Review:

A Tower Of Silence

(Anubis (AUS))

Eine australische Progband namens ANUBIS präsentiert uns hier mit "A Tower Of Silence" ein neues Album. Mir waren diese sechs Herren zwar bisher gänzlich unbekannt aber vor zwei Jahren konnte das Debüt "230503" in zahlreichen Kritiken teilweise überragende Reviews absahnen und wurde gar mancherorts als Hoffnungsträger der Szene bezeichnet. Nun um es mit dem Fußball-Kaiser zu sagen, schaun mer mal was hier Sache ist und ja für die reine Optik des Artworks können ANUBIS auf jeden Fall schon eine Höchstnote vorab verbuchen.

Inhaltlich hat man sich ein Konzeptalbum ausgedacht wobei kurz gesagt, die Geschichte eines kleinen Mädchens erzählt wird, das nach einem kurzen sowie traurigen Leben im Alter von elf Jahren in einem Armenhaus stirbt wobei dort auch ihre Seele quasi gefangen wird. Ein Jahrhundert später erscheint deren Geist ein paar Jugendlichen während einer Séance und berichtet so von ihrem trostlosen Leben, an dessen Ende nicht einmal der Tod für echte Erlösung sorgen konnte.

Ja, der Stoff hört sich jetzt so depressiver an, als die Musik letztendlich rüber kommt, und klar es gibt schon viele düster-melodramatische Momente aber trotzdem kommt der ungemein weitläufige Sound mit opulenten Stimmungsbögen nicht zu verkrampft kopflastig daher. Als „Cinematic Progressive Rock” bezeichnen ANUBIS selbst ihren Stil, für mich ist es aber schlicht „nur“ mehr oder weniger typischer Neoprog mit ein wenig Art Rock vermengt, inhaltlich zwar nichts wirklich Neues aber auch nicht zu staubig oder gar antiquiert.
Nicht nur der gefühlsbetonte Gesang von Fronter Robert James Moulding erinnert mich an alte IQ-Sachen, alle anderen Mitglieder sind ebenfalls am Mikro vertreten, was für ein zusätzlich variables Klangbild mit schönen mehrstimmigen Harmonien sorgt. Bereits der viergeteilte Opener „The Passing Bell (Part I-VI)" zeigt auf knapp 18 Minuten wohin die Reise geht, abwechslungsreiche opulent ausgestattete Arrangements mit gefühlvollen Übergängen mal heftiger dann wieder gedämpft perfekt eingebettet in wohlige Soundgebirge. Die Gitarren sind hier noch recht führend gegen Schluß elegisch solierend. Wobei viele prägende Parts durch massiv (wabernde) Keyboardflächen wahlweise aber mit Piano-, Spinett- und teilweise wohligen Hammondklängen flankiert sind. Die Tatsache, dass hier drei Gitarristen (ohne den Bass) am Werke sind, geht im Gesamtklang manchmal etwas unter, da sind soundtrackartige Flächen durchaus etwas dominant. Dafür lockern aber schöne Flöten- und Saxophoneinlagen des Gastmusikers Martyn Cook (ex-IQ) in so manchen Song („The Holy Innocent“ mit einem Wahnsinnssolo) die Musik wohltuend auf. Nicht nur deswegen kommen einem Erinnerungen auch an PINK FLOYD in den Sinn, insbesondere die vielen elegischen Gitarrensoloparts dürften hier als Vorbild gedient haben, wobei aber durchaus (zwar weniger stark als Waters & Co.) PORCUPINE TREE als neuere Vertreter des Art Rocks mitunter ebenfalls als Soundpaten taugen könnten.

Die Herren wissen einfach wie man schöne Harmonien und griffige Melodien mit einer guten Portion epischer Breite verbindet, sie tun dies war nicht so überoriginell aber mit viel Können und hörbarem Herzblut. ANUBIS daher als bloße Kopie der ARENA’s, PENDRAGON’s & Co. abzutun wäre ziemlich ungerecht, denn dafür ist die Musik der Aussies dann doch zu individuell und facettenreich. Auch wenn man von echten Progfans den „Alles schon mal gehört“-Faktor hier wohl schon zu hören bekommen könnte. Sei’s drum die berühmte Weiterentwicklung mit noch mehr eigenem Charakter kann man sich ja für Album Nummer drei vornehmen.

Bis dahin bleibt von "A Tower Of Silence" das Fazit eines größtenteils gelungenen Werkes welches mit viel Atmosphäre und großen Spannungsbögen aufwartet. Lediglich in der Mitte der Scheibe mit u.a. dem Titelsong oder „Weeping Willow“ geht es mir etwas zu bedächtig-schwülstig zu und erinnert mich etwas an zu zahnlose JON ANDERSON Soloalben). Keinesfalls wird hier aber Prog von der Stange oder nur Aufgewärmtes geboten auch wenn die Originale stets präsent wirken.

A Tower Of Silence


Cover - A Tower Of Silence Band:

Anubis (AUS)


Genre: Progressive
Tracks: 8
Länge: 72:14 (CD)
Label: Bird’s Robe Records
Vertrieb: Just For Kicks