Die Quelle an skandinavischen Bands scheint wahrlich unerschöpflich und trotzdem bieten sie mehr Klasse als Masse. So auch die Norweger AVKRVST, die vor zwei Jahren mit dem sehr guten Album "The Approbation" debütierten. Damit konnte das Quintett gleich ein dickes Ausrufezeichen setzen, wenn man sich auch ständigen Vergleichen zu OPETH ausgesetzt sah - meist im Guten, mal aber auch im weniger Guten. Daher natürlich die spannende Frage: schaffen es AVKRVST sich mit dem neuen Longplayer "Waving at the Sky" stilistisch freizuschwimmen? Die Antwort ist ein klares Jein. Parallelen zu OPETH sind nicht zu leugnen, allerdings gibt es wahrlich schlechtere Referenzen. Zu diesen gehören im Übrigen mindestens im gleichen Maße die Polen RIVERSIDE und etwas weniger ausgeprägt (in den eher ruhigen Passagen) die Landsleute von THE FLOWER KINGS. In Sachen Songwriting haben AVKRVST einen großen Sprung nach vorne gemacht. Die Lieder sind atmosphärisch dicht, gleichzeitig aber zupackender und grenzen sich deutlicher voneinander ab, als es beim eher im Ganzen fließende Debut der Fall war. Als Paradebeispiel dafür kann das fantastische "The Malevolent" dienen, bei dem die Band Unterstützung durch Ross Jennings von HAKEN erhält. Ein flottes Stück mit tollen Gesangslinien und Ohrwurmcharakter - etwas das OPETH mit ihrem letzten Album nicht zustande gebracht haben. In eine ähnliche Kerbe haut "The Trauma", das die Scheibe nach dem längeren Intro "Preceding" eröffnet. Die Band hat hörbar nicht nur am Songwriting gefeilt, sondern ihre musikalischen Fähigkeiten gesteigert und insbesondere auf feine Arrangements größeres Augenmerk gelegt. Das kommt dem Album natürlich immens zugute. Egal welchen Track man heraus nimmt, ob das eher sphärische "Families are Forever" oder den abschließenden, zwölfminütigen Titeltrack, AVKRVST erfreuen das Herz des Hörers mit immenser Spielfreude und großem musikalischem Einfallsreichtum.
Textlich handelt es sich hier um ein Konzeptalbum. Die verstörende Geschichte basiert auf erschütternden Ereignissen, die sich im ländlichen Norwegen ereigneten, als die Bandmitglieder Simon Bergseth und Martin Utby noch Kinder waren: Die sieben Tracks sind inspiriert von einer grausamen Familientragödie über Missbrauch, die so dunkel ist, wie sie nur sein kann. Abgerundet wird das Album durch ein stimmungsvolles, düsteres Cover.
AVKRVST haben sich seit ihrem Debut deutlich gesteigert und werden sich mit "Waving at the Sky" als feste Größe in der Prog-Szene etablieren - alles andere wäre eine grobe Nachlässigkeit des Schicksals. Dieses Album ist so gut, dass es sich mit Sicherheit in vielen Bestenlisten des Jahres 2025 wiederfinden wird und stellt ein Muss für jeden Freund der anspruchsvollen Rockmusik dar.
Waving at the Sky

AVKRVST
Genre: Progressive
Tracks: 7
Länge: 45:18 (Digital)
Label: InsideOut Music
Vertrieb: Sony Music