Review:

Gravitas

(ASIA)

Nach den letzten beiden wirklich gut bis sehr guten Alben steht jetzt mit „Gravitas“ bereits Longplayer Nummero vier seit dem Comeback der ASIA in Originalbesetzung mit John Wetton, Geoff Downes, Steve Howe und Carl Palmer in den Regalen.

An der Besetzung hat sich nun erneut etwas geändert, denn Gitarrenmeister Howe hatte 2012 mal wieder keine Lust mehr und widmet sich stattdessen stärker seiner anderen Leidenschaft den Progies von YES.

Da sein „Einfluss“ auf die Musik zuletzt schon eher etwas reduziert war, macht sich sein Fehlen auf der Gitarrenseite und beim Songwriting für mein Empfinden nicht so großartig bemerkbar. Stattdessen darf jetzt der, im Vergleich zu anderen 60-jährigen in der Band, noch recht junge Sam Coulson (26/UK) die Gitarre bei den Rockdinosauriern bedienen. Bereits vorab kann festgestellt, er macht dies solide, dass ein oder andere klasse Solo (leider meist erst gegen Ende) zeigt sein Potential.

Der Sound war ja schon fast von jeher durch die Tastenwände von Geoffrey Downes geprägt, diesmal hätte man sich aber schon etwas mehr Saitenanteile gewünscht als diese Alibiparts. Auch deswegen, da die Refrains nicht wie sonst, so wirlich vom Hocker reißen. Die Bridges hin zu den Hooklines sind meist noch ganz gut aber dann kommt vielfach eine eher zähe oder mit zu vielen Stimmen zugekleisterte Refrainzeile wie bei dem ansonsten überzeugenden episch-progressiven „Gravitas“.

Ansonsten ergeht es mir mit dem neuen Material fast wie damals bei dem etwas halbgaren ersten Comebackwerk „Phoenix“ (2008). Die neue Platte ist mir schlicht und ergreifend viel zu soft, vielfach relativ lahm und mit zu wenigen herausragenden Songs ausgestattet. Sorry Jungs, dass ich so was mal über eine meiner Lieblingsbands schreiben muß, war nach den beiden überzeugenden Vorgängern nicht zu erwarten, ist aber leider die Warheit.

Klar, dass ASIA an eine Hymne wie der Kulthit „Heat Of the Moment“ auch auf „Gravitas“ nur schwer würden anknüpfen können aber etwas mehr in diese Richtung hätte man schon erwarten können. Vor allem fehlt es an Songs mit Drive, zuletzt war in dieser Richtung schon viel mehr zu finden. Bereits die erste Single vorab „Valkyrie“, auch noch mit einem sehr langweiligen Strandvideo aus Kalifornien versehen, ist einfach nur harmlos. Zwar mit zuckersüßem Refrain aber ohne jeden Biss. Der Song ist zwar besser wie das Filmchen aber es ist einfach zu poppig, trotz blitzsauberer Produktion (gilt für das gesamte Album) aber es fehlt völlig der Pfiff. Der Refrain ist noch ordentlich, das Schlimme ist aber - es gibt nur noch zwei bessere Hooklines auf der Scheibe zu finden. Alles klingt noch mainstreamiger als sonst und relativ behäbig, irgendwie auch kraftlos. Überzeugende schnellere Sachen mit etwas rockiger Kante sind eher rar gesäht. Tracks wie der Rausschmeiser „Till we meet again“ oder das mit wunderbar mit sakral-bombastischen Beginn und endlich mal ausreichend Gitarrenbegleitung startende „Heaven help me now“ (die Keys bieten dabei ein gewisses SUPERTRAMP-Dejavü ) bilden die positiven Ausnahmen.

Ich hatte mir außerdem erhofft, dass Sänger john Wetton nach seinem starken Gastauftritt beim letzten AYREON-Werk auch für sein eigenes Songwriting neu Impuilse mitgenommen hätte, denn da zeigte er viel mehr Substanz, als nur harmlose Liebesliedchen zu singen wie hier. Leider war's damit nix, dafür gibt bieder-harmlose Sachen wie „I would die for you“ oder auch „Russion Doll's“, der sehr schwache Refrain gibt dem Song den Rest. „The closer I get to you“ geht als Powerballade schon noch positiv durch und ist insgesamt solide ASIA-Kost - ganz grausig dagegen „Nyctophobia" ein kompletter Totalausfall. Für mich ist die Platte insgesamt gerade noch so AOR-Durchschnitt, die Herren Downes und Wetton kochen leider viel zu sehr im eigenen bekannten Saft ohne jede Innovation und gehen größtenteils unter in belanglosen Pop-Rockbombast. Bin gespannt, ob die Herren nochmal die Kurve kriegen.

Gravitas


Cover - Gravitas Band:

ASIA


Genre: Rock
Tracks: 9
Länge: 48:15 (CD)
Label: Frontiers Records
Vertrieb: Soulfood Music