Review:

Age Of Hell

(Chimaira)

Darf ich auch einen halben Tipp geben? Mit "Age Of Hell" haben CHIMAIRA nämlich ihr variabelstes Album seit acht Jahren fabriziert. CHIMAIRA hören sich anno 2011 viel eher nach einer Synthese aus den frühen Tagen von STRAPPING YOUNG LAD und FEAR FACTORY gemischt mit der Rotzigkeit skandinavischer Deathrock-Kapellen als nach PANTERA an.

Das hat mehrere Gründe: Zum einen ringt Mark Hunter seiner Stimme den größtmöglichen Umfang ab. Die klingt also immer noch wie ein sehr großer und sehr böser Hund, aber präziser und voluminöser. Zudem experimentiert die Band mit einer zweiten Singstimme und zahlreichen Vokaleffekten darauf. Unklar bleibt aber, wer dieser zweite Sänger ist. Hat Matt außerdem seine Fähigkeit zu cleanen Vocals entdeckt? Ich konnte es kaum glauben - aber Mark Hunter muss tatsächlich singen gelernt haben, und das beweist er bei "Beyond The Grave". Wer soll es auch sonst gewesen sein? Matt Hunter und der CHIMAIRA-Leadgitarrist Rob Arnold waren nämlich mit dem Produzenten Ben Schiegel allein im Studio und haben bis auf einige Gastauftritte alles, also zwei Gitarren, Bass, Keyboards und Effekte allein eingespielt. Und dabei konnten sie sich endlich mal so richtig austoben: Es gibt Gitarrensoli, Duette zwischen der cleanen und der Reibeisen-Stimme, rasende Gitarren, die sich vom Keyboard-Sampler die Melodie abholen um sie anschließend in einer Raserei mit dem Schlagzeug wieder zu verlieren. Es gibt so sehr auf Maul, dass sich CHIMAIRA immer noch dazu eignen, einen Nachbarschaftsstreit mit der aufgedrehten Stereoanlage zu gewinnen. Es gibt in jedem Song andere Strukturen zu entdecken.

Was es nicht gibt, ist ein Hit. Und darum bekommt dieses Album keinen Tipp. Dabei - und das ist dann der halbe Tipp - wird es so ein Album wohl von dieser Band nicht wieder geben: Rob Arnold und der zweite langjährige Rhythmus-Gitarrist Matt DeVries werden die Band zum Ende des Jahres verlassen, an Bass, Sampler und Schlagzeug hat die Band schon rund um Aufnahme und Release des Albums durchgetauscht.

Auf der Sommer- und Herbsttour in den USA soll das halb-neue Line-up zuverlässig für Moshpits gesorgt haben. Es wird abzuwarten sein, wie das dann runderneuerte Line-Up mit zwei völlig neuen Gitarristen diese Songs live umsetzen wird. Für "Age Of Hell" werden wir vorher noch mal mit einem Feuerwerk aus Bleebs und Blubs verwöhnt, wir hören Gitarrenspuren, die bis auf den einzelnen Anschlag synchron ineinander laufen (Kunststück, wenn sie von demselben Gitarristen gespielt werden). Irgendwie schade um dieses Line-up! Anspieltipps: "Clockwork" und "Year Of The Snake" für FF/SYL-Liebhaber, "Age Of Hell" für Thrasher.

Age Of Hell


Cover - Age Of Hell Band:

Chimaira


Genre: Metal
Tracks: 12
Länge: 50:21 (CD)
Label: Long Branch Records
Vertrieb: SPV