Review:

Rockpalast – Tote Brücke Euskirchen (15.06.2001)

(BAP)

Keine andere Band wurde in den vergangenen 25 Jahren so häufig für die TV-Konzertreihe „Rockpalast“ der ARD aufgenommen wie die Kölsch-Rocker von BAP. Alle sieben Auftritte sind jetzt mehr oder weniger chronologisch als DVD-Veröffentlichungen zu haben. Nachdem im letzten Jahr die ersten drei Scheiben mit Konzerten aus den Jahren 1982, 1986 und 1996 veröffentlicht wurden, stehen nun die finalen vier DVD's aus der Rockpalast-Reihe in den Regalen. Die Silberlinge bieten soliden 5.1 Dolby Surround Sound, stellenweise Original-Interviews sowie interessante aber etwas zu knappe Booklets, die Liner Notes stammen von Mr. Rockpalast Peter Rüchel und ansonsten sind (leider) auch keinerlei großartige Extras enthalten.

Aber dafür gibt es Musik satt (was die Spielzeit betrifft) und einfach Kölsch Rock pur. Die urwüchsige Kraft der früheren Konzerte in der Originalbesetzung können diese späteren Gigs, wie auch diese Aufnahme, natürlich allein schon alterstechnsich nicht mehr ganz halten. Es gibt aber gediegenen Altherrenrock (und ich meine dies keinesfalls nicht negativ oder gar despektierlich) in bester Livequalität nur von dem Enthusiasmus der Anfangsjahre ist (auch beim teilweise sehr reservierten Publikum) nur noch recht wenig zu spüren. Die Band zeigt sich als kompakte Einheit, hier sind Profimusiker am Werk, denen aber mitunter zumindest teilweise etwas die äußere Begeisterung fehlt.

Am 15. Juni 2001 traf man sich also passend zum damals gerade erschienen neuen Album „Aff un zo“ bei einer toten toten Autobahnbrücke in der Nähe von Euskirchen mitten in der Pampas bei leicht nasskalter Witterung. Dieses Autobahn-Bauprojekt bei der A1 wurde nie fertiggebaut ud bietet schon eine ungwöhnliche Location auch mit etwas Symbolcharakter. Knapp drei Stunden stehen die Herren dabei auf der Bühne, neben einigen diesmal aber recht wenigen Klassikern gibt es den damaligen Sommerhit „Aff un zo“ sowie das dazugehörige Werk beinahe komplett zu hören.

Nach für meinem Geschmack etwas zu handzahmen Beginn, geht es erst mit dem flotten „Eddie’s Radio Show“ mal so richtig gut ab. Schöne Hammonds, klasse Gitarrendrive und ein sehr prägnanter Backingsound mit klasse Saxophoneinlage prägen diesen Song. BAP spielen noch in der gleichen Besetzung wie bei der Musical Dome DVD (1999) aber dies sollte sich relativ bald ändern. Hier kann man auch nochmal die klasse Sängerin sowie Percussionistin SHERYL HACKETT geniesen, die danach lieber Solo weiter machte, um dann völlig unerwartet 2005 nach schwerer Krankheit zu sterben. Auch Multiinstrumentalist JENS STREIFLING verlies die Band etwas überraschend nach dieser Tour, um sich bei den "Partyspezialisten" der HÖHNER zu verdingen. Dies haben viele Fans einschließlich Ober-Anti-Karnevalsmuffel Wolfgang NIEDECKEN bis heute nicht verstanden aber „Money Makes The World Go Around“ und so sagt er dann halt lieber Tschüss.

Der Ging beginnt noch bei relativ hellem Tageslicht und endet tief in der Nacht, es wird songlich aber mit zunehmender Dauer ebenfalls atmsopherisch besser sowie intensiver, was natürlich auch an den eher bekanteren Sachen liegen kann, die dann verstärkt nach den ersten 50 Minuten gespielt werden. Einer der Highlights ist ganz klar das tolle Duett NIEDECKEN's mit SHERYL HACKETT bei dem der Bob-Dylan-Song „My Back Pages“ auf Kölsch „Vill Passiert Sickher“ absolut klasse gerockt wird. Die soulige Stimme der Lady (die auf English singt) geht absolut unter die Haut. Während dieses 6. Rockpalastauftritts war Kultregiseur WIM WENDERS auch gerade dabei, seinen BAP-Film „Viel passiert“ zu drehen.

Ansonsten bieten BAP einen soliden Auftritt, aber mit einigen Längen vor allem in der ersten Stunde, da werden etwas zuviel mittelschnelle und langsamere Songs gespielt, es fehlt es mitunter etwas an Drive und der Funke, der nicht so recht auf die Fans überspringen will. Und dies liegt nicht an den Ansagen und Erklärungen von Bandleader „Wolfjang“, der sich für seine Verhältnisse sogar relativ zurückhält.

Die oft relaxten neuen Songs haben coole Grooves wie etwa „Shoeshine“, teilweise sogar tolle Hooks „Wat‘e Johr!“ und eine typischen Ballade von Niedecken wie das stimmungsvolle „Istanbul“ bietet gegen später Gänsehaut pur. Die anderen sechs Bandmitglieder haben wie immer auch genügend Freiraum für ihre Instrumente, und nutzen dies auch gut, um sich zu präsentieren. So kommen neben Saxophon, Akkordeon, Trompete auch noch die altehrwürdige Mundharmonika desöfteren zum Einsatz. BAP klingen wieder etwas erdiger, die Songs präsentieren sich frisch aus einem Guß.

Auch Gitarrist Helmut Krumminga liefert einen überzeugenden Job ab, bei „Irjenden Rock ´n‘ Roll-Band“ haben sogar AC/DC mit einem typischen Riff Pate gestanden. Insgesamt gibt es relativ wenige der ganz alten Kracher aus den Anfangstagen zu hören (kein Song aus "Vun Drinne noh Drusse") aber die neuen BAP haben sich halt mittlerweile eine andere songidentität mit neuem Selbstverständnis erspielt, dies macht sich auch in der Setlist bemerkbar, muß man wohl so akzeptieren. Die Tracklist dieses Konzerts „Tote Brücke“ ist zwar nicht wirtklich schlecht aber die anderen DVD’s gefallen mir von der Mischung her deutlich besser.



Tracklist:

01. Rockpalast-Vorspann/Ansage

02. Rock'n'Roll Star

03. Wat'e Johr!

04. Aff un zo

05. Eddie's Radio-Show

06. Shoeshine

07. Mau-Mau

08. Vill passiert sickher

09. Die Moritat vun Jan un Griet

10. Kilometerweit entfernt

11. Souvenirs

12. Chippendale Desch

13. Nix wie bessher

14. Noh zahle mohle

15. Suwiesu

16. Hück ess sing Band en der Stadt

17. Irjenden Rock'n'Roll Band

18. Dir allein

19. Istanbul

20. Diss Naach ess alles drinn

21. Verdamp lang her

22. Arsch juh, Zäng ussenander

23. Für 'ne Moment

24. Maat et joot

25. Leopardenfellhoot

26. Waschsalon

27. Hey Hey, My My ...

28. Wat schriev mer en su enem Fall


Rockpalast – Tote Brücke Euskirchen (15.06.2001)


Cover - Rockpalast – Tote Brücke Euskirchen (15.06.2001) Band:

BAP


Genre: Alternative
Tracks: 28
Länge: 185:0 (DVD)
Label: EMI Music
Vertrieb: EMI Music