Review:

Into The Electric Castle – A Space Opera

(AYREON)

Als im Jahr 1998 die Ankündigung die Runde machte, dass der ehemalige Vengeance/Bodine-Gitarrist Arjen Anthony Lucassen mit seinem neuen Projekt AYREON ein spaciges Konzeptalbum im Stile der Siebziger veröffentliche würde, erntete er dafür erst mal nur ein mildes Lächeln. Das Lächeln blieb aber allen nach dem ersten anhören von AYREON’s „Into The Electric Castle“ im Halse stecken. Denn was auf dieser Doppel-CD geboten wird ist vom Allerfeinsten und erhob Lucassen in den Prog-Olymp. Unterstützt von einer ganzen Reihe erstklassiger Musiker bietet „Into The Electric Castle“ eine einzigartige Mixtur aus progressiven Elemente, Hardrock und Metal; welche überaus gekonnt verwoben wird mit spacigen Klängen, Akustikparts und siebziger Artrock bis hin zu psychedelischem Jazz und Blues-Versatzstücken. Die Geschichte welche in dieser Rock-Oper erzählt wird, handelt von acht Menschen aus unterschiedlichen Erdepochen welche in einer futuristischen, dunklen Traumwelt gefangen sind und deren Seelen von einer nichtirdischen Intelligenz ausgeforscht werden. Dabei ist der Schlüssel zur Heimkehr das Electric Castle. Um es zu erreichen erleben die Acht eine Fahrt durch ihre Gefühls- und Erfahrungswelt mit vielen Hoch und Tiefs, welche auch nicht alle überstehen. Dabei kommt man schon beim Auflisten der singenden Protagonisten ins Schwärmen, als da wären: Anneke van Giesbergen (The Gathering, als Ägypterin), Fish (ex-Marillion, als Highlander), Sharon den Adel (Within Temptation als Indianerin), Edwin Balogh (Omega, Tamas, als Römer), Jay van Feggelen (Bodine, als Barbar), Edward Reekers (Kayak, als Futureman), Damian Wilson (ex-Threshold, Star One, als Ritter) und natürlich Lucassen selbst (als Hippie). Und auch an den Instrumentalfront gibt es nichts zu meckern. Multiinstrumentalist Arjen spielte das meiste zwar selbst ein (von Gitarre über Bass bis Keyboard), holte sich aber doch hochkarätige Unterstützung in Form von Drummer Ed Warby (Gorefest), Clive Nolan (Arena, Pendragon), Roland Baker (Vengeance) und Pianist Robby Valentine. Das besondere: trotz dieses zusammengewürfelten Haufens hat es A. A. Lucassen fertiggebracht, das Ganze wie eine schon immer vorhandene und nicht anders vorstellbaren Einheit klingen zu lassen. Und er investierte immerhin knapp 18 Monate in die Produktion – das 105 Minuten lange Ergebnis kann sich wahrlich hören lassen. Alle 17 Songs sind Melodieperlen mit Ohrwurmqualität – egal ob die 2 ½-minütige Edelballade „Valley Of The Queens“ (mit Engelsstimme Anneke) oder das geniale 11-minütige „Amazing Flight“. Dabei ist „Amazing Flight“ mit seinem Jethro Tull-Schluss so ein Track der süchtig macht – man möchte dauernd auf Repeat gehen. Hier sitzt jeder Riff, jede Melodie, jede noch so feine Synthi-Spielerei – und trotz aller Komplexität bleibt immer der Song vorne. Auch das mit einer gehörigen Portion Härte ausgestattete und mit wunderbaren Chören versehene „Across The Rainbow Bridge“ und das majestätische „The Castle Hall“ sind Kompositionen der Extraklasse auf welche diese Trademarks zutreffen. Meine persönlichen Faves sind das rhythmische und rockende„Tower Of Hope“ und das direkt folgende, wuchtige „Cosmic Fusion” (wunderbar spaciger Beginn, ein Mittelpart zum Niederknien und zum Schluss eine Killerinstrumental). Aber bei AYREON wird wohl jeder selbst seine „Songs“ finden müssen – man kann gar nicht alle Highlights aufzählen. Selbst die manchen Tracks vorangestellten, zur Handlung gehörenden Sprechpassagen fügen sich nahtlos in die Gesamtheit der SPACE OPERA ein. Vergleiche mit anderen Alben verbieten sich von selbst, denn der Sound von AYREON ist auf Grund seiner Vielfältigkeit sowie der Qualität und Anzahl der Gastmusiker mit keiner anderen Scheibe zu messen. Ausnahmslos jeder der sich nur im entferntesten mit Rockmusik und Metal beschäftigt sollte dieses Teil kennen oder noch besser, er sollte es öfters mal im CD-Player rotieren lassen – denn diese Scheibe wird auch beim x-ten Durchlauf nicht langweilig. „Into The Electric Castle“ ist ein Meilestein in Sachen Konzeptalben und mit einem Einfallsreichtum und Tiefgang versehen, wie ich es seit dem QUEENRΫCHE Klassiker „Operation Mindcrime“ nicht mehr gehört hatte. Dieses Mega-Teil ist einfach nur Pflicht.

Into The Electric Castle – A Space Opera


Cover - Into The Electric Castle – A Space Opera Band:

AYREON


Genre: Progressive
Tracks: 17
Länge: 104:37 ()
Label: Transmission Records
Vertrieb: Transmission Records