in den Himmel!

 

Mindweaver


Cover - Mindweaver Band:

COURSE OF FATE


Genre: Progressive
Tracks: 8
Länge: 44:25 (CD)
Label: Rock Of Angels Records
Vertrieb: Soulfood